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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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verschwand. Mikael saß reglos am Küchentisch und dachte darüber nach, dass auch Cecilias Namen in Fettdruck auf seiner Darstellung der Familienmitglieder stand, sie sich also auch auf der Insel befunden hatte, als Harriet verschwand.
     
    War Cecilia Vanger im Großen und Ganzen eine angenehme Bekanntschaft zu nennen, so galt das nicht für Isabella Vanger. Harriets Mutter war fünfundsiebzig Jahre alt und, wie Henrik Vanger ihn gewarnt hatte, eine ungeheuer elegante Frau, die entfernt an eine alternde Lauren Bacall erinnerte. Sie war zierlich, trug einen schwarzen Persianer sowie eine schwarze Pelzmütze und stützte sich auf einen schwarzen Stock, als Mikael ihr eines Morgens über den Weg lief. Er hatte gerade sein Haus verlassen wollen, um in Susannes Café zu gehen. Sie sah aus wie ein alternder Vamp, immer noch bildschön, aber die reinste Giftschlange. Isabella Vanger kehrte anscheinend gerade von einem Spaziergang zurück und rief von der Kreuzung aus nach ihm.
    »Hallo, Sie, junger Mann! Kommen Sie doch mal her!«
    Der Befehlston war unmissverständlich. Mikael sah sich um und folgerte, dass er gemeint war. Er ging zu ihr.
    »Ich bin Isabella Vanger«, verkündete sie.
    »Hallo, ich heiße Mikael Blomkvist.« Er streckte ihr die Hand hin, die sie ignorierte.
    »Sind Sie dieser Mensch, der in unseren Familienangelegenheiten herumschnüffelt?«
    »Na ja, ich bin der Mensch, den Henrik Vanger engagiert hat, um ihm bei der Biografie der Familie Vanger behilflich zu sein.«
    »Damit haben Sie nichts zu schaffen.«
    »Stört es Sie, dass Henrik mich engagiert hat oder dass ich Ja gesagt habe? Im ersteren Fall meine ich, dass es Henriks Sache ist, und im letzteren, dass die Entscheidung bei mir liegt.«
    »Sie wissen genau, was ich meine. Ich mag keine Leute, die in meinem Leben herumschnüffeln.«
    »In Ordnung, ich werde nicht in Ihrem Leben herumschnüffeln. Den Rest müssen Sie mit Henrik Vanger besprechen.«
    Isabella Vanger hob plötzlich ihren Gehstock und stieß Mikael mit dem Handgriff vor die Brust. Der Schlag war nicht nennenswert, aber er trat verblüfft einen Schritt zurück.
    »Halten Sie sich von mir fern.«
    Isabella Vanger drehte sich auf dem Absatz um und ging zu ihrem Haus. Mikael blieb mit einem verdutzten Gesichtsausdruck stehen. Als er den Blick hob, sah er plötzlich Henrik Vanger am Fenster seines Arbeitszimmers stehen. Er hatte eine Kaffeetasse in der Hand, mit der er ihm ironisch zuprostete. Mikael zuckte resigniert mit den Achseln, schüttelte den Kopf und ging zu Susannes Café.
    Die einzige Reise, die Mikael während des ersten Monats unternahm, war ein Tagesausflug zu einer Bucht des Siljan-Sees. Er lieh sich Dirch Frodes Mercedes aus und fuhr durch die Schneelandschaft, um einen Nachmittag mit Kommissar Gustav Morell zu verbringen.
    Mikael hatte versucht, sich mittels des polizeilichen Untersuchungsberichts ein Bild von Morell zu machen. Als er vor ihm stand, fand er sich einem sehnigen Mann gegenüber, der sich langsam bewegte und noch langsamer sprach.
    Mikael hatte sich zehn Fragen notiert, die ihm während der Lektüre des Untersuchungsberichts gekommen waren. Morell antwortete wie ein Pädagoge auf jede Frage. Zum Schluss legte Mikael seine Notizen beiseite und erklärte Morell, seine Fragen seien nur ein Vorwand gewesen, um hierherzukommen und den pensionierten Kommissar zu treffen. Eigentlich habe er mit ihm plaudern und die einzige wesentliche Frage stellen wollen: »Gibt es irgendetwas in den Ermittlungen, das Sie nicht auf Papier festgehalten haben - eine Idee oder eine Überlegung oder ein intuitives Gefühl, das Sie mir mitteilen könnten?«
    Da Morell sechsunddreißig Jahre damit zugebracht hatte, über das Mysterium von Harriets Verschwinden nachzudenken, hatte Mikael erwartet, auf einen gewissen Widerstand zu stoßen. Schließlich war er der Neue, der hier aufkreuzte und in dem Dickicht herumstocherte, in dem sich Morell verirrt hatte. Aber da war nicht einmal der Ansatz eines Vorbehalts. Morell stopfte sich sorgfältig seine Pfeife und riss ein Streichholz an, bevor er antwortete.
    »Doch, natürlich habe ich gewisse Gedanken. Aber die sind derart vage und flüchtig, dass ich sie nicht so recht formulieren kann.«
    »Was glauben Sie, was mit Harriet passiert ist?«
    »Ich glaube, dass sie ermordet wurde. Darin bin ich mir mit Henrik einig. Es ist die einzig logische Erklärung. Aber das Motiv ist uns nie klar geworden. Ich glaube, dass sie aus einem ganz bestimmten

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