Verborgene Lust
war? Warum hast du mich im Ungewissen gelassen?«
»Weil ich dir bereits mein Herz geöffnet hatte.« Er hält inne. »Du warst diejenige, die sich über ihre Gefühle klar werden musste, nicht ich. Ich habe dir gesagt, du sollst mir vertrauen. Darum ging es.« Während er weiterspricht, streichelt er ihr Haar. »In gewisser Weise war es ein glücklicher Umstand, dass Anita da war. Obwohl ich das nie von dir gedacht hätte, hat es dich vielleicht gezwungen, mir deine Gefühle zu zeigen. Anita stellte eine Bedrohung dar.« Er sieht sie fragend an, und sie errötet.
»Ich bin von mir selbst überrascht«, gesteht sie. »Ich dachte, ich wäre ein echter Freigeist, aber als es ernst wurde, wollte ich dich für mich allein haben.«
»Darüber bin ich sehr froh, Valentina. Ich will dich auch nicht mehr teilen.« Er küsst sie auf die Stirn.
»Dann sind wir einander ausgeliefert?«, fragt sie.
»Ja, wir sind beide über die Klippe in den gefährlichen Abgrund der Liebe gesprungen.«
Er klappt ihren Bademantel auf. Valentina klettert auf seinen seidigen Schoß und blickt zu ihm hinunter. Sie betrachtet sein Gesicht und lässt den Anblick auf ihr Herz wirken.
»Begleitest du mich, wenn ich Borghetti den Masson wiedergebe? Ich fliege morgen früh nach Neapel.«
»Aber ich sollte heute Abend nach Mailand zurückfliegen«, widerspricht sie schwach.
Er zieht sie zu sich herunter und küsst sie. »Ach nein, Valentina, heute Nachmittag musst du dringend mit mir schlafen. Ich fürchte, du wirst deinen Flug verpassen …«
»Wenn du meinst«, sagt sie und macht sich gar nicht erst die Mühe, Widerstand zu heucheln.
Sie lehnt sich zurück und streichelt durch seine seidigen Pyjamahosen seinen Schoß. Sie lässt die Hand in seinen Bund gleiten und spürt, wie sich sein Glied aufrichtet. Er sehnt sich danach, erneut in ihr zu sein. Sie küsst ihn leidenschaftlich und trinkt seine Liebe, die wie süßer Honig ihr Herz erfüllt.
»Thomas?« Valentina löst sich kurz von ihm und fühlt sich seltsam unsicher.
Erwartungsvoll sieht er zu ihr hoch.
Valentina ist so aufgeregt, was er antworten wird, dass sie den Blick senkt und die kleinen Falten auf seinem Bauch betrachtet. »Darf ich jetzt deine Freundin sein?« Ihre Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
»Nein, auf gar keinen Fall«, sagt er wie aus der Pistole geschossen, ohne einen Augenblick nachzudenken.
In ihrer Kehle bildet sich ein dicker Kloß. Sie kann ihre Enttäuschung kaum verbergen. Dann hat er ihr also noch nicht vergeben.
»Valentina.« Mit seiner Fingerspitze hebt er ihr Kinn und blickt ihr in die Augen. Sie sieht in ein Meer der Hoffnung.
»Ich will nicht, dass du meine Freundin bist, weil ich will, dass du meine Frau wirst.«
Maria
Zurück im Hotel öffnet Maria den Koffer, den Felix ihr geschenkt hat. Er ist zur Hälfte mit Kleidern und Schmuckstücken gefüllt, die Felix ihr gekauft hat. Maria reißt sich das rote Cape und das elfenbeinfarbene Abendkleid vom Leib, geht auf die Knie und wirft den Inhalt des Koffers auf den Boden. Strümpfe, Seidenblusen, Handschuhe und Schals fliegen bunt durcheinander. Die Flasche »L’Heure Bleu« kracht auf die Holzbohlen, das Glas zerschellt in tausend winzige Kristalle. Der intensive Parfumgeruch überwältigt Maria. Die Bilder, die der Duft in ihr heraufbeschwört, lassen sie erzittern. Nachdem die Rückfahrt nach Paris in eisigem Schweigen verlaufen war, hatte René Maria seine Hilfe angeboten. Sie hatte abgelehnt, brauchte jedoch all ihre Selbstbeherrschung, um sich nicht wie ein Baby schluchzend in seine rundlichen Arme zu werfen. Nun bricht Maria endlich in Tränen aus. Es ist nicht einfach nur das Weinen eines junges Mädchens, das um ihr erstes gebrochenes Herz trauert, es sind die herzzerreißenden Schluchzer einer betrogenen Frau. Tränen laufen über ihre Wangen und das Kinn hinunter, rinnen zwischen ihren nackten Brüsten hindurch zu ihrem bebenden Bauch und weiter zwischen ihre Beine. Maria leert den Koffer und klettert hinein. Die rote Seide fühlt sich kühl auf ihrer erhitzten Haut an. Sie legt sich auf die Seite, zieht die Knie an die Brust und rollt sich zusammen. Sie klemmt sich in den großen Koffer und schließt die Augen.
In ihren Träumen ist sie ein wildes Tier. Sie befindet sich im Winterschlaf. Plötzlich klappt der Koffer zu. Um sie herum ist es dunkel, und sie hört nur ihren eigenen Herzschlag. Doch sie hat keine Angst. Es ist beruhigend, am helllichten Tag unsichtbar zu sein. Als
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