Verborgene Lust
Stelle als Autorin bei Harper’s Bazaar angeboten, und ich glaube, ich werde sie annehmen. Ich muss mich eine Weile von Paris verabschieden, ein paar Geister ruhen lassen.« Sie hält inne, dreht den Lippenstift ein, steckt ihn in ihre Tasche und macht sie zu. »Und?«, fragt Vivienne und dreht sich mit glänzenden Augen zu ihr um. »Kommst du mit mir nach New York?«
»Ich kenne dort niemanden. Was soll ich da machen?«
»Du kennst mich. Und hast du nicht ein paar amerikanische Freunde in Paris gefunden? Es sind doch so viele hier. Es ist fast unmöglich, nicht ein paar Bewunderer unter den Yankees zu haben, vor allem ein so hübsches junges Ding wie du.«
Maria denkt an Richard und errötet bei der Erinnerung daran, was fast zwischen Felix, diesem Mann und ihr passiert wäre. »Nein«, sagt sie, »ich kenne überhaupt keine Amerikaner.«
»Nun, denk darüber nach. Es könnte ein neuer Anfang für uns beide sein.«
In jener Nacht, als Vivienne zurückkehrt und zu ihr ins Bett kriecht, legt Maria die Arme um die ältere Frau und atmet Viviennes Geruch am Ende einer langen Nacht ein: Chanel, Alkohol und Tabak. Maria schwört sich, alle Verbindungen ihres kurzen Lebens in Paris zu kappen und mit Vivienne nach New York zu gehen. Sie wird noch einmal neu anfangen. Sie wird Felix und ihre Liebe in Frankreich zurücklassen. Ihr Herz ist gebrochen, aber sie muss überleben. Nichts anderes erwarten ihre Mamas von ihr.
Valentina
Valentina hat ja gesagt. Sie kann kaum glauben, dass der Mann, der neben ihr im Wagen sitzt, bald ihr Ehemann sein wird. Der Mietwagen, ein offener Mercedes, windet sich die kurvige Straße an der Amalfiküste entlang. Valentina blickt hinaus auf das leuchtend blaue Mittelmeer. Trotz Sonnenbrille und des Tuchs, das sie sich um den Kopf gebunden hat, scheint die Sonne grell und gnadenlos auf sie herab. Doch wie eine Eidechse nimmt Valentina die Wärme in sich auf und genießt die heiße Brise, während Thomas sie nach Sorrento fährt. Es ist gut, zurück in ihrer italienischen Heimat zu sein. Sie gehören beide hierher. Thomas ist zwar kein gebürtiger Italiener, aber er ist es von Natur aus. Genau wie Valentina lebt er in der Gegenwart und genießt die Schönheit des Augenblicks.
Das Hotel in Sorrento übertrifft all ihre Erwartungen. Es liegt mitten im Stadtzentrum, geschützt in einem üppigen Garten voller Orangen- und Zitronenbäume. Im Inneren atmet alles eine altmodische Eleganz. Sie durchschreiten diverse Salons, bis sie die Terrasse erreichen, die einen Blick auf die Bucht von Neapel und die Insel Capri bietet. Sie sehen einander in die Augen. Valentina weiß, dass Thomas dasselbe denkt wie sie: Dies wäre der perfekte Ort für ihre Flitterwochen.
In andächtiger Stille genießen sie ein Glas Prosecco und sehen zu, wie die Sonne langsam am Horizont verschwindet und den Himmel zum Abschied flamingorot färbt. Valentina ist glücklich. Es ist fast unglaublich, dass dieses Gefühl von Dauer sein könnte. Unwillkürlich rechnet sie damit, dass etwas geschieht. Das ist ihre pessimistische Seite: die Stimme ihrer Mutter oder vielleicht ist es auch die Stimme ihres geheimnisvollen Vaters Karel, des tschechischen Cellisten. Sie hat Thomas noch immer nicht von ihm erzählt.
Ihr Geliebter legt seine Hand auf ihre. »Willst du morgen mitkommen, wenn ich das Bild übergebe?«
»Von mir aus. Willst du denn, dass ich mitkomme?«
Vielleicht kann sie ihm auf der Fahrt an der Amalfiküste entlang die Geschichte von ihrem Vater erzählen. Was wird Thomas zu all dem sagen? Wird er sie ermutigen, ihren leiblichen Vater zu suchen, obwohl sie keine Ahnung hat, wie sie das anstellen soll?
Doch Thomas antwortet: »Ich glaube, es ist doch besser, wenn ich das allein erledige.« Er führt ihre Hand an seine Lippen und küsst sie. »Ricardo Borghetti, Guilios Sohn, ist ein bisschen neurotisch. Auch wenn Anita mir das Bild freiwillig zurückgegeben hat und ich es nicht gestohlen habe, will er, dass alles geheim bleibt.«
»Okay«, sagt Valentina ein bisschen enttäuscht. »Dann fahre ich nach Pompeji. Ich bin noch nie dort gewesen, wollte es aber immer einmal sehen.«
Nach dem Abendessen schlendern sie am Swimmingpool entlang durch den Garten. Er ist nicht beleuchtet, es ist noch zu früh in der Saison, als dass der Pool nachts genutzt würde. Doch auch am Abend ist die Luft noch mild, vor allem im Vergleich zu dem feuchten Londoner Frühling.
Thomas hält ihre Hand, und Valentina verschränkt fest die
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