Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Poole
Vom Netzwerk:
hielt Ausschau nach Ranjit, aber er sprach jetzt mit seinem Mitbewohner, einem schlaksigen Dänen namens Torvald.
    »Dir zuliebe, Darling, werde ich den Mund halten«, erwiderte Richard aalglatt.
    »Da würde ein Traum in Erfüllung gehen. Da würde für alle ein Traum in Erfüllung gehen.«
    »Ich bin immer noch in deinen Träumen?« Er drückte die Hand aufs Herz und tat so, als schwanke er verzückt.
    Cassie runzelte die Stirn, wütend auf sich selbst. Wenn sie sich in dieses törichte Geplänkel verstricken ließ, würde sie ihm womöglich noch verzeihen. Und er verdiente keine Verzeihung. »Verzieh dich, Richard. Ich meine es ernst. Dir muss doch klar sein, dass deine kleine Nummer bei mir nicht mehr wirkt.« Cassie ging entschlossen auf Isabella zu und stellte sich mit einem Gefühl boshafter Befriedigung neben ihre Mitbewohnerin. Richard blieb in der Tür zurück; sie konnte sein Spiegelbild im Glas erkennen. Er wirkte verloren und tatsächlich verletzt. Gut so.
    Dann vergaß sie Richard völlig. Ein angenehmes Kribbeln lenkte sie ab. Ranjit war zurückgekehrt und hatte ihr sachte eine Hand auf den Rücken gelegt. Ayeesha und Cormac folgten ihm dichtauf. Ein wenig widerstrebend wandte Cassie sich zu ihnen um und lächelte. »Hallo.«
    »Hey, Cassie, Ranjit«, rief Ayeesha, noch bevor sie ganz bei ihnen war. Sie wandte sich Ranjit zu und nickte mit offenkundigem Respekt. Cassie hatte die Hierarchie der Auserwählten noch immer nicht ganz durchschaut, aber es bestand kein Zweifel daran, wer ganz oben stand. Bei dem Gedanken, dass sie mit ihm ausging, durchlief sie ein kleines Prickeln der Macht. Ein Lächeln umspielte Ranjits Lippen, als wüsste er, was sie dachte.
    »Lauf nicht weg«, fuhr Ayeesha fort. »Komm mit nach oben in den Gemeinschaftsraum. Wir zeigen dir alles, Cassie.«
    »Wir sind auf dem Weg dorthin, wir dachten, wir schwänzen Englische Literatur«, ergänzte Cormac.
    Cassie holte tief Luft. Trotz Isabellas offenkundigem Interesse hatte sie halb gehofft, sie könnte den Gemeinschaftsraum vermeiden: den elitären, exklusiven, sakrosankten Gemeinschaftsraum der Auserwählten ...
    »Ähm, hm, ich habe jetzt eine Freistunde und wollte eigentlich ein wenig auspacken und so. Und ich weiß nicht, ob es gut ist, zu schwänzen...«
    »Ach, zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Komm mit! Komm mit und lass dich den anderen vorstellen. Plaudere ein wenig mit ihnen. Lern uns alle kennen.«
    War sie auch nur ansatzweise bereit dafür? Für Small Talk mit Leuten, die sie möglicherweise das letzte Mal hinter dunkelroten Kapuzen gesehen hatte, als sie sie gefesselt und der Gnade von Estelle Azzedine ausgeliefert hatten? Sie wusste nicht, wer von den Auserwählten daran beteiligt gewesen war...«
    »Geh nur, Cassie!«, meldete sich Isabella zu Wort und zupfte an ihrem Arm. »Es klingt, als würde es Spaß machen.«
    Jake machte ein Gesicht, als sei er furchtbar wütend. Sein Schweigen sprach in Cassies Augen Bände, und sie öffnete gerade den Mund, um das Angebot abzulehnen. Aber genau in diesem Moment rauschten drei Schülerinnen der Oberstufe in Richtung Atrium. Eine von ihnen - Sara? - warf ihr einen hochmütigen Blick zu und sagte leise etwas zu ihren Freundinnen, worauf alle drei Mädchen zu kichern begannen. Cassie hatte zwar nicht verstehen können, was sie gesagt hatten, aber sie hatte definitiv das Wort gewöhnlich gehört, und war sich sicher, dass sie nicht über den Gemeinschaftsraum gesprochen hatten.
    Sara war eine Auserwählte, das wusste Cassie. Kamen ihre Augen ihr vertraut vor? Hatte sie diese kühlen graublauen Iris durch einen Schlitz in einer dunkelroten Kapuzenhaube gesehen? Zorn stieg in ihr auf. Es gab nur einen Weg, es herauszufinden ...
    »Weißt du was?«, sagte Cassie laut zu Ayeesha. »Das wäre tatsächlich ganz wunderbar. Ich werde später am Nachmittag vorbeikommen.«
    »Klasse! Also, bis dann.«
    Als Ayeesha und Cormac davongingen, ließ Cassie die Schultern hängen. Sie bedauerte, dass sie so impulsiv gewesen war. Sie war wirklich noch nicht bereit für den Gemeinschaftsraum. Verlegen sah Cassie Jake an, als Ranjit sich zu ihr umdrehte und nach ihrer Hand griff.
    »Ich hab auch noch was zu erledigen. Aber ich hole dich nach deinem Englischkurs ab und wir können zusammen hinaufgehen.«
    Cassie lächelte und sah ihm nach, wie er anmutig davonschritt. Wie hatte er es angestellt, genau das Richtige zu sagen? Mit Ranjit an ihrer Seite schien ihr der Gemeinschaftsraum plötzlich nicht

Weitere Kostenlose Bücher