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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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sagte Mikael automatisch.
    Martin Vanger lachte abermals.
    »Da sehen Sie’s. Sie haben sich das Prinzip der Unterwerfung schon zu Eigen gemacht. Ihr Leben liegt in meinen Händen, Mikael. Sie wissen, dass ich Sie jeden Moment töten kann. Sie haben mich gebeten, Ihre Lebensqualität zu verbessern, und das haben Sie getan, indem Sie ein rationales Argument und ein bisschen Schmeichelei einsetzten. Sie haben eine Belohnung bekommen.«
    Mikael nickte. Er hatte fast unerträgliches Herzklopfen.
    Um viertel nach elf trank Lisbeth Salander gerade Wasser aus ihrer PET-Flasche, während sie weiterblätterte. Im Gegensatz zu Mikael verschluckte sie sich nicht an ihrem Getränk. Sie zog jedoch die Augenbrauen hoch, als sie die Verbindung entdeckte.
    Klick!
    Innerhalb von zwei Stunden hatte sie die Personalzeitungen aller möglichen Niederlassungen des Vanger-Konzerns durchgearbeitet. Die Hauptzeitung hieß schlicht und einfach Unternehmensinformation und trug das Logo des Vanger-Konzerns - eine schwedische Flagge, die im Wind flatterte und deren Spitze einen Pfeil bildete. Die Zeitung wurde anscheinend von der Werbeabteilung des Konzerns gemacht und enthielt Propaganda, die dazu beitragen sollte, dass sich die Angestellten wie die Mitglieder einer einzigen großen Familie fühlten.
    In den Skiferien im Februar 1967 hatte Henrik mit einer großzügigen Geste fünfzig Angestellte der Hauptverwaltung mit ihren Familien zu einem einwöchigen Skiurlaub in Härjedalen eingeladen. Die Einladung war dem Rekordergebnis zu verdanken, das der Konzern im Jahr zuvor erzielt hatte - es war der Dank für viele Arbeitsstunden. Die PR-Abteilung fuhr mit und machte eine Fotoreportage von dem Skidorf, in das man sich zu diesem Zwecke eingemietet hatte.
    Viele der Fotos mit den lustigen Unterschriften waren auf dem Skihügel aufgenommen worden. Ein paar beim geselligen Beisammensein in der Bar, mit lachenden, durchgefrorenen Mitarbeitern, die das eine oder andere Bierglas hochhielten. Zwei Fotos waren bei einem kleinen Unternehmens-Event geschossen worden, auf dem Henrik Vanger die einundvierzigjährige Büroangestellte Ulla-Britt Mogren zur »Besten Büroangestellten des Jahres« kürte. Sie bekam einen Bonus von 500 Kronen und eine Glasschale.
    Die Preisverteilung war auf der Terrasse des Skihotels vorgenommen worden, anscheinend kurz bevor die Leute wieder auf die Pisten zurückgekehrt waren. Ungefähr zwanzig Personen waren auf dem Bild zu sehen.
    Ganz rechts, hinter Henrik Vanger, stand ein Mann mit langem, hellem Haar. Er trug einen dunklen Steppanorak mit einem abgesetzten Feld an der Schulterpartie. Da die Zeitung schwarz-weiß war, konnte man die Farbe nicht erkennen, aber Lisbeth hätte jederzeit ihren Kopf gewettet, dass die Schulterpartie rot war.
    Die Bildunterschrift erläuterte den Zusammenhang: Ganz rechts der neunzehnjährige Martin Vanger, der in Uppsala studiert. Er wird bereits als vielversprechender Nachwuchs für die Konzernführung gehandelt.
    »Got you«, sagte Lisbeth leise.
    Sie schaltete die Schreibtischlampe aus und ließ die Personalzeitungen in einem einzigen Durcheinander auf dem Schreibtisch liegen - damit diese Schlampe Bodil Lindgren morgen früh gleich was hat, worum sie sich kümmern kann.
    Durch eine Seitentür ging sie auf den Parkplatz. Auf halbem Weg zum Auto erinnerte sie sich, dass sie versprochen hatte, der Wache Bescheid zu geben, wenn sie das Gebäude verließ. Sie blieb stehen und warf einen Blick auf den Parkplatz. Der Nachtwächter saß auf der anderen Seite des Gebäudes. Das bedeutete, sie hätte zurückgehen und ums ganze Haus laufen müssen. Scheiß drauf, sagte sie sich.
    Als sie zum Motorrad kam, schaltete sie das Handy ein und wählte Mikaels Nummer, doch es meldete sich nur seine Mobilbox. Sie sah jedoch, dass Mikael zwischen halb vier und neun nicht weniger als dreizehn Mal versucht hatte, sie anzurufen. In den letzten zwei Stunden hatte er es nicht mehr probiert.
    Lisbeth wählte die Festnetznummer des Gästehäuschens, bekam aber immer noch keine Antwort. Sie runzelte die Stirn, befestigte ihre Computertasche auf dem Gepäckträger, setzte den Helm auf und ließ ihre Maschine an. Die Fahrt von der Hauptverwaltung bis zur Einfahrt ins Gewerbegebiet von Hedestad und hinüber zur Hedeby-Insel dauerte zehn Minuten. In der Küche brannte Licht, aber das Häuschen war leer.
    Lisbeth stieg ab und sah sich um. Ihr erster Gedanke war, dass Mikael zu Frode hinübergegangen sein musste, aber sie

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