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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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arbeitet.«
    Martin Vanger wartete und versuchte einzuschätzen, ob Mikael bluffte oder nicht.
    »Wie viel weiß Salander?«
    Mikael zögerte. Lisbeth Salander war jetzt seine einzige Hoffnung auf Rettung. Was würde sie tun, wenn sie nach Hause kam und bemerkte, dass er verschwunden war? Er hatte das Foto von Martin Vanger im Anorak auf den Küchentisch gelegt. Würde sie die Verbindung herstellen können? Würde sie Alarm schlagen? Sie war nicht der Typ, der die Polizei anruft. Der Alptraum schlechthin wäre es, wenn sie bei Martin Vanger an der Tür klingeln würde, um sich nach ihm zu erkundigen.
    »Antworten Sie!«, sagte Martin Vanger mit gefährlicher Stimme.
    »Ich denke, Lisbeth weiß ungefähr genauso viel wie ich, vielleicht sogar mehr. Ich würde mal tippen, dass sie mehr weiß. Sie ist schlau. Sie hat auch die Verbindung zu Lena Andersson gesehen.«
    »Die Verbindung zu Lena Andersson?« Martin Vanger wirkte völlig verblüfft.
    »Das siebzehnjährige Mädchen, das Sie im Februar 1966 in Uppsala zu Tode gefoltert haben. Sagen Sie nicht, dass Sie das vergessen haben.«
    Martin Vangers Blick wurde wieder klarer. Zum ersten Mal sah er fast ein wenig bestürzt aus. Er wusste nicht, dass jemand auch hier die Querverbindung gefunden hatte - Lena Andersson hatte nicht in Harriets Adressbuch gestanden.
    »Martin«, sagte Mikael, wobei er versuchte, seine Stimme so fest wie möglich klingen zu lassen. »Martin, es ist vorbei. Sie können mich vielleicht töten, aber es ist vorbei. Es gibt zu viele, die Bescheid wissen, und diesmal werden Sie ins Kittchen wandern.«
    Martin Vanger sprang auf und begann im Zimmer auf und ab zu laufen. Plötzlich schlug er mit der Faust gegen die Wand. Ich darf nicht vergessen, dass er irrational denkt und handelt. Die Katze. Er hätte die Katze mit hierher nehmen können, aber er ist gegen jeden gesunden Menschenverstand zur Familienkapelle gegangen. Er handelt nicht rational. Martin Vanger blieb stehen.
    »Ich glaube, dass Sie lügen. Nur Sie und Salander wissen Bescheid. Sie haben mit niemandem darüber gesprochen, sonst wäre die Polizei schon hier gewesen. Ein ordentliches Feuer im Gästehaus, und alle Beweise sind vernichtet.«
    »Und wenn Sie sich täuschen?«
    Auf einmal lächelte er.
    »Wenn ich mich täusche, dann ist es wirklich vorbei. Aber das glaube ich nicht. Ich setze darauf, dass Sie bluffen. Was habe ich für eine Wahl?« Er überlegte. »Diese verdammte Fotze ist das schwache Glied. Ich muss sie finden.«
    »Sie ist gegen Mittag nach Stockholm gefahren.«
    Martin Vanger lachte.
    »Aha. Warum sitzt sie dann den ganzen Abend im Archiv des Vanger-Konzerns?«
    Mikaels Herz schlug schneller. Er wusste es. Er hatte es die ganze Zeit gewusst.
    »Stimmt. Sie sollte zuerst beim Archiv vorbeifahren und dann weiter nach Stockholm«, antwortete Mikael so ruhig er konnte. »Ich wusste nicht, dass sie so lange geblieben ist.«
    »Hören Sie auf jetzt. Die Archiv-Chefin hat mir mitgeteilt, dass Dirch Frode ihr Anweisung gegeben hat, Salander so lange bleiben zu lassen, wie sie will. Das heißt, dass sie irgendwann heute Nacht zurückkommt. Der Nachtwächter ruft mich an, sobald sie das Verwaltungsgebäude verlässt.«

Teil IV
    Feindliche Übernahme
    11. Juli bis 30. Dezember
     
     
     
     
     
     
    92 % aller schwedischen Frauen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, haben ihre jüngste Erfahrung nicht bei der Polizei angezeigt.

24. Kapitel
    Freitag, 11. Juli - Samstag, 12. Juli
     
    Martin Vanger beugte sich herab und durchsuchte Mikaels Taschen. Er fand den Schlüssel.
    »Schlau von Ihnen, die Schlösser auszutauschen«, kommentierte er. »Ich werde mich um Ihre Freundin kümmern, wenn sie nach Hause kommt.«
    Mikael antwortete nicht. Er erinnerte sich, dass Martin Vanger nach vielen erbitterten Kämpfen in der Industrie Erfahrung mit Verhandlungen hatte. Er hatte schon den vorherigen Bluff durchschaut.
    »Warum?«
    »Warum was?«
    »Warum all das?« Mikael nickte unbestimmt mit dem Kopf in den Raum.
    Martin bückte sich zu ihm, legte ihm eine Hand unters Kinn und hob seinen Kopf an, sodass sich ihre Blicke trafen.
    »Weil es so einfach ist«, sagte er. »Die ganze Zeit verschwinden Frauen. Es gibt keinen, der sie vermisst. Einwanderer. Huren aus Russland. Tausende von Menschen fahren jedes Jahr durch Schweden.«
    Er ließ Mikaels Kopf los und stand auf, beinahe schon stolz auf seine Demonstration.
    Martin Vangers Worte trafen Mikael wie ein Faustschlag.
    O mein Gott.

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