Verbannt
mit.“
„Aber auf was für einer Fahrt!“ Wir lächelten einander an wie vergnügte Kinder. Ich hakte mich wieder bei ihm unter, und wir drangen weiter in das Herz des Waldes vor.
Bald schon bog der Weg scharf rechts um eine Kurve, stieg dahinter steil an und wurde schmaler. Als ich mich umschaute, merkte ich, dass ich diese Gegend wiedererkannte. Die Lichtung konnte nicht mehr weit sein. Ich ließ Clint auf der Steigung vorgehen. Als er sich umdrehte, um mir zu helfen, rutschte sein Fuß von einem schneebedeckten Stein ab.
„Verdammt“, fluchte er. Er konnte sein Gleichgewicht nur halten, indem er sich mit den Armen fuchtelnd umdrehte, wobei ein Ausdruck des Schmerzes über sein Gesicht huschte.
Ich kletterte schnell hinter ihm her und fragte atemlos: „Ich dachte, ich hätte dich letzte Nacht von deinen Schmerzen geheilt?“ Das hatte ich doch, oder? Zumindest hatte es auf mich diesen Eindruck gemacht.
Er fand die Balance wieder und ergriff meine Hand, um mich neben sich zu ziehen.
„Mein Shannon-Mädchen, was du geheilt hast, war nicht mein Rücken.“ Er drehte sich um und ging schnellen Schrittes den schmalen Pfad hinunter.
Ich eilte ihm hinterher. Ich hatte nicht seinen Rücken geheilt? Ich war mir aber sicher, dass ich die Schmerzen unter meinen Fingerspitzen gespürt hatte. Und ich erinnerte mich daran, die Energie durch meine Hände in seinen Körper projiziert zu haben, und auch daran, dass er darauf reagiert hatte. Da war ich mir sicher.
Er braucht dich, meine Auserwählte.
Eponas Worte hallten so deutlich durch meinen Kopf, als hätte sie sie gerade eben erst ausgesprochen. Verwirrt stapfte ich hinter Clint her. Was passierte mit mir? Was wurde aus mir? Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, um das plötzliche Gefühl der Unsicherheit und Angst zu verscheuchen.
Eine Göttin spricht zu mir, mehr noch (als wenn ich noch mehr brauchte), es war offensichtlich, dass sie mich brauchte, um das Leben anderer Menschen zu beeinflussen, und zwar nicht nur in einer uralten Welt, wo man an solche Vorkommnisse gewöhnt war, sondern auch hier, in den guten alten Vereinigten Staaten.
Ich bin aber weder eine spirituelle Führerin noch eine moderne Johanna von Orleans. Ich bin nur eine Englischlehrerin am falschen Ort, die viel zu sehr in einen Mann oder ein Pferd oder was auch immer verliebt ist.
Ein wortloser Klang schwebte durch meinen Kopf und kitzelte meine Sinne wie das süßeste vorstellbare Lachen.
Johanna war auch ungestüm.
Oh, großartig. Ich werde mit Johanna von Orleans verglichen.
„Wenn ich mich recht erinnere, hat Johanna kein allzu gutes Ende genommen. Du weißt schon“, flüsterte ich. „Festgenommen und wegen Ketzerei angeklagt ... blabla ... auf dem Scheiterhaufen verbrannt.“
„Hast du was gesagt, Shannon?“, rief Clint mir über die Schulter zu.
„Ich hab mich nur übers Wetter beschwert“, antwortete ich und legte einen Zahn zu, um zu ihm aufzuschließen.
In einer weiteren scharfen Rechtskurve hatte ich Clint eingeholt. Der Weg war wieder ein bisschen breiter, und ich konnte neben ihm gehen. Er nahm meine Hand, und wir kämpften uns verbissen weiter. Alle paar Meter streckte ich meine andere Hand aus und strich an den mir am nächsten stehenden Bäumen entlang. Ich genoss die Wärme und das Gefühl, nach Hause zu kommen, das sie mir bereiteten. Die Verbundenheit mit dem uralten Wald erfüllte mich. Ich sah mich um und nahm den Anblick der ungezähmten Wildnis in mich auf. Nur dieser eine schmale Pfad – ein Schritt nach links oder rechts, und wir stünden mitten in einem Wald, der so dicht und tief war wie die, die ich in Partholon gesehen hatte.
Abgelenkt von der Freude, die ich wegen der Verbindung mit den Bäumen verspürte, bemerkte ich Clints angespanntes Schweigen nicht.
Ich atmete tief ein. „Wow. Sogar die Luft riecht hier anders. Klarer, lebendiger.“ Als Clint nicht reagierte, stieß ich ihn mit dem Ellbogen an. „Komm schon, das musst du doch auch fühlen.“
Er gab ein abwesendes Grunzen von sich. Er ist so typisch Mann.
Ich ließ mir von ihm meine Laune nicht verderben, sondern schaute mich weiter um. Die geschlossene Schneedecke auf den sich über uns ausbreitenden Ästen weckte die Illusion, wir würden auf einem mit einem Baldachin überspannten Weg dahinschreiten. Auch wenn ab und zu ein paar der eisigen Kristalle herunterfielen, blieb der Eindruck bestehen, sich in einem geschlossenen Winterwunderland zu befinden. Als wäre man in einer
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