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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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Sandalen von MaxMara, deren helles Wildleder jetzt vom Regen fleckig war.
    »Es tut mir leid, Valentina. Du musst mir glauben, dass ich damals dachte, mir bliebe keine andere Wahl, als zu gehen. Außerdem dachte ich, du wüsstest, dass ich nicht dein richtiger Vater bin. Mattia hat mir nie etwas anderes erzählt.«
    »Warum sind wir nicht alle zusammen nach Berlin gegangen?«, fragte sie ihn düster.
    »Ich bin nicht gegangen, weil ich es nicht mehr ertragen konnte.«
    »Was?« Valentina starrte ihn prüfend an. Erneut war sie überrascht, wie ähnlich Mattia und er sich sahen. Endlich saß ihr der Mann von den Fotos in Fleisch und Blut gegenüber.
    »Ich konnte nicht mehr das Ideal erfüllen, das Tina von einem Partner hatte: ein Mann, der sie liebt und immer für sie da ist, egal mit wem sie sonst noch schläft.« Er seufzte und schnitt sich noch ein Stück Kuchen ab. »Ich dachte, ich könnte dieser Mann sein. Ich habe deine Mutter sehr geliebt, aber eines Tages konnte ich es einfach nicht mehr aushalten, Valentina.«
    Seine Worte trafen sie. Valentina dachte unwillkürlich an Thomas und sich – an das, was Thomas letztes Jahr durchgemacht hatte, um ihr zu beweisen, dass er sie liebte, egal, was sie tat.
    »Warum hast du mich nicht mitgenommen?«, fragte sie leise.
    »Du warst nicht mein Kind. Außerdem hat Tina mir gesagt, sie würde dich mit nach Berlin nehmen, um dort mit deinem leiblichen Vater zu leben. Sie wollte, dass ich auch komme. Sie wollte, dass wir alle zusammenleben. Eine große glückliche Familie«, sagte er leicht säuerlich.
    »Mein leiblicher Vater ist Deutscher?«, wollte Valentina wissen, und ihr Herz begann heftig zu schlagen.
    »Nein. Er stammte aus Prag, aber er lebte in Berlin.«
    Valentina hatte das Gefühl, in ihrem Stuhl zu schrumpfen. Sie blickte zu Phil Rembrandt und stellte fest, dass sie ihn zwar seit ihrem sechsten Lebensjahr nicht mehr gesehen, ihn jedoch nie vergessen hatte. Sie hätte ihn überall wiedererkannt. Die ersten sechs Jahre war er ein Teil ihres Lebens gewesen. Als Erwachsene begriff sie langsam, warum er gegangen war, als Kind war sie nicht sicher, ob sie ihm jemals vergeben könnte.
    »Noch etwas Tee?«, fragte Phil und blickte sie besorgt mit dem Kessel in der Hand an.
    Sie nickte.
    »Es tut mir so leid, Valentina«, bekräftigte er noch einmal. »Ich hätte zurückkommen sollen, egal, was Tina sagte.« Er füllte frisches Wasser in die Teekanne und tauchte zwei neue Beutel hinein. »Aber ich bin froh, dass du mich gefunden hast. Es ist gut, dass es keine Geheimnisse mehr gibt.« Er lächelte ihr zaghaft zu, während er ihr Tee einschenkte und Milch anbot.
    Sie hielt die Teetasse in ihren Händen und versuchte die neuen Informationen zu verarbeiten. »Wer ist mein leiblicher Vater?«, wollte sie schließlich wissen.
    »Ich bin ihm nie begegnet, aber er war ein tschechischer Musiker, den Tina in Berlin getroffen hat. Ein Cellist. Sein Vorname war Karel, den Nachnamen kenne ich nicht.« Phil hielt inne und fuhr sich mit der Hand durch die grauen Haare. »Ich habe keine Ahnung, wo er jetzt ist. Du musst mit deiner Mutter sprechen.«
    Die Worte von Phil Rembrandt gehen Valentina nicht aus dem Kopf: »Du musst mit deiner Mutter sprechen.« Aber wie soll sie dieses Gespräch am Telefon führen? Valentina ist sich sicher, dass ihre Mutter einfach auflegen wird. Valentina ist so wütend auf sie und Mattia. Und auf seltsame Weise schämt sie sich auch. Valentina ist ein Unfall – ein Fehler, den ihre Mutter nicht mehr rückgängig machen konnte. Vielleicht liebt ihre Mutter sie deshalb nicht so, wie sie Mattia liebt. Weil Valentina sie an eine missglückte Affäre erinnert. Denn das muss es gewesen sein, nachdem sie nie nach Berlin gezogen sind. Ihre Mutter hat Phil Rembrandt grundlos verloren. Trotz ihrer Empörung darüber, dass er sie verlassen hat, beginnt Valentina ihn zu mögen. Er ist alles, was ihre Mutter nicht ist: vernünftig, fürsorglich und ehrlich. Er hat sich den ganzen Nachmittag mit ihr unterhalten und sie mit Kuchen versorgt. Er hat sich, ohne zu zögern, spontan einen ganzen Tag Zeit für sie genommen. Ihre Mutter hätte wahrscheinlich nichts von alledem getan.
    Während Valentina mit der District Line zu Anitas Party fährt, lässt ihre Wut langsam nach, und die Gedanken an ihre Familie verblassen. Wenn sie Thomas heute Abend zurückgewinnen will, darf sie sich nicht in etwas hineinsteigern. Valentina versucht jedes Wort zu analysieren, das Thomas

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