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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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schwerer?«
    Er seufzte, als sie immer noch schwieg. Plötzlich irritierte ihn ihr hartnäckiges Schweigen, aber er beherrschte sich.
    »Wir werden gute Freunde werden, wir zwei«, sagte er. »Ich finde, dass es klug von dir war, dich heute an mich zu wenden. Du kannst immer zu mir kommen.«
    »Ich brauche 10 000 für meinen Computer«, sagte sie auf einmal leise, ganz so, als würde sie das Gespräch fortführen, das sie vorhin unterbrochen hatten.
    Rechtsanwalt Bjurman hob die Brauen. Hartgesottenes Miststück. Verdammt, die ist ja wirklich so was von zurückgeblieben. Er reichte ihr den Scheck, den er ausgestellt hatte, während sie auf der Toilette gewesen war. Das ist besser als mit einer Hure - sie wird von ihrem eigenen Geld bezahlt. Er lächelte jovial.
    Lisbeth Salander nahm den Scheck und ging.

12. Kapitel
    Mittwoch, 19. Februar
     
    Wäre Lisbeth Salander eine normale Bürgerin gewesen, hätte sie mit größter Wahrscheinlichkeit die Polizei angerufen und die Vergewaltigung angezeigt, und zwar unmittelbar nachdem sie seine Kanzlei verlassen hatte. Die blauen Flecke an Nacken und Hals sowie die DNA-Unterschrift seines Spermas auf ihrem Körper und ihren Kleidern hätten einen schwer wiegenden Beweis abgegeben. Obwohl Bjurman sicher behaupten würde: Sie hat doch mitgemacht oder Sie hat mich verführt oder Sie wollte mir einen blasen , wie Vergewaltiger dies immer tun, hatte er sich doch schon so vieler Vergehen gegen das Vormundschaftsgesetz schuldig gemacht, dass man ihm umgehend die rechtliche Betreuung für Lisbeth Salander entzogen hätte. Eine Anzeige würde wahrscheinlich dazu führen, dass Lisbeth Salander einen richtigen Rechtsanwalt bekam, der mit sexuellen Übergriffen gegen Frauen vertraut war, und das hätte wiederum zu einer Diskussion über den Kern des Problems geführt - die Feststellung ihres Betreuungsbedarfs.
     
    Lisbeth Salander war ein für alle Mal anders als normale Menschen. Sie hatte nur rudimentäre juristische Kenntnisse - das war ein Gebiet, in das sie sich nie vertieft hatte -, und ihr Vertrauen in die Polizei ging gegen null. Für sie war die Polizei eine undefinierbare feindliche Streitmacht, deren praktische Einsätze in all den Jahren darin bestanden hatten, sie festzunehmen und zu erniedrigen. Das letzte Mal, dass sie mit der Polizei zu tun gehabt hatte, war an einem Nachmittag im Mai gewesen, als sie auf dem Weg zu Milton Security durch die Götgata ging und plötzlich Auge in Auge einem Bereitschaftspolizisten mit Helm und Visier gegenüberstand, der ihr ohne jeden Grund einen Stockschlag auf die Schulter verpasste. Ihr spontaner Impuls war, mit der Colaflasche, die sie zufällig in der Hand hielt, zum Gegenangriff überzugehen. Glücklicherweise war der Polizist auf dem Absatz umgedreht und weitergelaufen, bevor sie reagieren konnte. Erst später erfuhr sie, dass ein Stückchen weiter die Straße entlang eine Demonstration stattgefunden hatte.
    Der Gedanke, Nils Bjurman anzuzeigen, kam ihr gar nicht. Und im Übrigen - was sollte sie eigentlich anzeigen? Dass Bjurman ihr an die Brust gefasst hatte. Jeder Polizist musste nur einen Blick auf ihre Miniknöspchen werfen, um zu erkennen, dass das ziemlich unwahrscheinlich war, und wenn es denn tatsächlich passiert sein sollte, müsste sie eher stolz darauf sein, dass sich überhaupt jemand die Mühe gemacht hatte. Und das mit dem Blow-job - da stand ihr Wort gegen seines, und für gewöhnlich wog das Wort anderer stets schwerer als ihr eigenes. Nein, die Polizei war keine Alternative .
    Nachdem sie Bjurmans Kanzlei verlassen hatte, war sie also nach Hause gefahren, hatte geduscht, zwei Brote mit Käse und Salzgurken gegessen und sich zum Nachdenken auf das zerschlissene, fusselige Wohnzimmersofa gesetzt.
    Ein normaler Mensch hätte ihr die scheinbare Gleichgültigkeit zum Nachteil angerechnet - es wäre ein weiterer Beweis dafür gewesen, wie unnormal sie war, wenn nicht einmal eine Vergewaltigung eine befriedigende emotionale Reaktion hervorrufen konnte.
    Ihr Bekanntenkreis war nicht groß und stammte auch nicht aus der wohlbehüteten Mittelklasse der bürgerlichen Vororte, doch schon mit achtzehn hatte Lisbeth Salander kein einziges Mädchen gekannt, das nicht zumindest einmal gegen seinen Willen irgendeine sexuelle Handlung hatte ausführen müssen.
    In Lisbeth Salanders Welt war das ein natürlicher Zustand. Als Mädchen war sie Freiwild, vor allem, wenn sie eine abgetragene schwarze Lederjacke trug, eine gepiercte

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