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Vanger war sich durchaus bewusst, dass er einen Wirtschaftsjournalisten zu Gast hatte, den er nur oberflächlich kannte. Dennoch diskutierte er die internen Probleme seiner Firma so offenherzig mit ihm, dass es schon an Fahrlässigkeit grenzte. Er schien davon auszugehen, dass Mikael zur Familie gehörte, da er für Henrik Vanger arbeitete, und er stimmte mit seinem Großonkel darin überein, dass die Familie sich selbst die Schuld geben musste an der Verfassung, in der sich das Unternehmen befand. Er war jedoch frei von Henriks Bitterkeit und dessen unversöhnlicher Verachtung für die Familie. Martin Vanger schien sich über die unverbesserliche Verrücktheit des Vanger-Clans eher zu amüsieren. Eva Hassel nickte, gab aber keine Kommentare ab. Sie kannte das Thema offenbar zur Genüge.
Martin Vanger schien zu billigen, dass Mikael beauftragt worden war, eine Familienchronik zu schreiben, und er fragte, wie die Arbeit voranginge. Mikael antwortete lächelnd, er tue sich schon schwer, die Namen aller Verwandten zu lernen, und bat um Erlaubnis, für ein Interview wiederkommen zu dürfen, sobald es Martin passte. Mehrmals erwog er, das Gespräch auf Henriks Besessenheit von Harriets Verschwinden zu lenken. Er nahm an, dass Henrik Vanger Harriets Bruder bei verschiedensten Gelegenheiten mit seinen Theorien gequält hatte. Außerdem musste Martin klar sein, dass Mikael beim Schreiben einer Familienchronik bemerken musste, dass ein Familienmitglied spurlos verschwunden war. Aber Martin machte keine Anstalten, das Thema aufzugreifen, und Mikael ließ die Sache auf sich beruhen. Sie würden noch früh genug Grund haben, über Harriet zu reden.
Nach ein paar Runden Wodka brach er gegen zwei Uhr morgens auf. Mikael war ziemlich betrunken, als er die dreihundert Meter zu sich nach Hause torkelte. Im Großen und Ganzen war es ein angenehmer Abend gewesen.
Eines Nachmittags, es war bereits Mikaels zweite Woche in Hedeby, klopfte es an seiner Haustür. Er legte den Ordner mit dem Polizeibericht beiseite und schloss die Tür zu seinem Arbeitszimmer, bevor er die Haustür öffnete. Vor ihm stand eine in warme Kleider gehüllte blonde Frau, die ungefähr Mitte fünfzig sein mochte.
»Hallo. Ich wollte nur mal guten Tag sagen. Ich heiße Cecilia Vanger.«
Sie gaben sich die Hand, und Mikael bot ihr einen Kaffee an. Cecilia Vanger, die Tochter des Nazi-Anhängers Harald Vanger, schien eine offene und in vielerlei Hinsicht sehr einnehmende Frau zu sein. Mikael erinnerte sich, dass Henrik Vanger mit Respekt über sie gesprochen und erwähnt hatte, dass sie keinen Umgang mit ihrem Vater pflegte, obwohl sie neben ihm wohnte. Sie plauderten eine Weile, bis sie auf ihr Anliegen zu sprechen kam.
»Ich habe gehört, dass Sie ein Buch über die Familie schreiben. Ich bin mir nicht sicher, ob mir dieser Gedanke gefällt«, sagte sie. »Deshalb wollte ich mir zumindest mal ansehen, was Sie für einer sind.«
»Das ist richtig, Henrik Vanger hat mich damit beauftragt. Es ist also sozusagen seine Story.«
»Der gute Henrik ist ja nicht gerade neutral, was die Einstellung zu seiner Familie betrifft.«
Mikael musterte sie. Er wusste nicht recht, was sie eigentlich sagen wollte.
»Sind Sie dagegen, dass ein Buch über die Familie Vanger geschrieben wird?«
»Das habe ich nicht gesagt. Und was ich denke, spielt sowieso keine Rolle. Aber ich glaube, dass Sie vielleicht schon dahintergekommen sind, dass es nicht immer so leicht gewesen ist, Mitglied dieser Familie zu sein.«
Mikael hatte keine Ahnung, was Henrik gesagt hatte oder wie viel Cecilia über seinen Auftrag wusste. Er zuckte mit den Achseln.
»Ich habe mit Henrik vereinbart, dass ich eine Familienchronik schreiben werde. Er hat in der Tat sehr eigene Ansichten über manche Familienmitglieder, aber ich werde mich an das halten, was ich auch dokumentieren kann.«
Cecilia lächelte kühl.
»Ich will nur wissen, ob ich ins Exil gehen und emigrieren muss, wenn das Buch rauskommt?«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Mikael. »Die Leute werden sich schon ein differenziertes Urteil bilden können.«
»Zum Beispiel über meinen Vater.«
»Ihren Vater, den Nazi?«, fragte Mikael. Cecilia Vanger verdrehte die Augen.
»Mein Vater ist verrückt. Ich treffe ihn nur ein paarmal im Jahr, obwohl wir quasi Wand an Wand wohnen.«
»Warum wollen Sie ihn nicht treffen?«
»Warten Sie, bevor Sie mir jede Menge Fragen stellen - haben Sie vor, mich zu zitieren? Oder kann ich ein normales
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