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Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Poole
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Vergleich zu den traditionellen Holzmöbeln der Akademie in Paris waren sie unglaublich schick. Tatsächlich sahen sie so aus, als habe Phillipe Starck persönlich sie aus blauem Eis gemeißelt.
    »Cassie!«
    Sie drehte sich um, um nachzusehen, wer sie gerufen hatte. Ihr Blick fiel auf eine kleine Clique, die im hinteren Teil des Klassenzimmers Platz genommen hatte, ein wenig abseits ihrer Mitschüler. Einige von ihnen musterten sie hasserfüllt, andere schenkten ihr ein vorsichtiges Lächeln, aber ausnahmslos alle sahen umwerfend gut aus.
    Die Auserwählten. Ihre neue »Familie«.
    Ayeesha und ihr irischer Freund Cormac, zwei der netteren Auserwählten, winkten ihr begeistert zu. Das Mädchen aus Barbados rief abermals ihren Namen und deutete auf einen leeren Tisch in ihrer Nähe. Ayeesha wirkte aufrichtig herzlich und im Gegensatz zu einigen der anderen begannen Cassies Antennen bei ihrem Anblick nicht zu kribbeln. Gewiss war sie keine der dunklen, von Kapuzen verhüllten Gestalten bei der Zeremonie im Arc de Triomphe gewesen. Gewiss... bei der Erinnerung an das finstere Grauen dieses Erlebnisses schauderte Cassie.
    »Ich glaube, dein Typ ist gefragt«, meinte Jake, dessen trockener Humor nicht ganz den verächtlichen Unterton verdecken konnte.
    Cassie wandte hastig den Blick ab. »Sei nicht albern. Zu denen gehe ich nicht. Ich bleib bei euch, genau wie immer.«
    »Wir fühlen uns geehrt, Ms Bell!«, sagte Isabella in schelmischem Singsang, brach aber sofort ab, als sie Cassies Seitenblick auffing. Auf gar keinen Fall wollte Cassie den Eindruck erwecken, als wolle sie jetzt anders behandelt werden, und das galt besonders in Jakes Nähe — sie misstraute seinen Gefühlen für sie ohnehin schon.
    Cassie stieß Jake an und zwang sich zu einem Lächeln. »Ah, ich kapiere. Du willst das dritte Rad loswerden, damit du Isabella ganz für dich allein haben kannst, hm?«
    Jake gluckste und hob in gespieltem Protest die Hände, aber sein Grinsen verblasste schnell, als er jemanden sah, der von hinten auf Cassie zukam. »Ich denke, wir haben einen vollen Satz Räder«, murmelte er und wandte sich ab.
    »Ist dieser Platz noch frei?«
    Unvermittelt blickte Cassie auf und ihr Herz begann zu rasen.
    »Ranjit!« Cassie wurde rot, weil sie die Begeisterung in ihrer Stimme nicht verbergen konnte. »Ähm, hi. Ja, er ist noch frei.«
    »Können wir jetzt bitte Ruhe einkehren lassen?« Im vorderen Teil des Klassenzimmers versuchte Herr Stolz mit nur geringem Erfolg, seine Autorität geltend zu machen. »Willkommen zurück. Mr Singh, wenn Sie sich bitte setzen könnten? Wir müssen anfangen.«
    Ranjit nickte eine lässige Entschuldigung in Herrn Stolz’ Richtung, bevor er sich anmutig auf den Stuhl neben Cassie gleiten ließ. Während Isabella Cassie ansah und kicherte, blieb Jake weiter still und lächelte nicht. Cassie schlug ihr Buch auf, strich bedächtig die Seiten glatt und versuchte, das leise überraschte Raunen um sie herum zu ignorieren (vielleicht hatten doch nicht alle in der Schule ihre enge Umarmung im Atrium gesehen). Als Ranjit sich halb zu ihr umdrehte und lächelte, errötete sie abermals.
    Ein Kribbeln im Nacken sagte ihr, dass noch mehr Blicke auf ihr ruhten. Sie schaute schnell auf und drehte sich auf ihrem Stuhl um; sie rechnete halb damit, dass die Auserwählten sie mit Blicken erdolchten.
    Doch erstaunt stellte sie fest, dass nur Richard unverwandt unglücklich zu ihr herübersah.
    Richard musste im Laufe der Stunde ein wenig von seinem Joie de vivre zurückgewonnen haben. Wahrscheinlich hatte er sich selbst dadurch aufgeheitert, dass er den hyperernsten Lehrer gutmütig verspottete. Als er sich Cassie nach dem Läuten näherte, während Ranjit von Herrn Stolz aufgehalten wurde, versprühte er wieder seinen gewohnten Charme.
    »Du bist wütend auf mich. Du bist wütend auf mich! Cassie, Süße, ich kann es nicht ertragen. Ich werde mich umbringen. Nein, ich werde mich zu den bemitleidenswerten Gestalten am Straßenrand gesellen. Ich werde meinen Körper für einige Silberlinge verkaufen und bleich und dünn in einer Mansarde sterben. Ich werde dahinsiechen. Ich werde verzweifelte, schreckliche Gedichte schreiben. Ich werde...«
    »Halt den Mund, Richard.« Cassie wandte sich ab und rückte den schweren Bücherstapel in ihren Armen zurecht, während sie durch das Gewühl der Schüler spähte und versuchte, Isabella und Jake zu orten. Sie waren bereits draußen im Flur und vollkommen ineinander versunken. Cassie

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