Verblendung
und sah Cecilia über die Brücke verschwinden. Harald und Cecilia, dachte er. Aber bei diesem Gedanken gab es ein großes Fragezeichen - Vater und Tochter hatten keinen Kontakt und sprachen kaum miteinander. Trotz Martin Vangers Zusicherung, dass er mit ihr reden würde, hatte sie noch immer keinen von Mikaels Anrufen angenommen.
»Es muss jemand sein, der weiß, dass wir den Fall gründlich untersuchen und Fortschritte gemacht haben«, sagte Lisbeth, stand auf und ging ins Haus. Als sie wieder herauskam, hatte sie ihre Motorradlederjacke an.
»Ich fahre nach Stockholm. Heute Abend bin ich wieder da.«
»Was willst du machen?«
»Ein paar Sachen holen. Wenn jemand so verrückt ist, eine Katze auf diese Art zu massakrieren, dann kann er oder sie sich nächstes Mal auch uns vornehmen. Oder nachts ein Feuer legen, damit wir beide im Haus ersticken und verbrennen. Ich möchte, dass du gleich heute nach Hedestad reinfährst und zwei Feuerlöscher und zwei Rauchmelder kaufst. Einer von den Feuerlöschern sollte ein Halonlöscher sein.«
Ohne ein weiteres Abschiedswort setzte sie den Helm auf, kickte das Motorrad an und verschwand über die Brücke.
Mikael warf den Kadaver in einen Mülleimer bei der Tankstelle, bevor er nach Hedestad fuhr und die Feuerlöscher und die Rauchmelder kaufte. Er legte sie in den Kofferraum und fuhr zum Krankenhaus. Er hatte Frode angerufen und ein Treffen in der Cafeteria mit ihm ausgemacht, bei dem er ihm erzählte, was am Morgen passiert war. Dirch Frode erbleichte.
»Ich hatte nie damit gerechnet, dass diese Geschichte gefährlich werden könnte, Mikael.«
»Warum nicht? Der Auftrag bestand doch darin, einen Mörder aufzuspüren.«
»Aber wer sollte denn … Das ist doch Wahnsinn! Wenn Gefahr für Ihr Leben und das Leben von Frau Salander besteht, dann müssen wir das Unternehmen abbrechen. Ich kann mit Henrik sprechen.«
»Nein. Auf keinen Fall. Ich möchte nicht riskieren, dass er noch einen Herzanfall erleidet.«
»Er fragt die ganze Zeit, wie es bei Ihnen vorangeht.«
»Grüßen Sie ihn schön - ich suche weiter.«
»Was sollen wir jetzt tun?«
»Ich habe ein paar Fragen. Der erste Vorfall geschah kurz nachdem Henrik seinen Herzanfall bekommen hatte und ich tagsüber in Stockholm war. Jemand hat mein Arbeitszimmer durchsucht. Das war genau zu dem Zeitpunkt, als ich den Bibelcode geknackt und die Bilder von der Bahnhofstraße entdeckt hatte. Ich hatte Ihnen und Henrik davon erzählt. Martin wusste es auch, weil er mir Zugang zum Archiv des Hedestads-Kuriren verschafft hat. Wie viele wussten es noch?«
»Tja, ich weiß nicht genau, mit wem Martin gesprochen hat«, sagte Frode. »Aber sowohl Birger als auch Cecilia wussten darüber Bescheid. Sie haben miteinander über Ihre Bilderjagd geredet. Und Gunnar und Helena Nilsson übrigens auch. Sie waren gerade zu Besuch bei Henrik und wurden ins Gespräch einbezogen. Und Anita Vanger.«
»Anita? Die ist doch in London?«
»Sie flog gemeinsam mit ihrer Schwester Cecilia nach Hause, als Henrik seinen Herzanfall erlitten hatte, aber sie wohnte in einem Hotel, und soweit ich weiß, ist sie nicht auf der Hedeby-Insel gewesen. Wie Cecilia wollte auch sie ihren Vater nicht treffen. Vor einer Woche ist sie wieder nach Hause geflogen, als Henrik aus der Intensivstation entlassen wurde.«
»Wo wohnt Cecilia zurzeit? Ich habe sie heute Morgen über die Brücke fahren sehen, aber in ihrem Haus ist alles verriegelt und dunkel.«
»Verdächtigen Sie sie?«
»Nein, ich frage mich nur, wo sie wohnt.«
»Sie wohnt bei ihrem Bruder Birger. Von dort aus kann sie zu Fuß zu Henrik gehen.«
»Wissen Sie, wo sie jetzt gerade ist?«
»Nein. Bei Henrik ist sie jedenfalls nicht.«
»Danke«, sagte Mikael und stand auf.
Die Familie Vanger kreiste um das Krankenhaus von Hedestad. In der Eingangshalle sah er Birger auf dem Weg zu den Aufzügen. Mikael hatte keine Lust, ihm zu begegnen, und wartete, bis er verschwunden war, bevor er die Eingangshalle betrat. Dort stieß er mit Martin Vanger zusammen, an fast derselben Stelle, an der er Cecilia bei seinem letzten Besuch getroffen hatte. Sie grüßten sich und gaben sich die Hand.
»Sind Sie oben gewesen, um Henrik zu besuchen?«
»Nein, ich habe nur kurz Dirch Frode getroffen.«
Martin Vanger sah müde und hohläugig aus. Mikael fiel auf, dass er im letzten halben Jahr deutlich gealtert war. Der Kampf um die Rettung des Vangerschen Imperiums forderte seinen Tribut, und Henriks
Weitere Kostenlose Bücher