Verborgene Macht
Hör mal, es tut mir leid, ich ...«
Wutschnaubend drehte er sich zu Cassie um. »Wie konntest du? Nach dem, was mit Jess passiert ist? Nachdem du gesehen hast, was Keiko Alice angetan hat? Jetzt machst du dasselbe mit deiner Freundin ?«
»Keiko? Keiko war nicht wie wir!«, warf Ayeesha wütend ein. »Keiko war sadistisch! Es hat ihr gefallen, beim Trinken Schmerz zuzufügen. Und Alice konnte sich ohnehin nicht daran erinnern!«
»Was macht das für einen Unterschied? Halt dich da raus!«, brüllte Jake. »Du bist genauso ein Monster wie — wie sie!« Er stach mit dem Finger in Cassies Richtung.
Cassie ignorierte ihn. Plötzlich spielte er keine Rolle mehr. Alles, was zählte, war...
»Isabella. Bist du dir sicher, dass es dir gut geht? Habe ... habe ich dir wehgetan?«
»Im Ernst. Es ist alles in Ordnung, Cassie. Jake, bitte ...«
»Verdammt noch mal, Isabella. Ist es dir egal, was ich denke oder was das für mich bedeutet...?«
»Jake, nein. So ist es nicht!«
»Ach wirklich? Du erlaubst dieser Lebenssaugerin, sich von dir zu nähren, und du wolltest es mich nicht einmal wissen lassen? Schön. Dann weiß ich jetzt zumindest, wo ich stehe.«
»Jake, bitte!« Isabella streckte flehentlich eine Hand nach ihm aus. »Sie hat mir nicht wehgetan. Sie würde mir niemals wehtun!«
Seine Stimme war nur noch ein Zischen. »Du wagst es, mir das ins Gesicht zu sagen? Vergiss es, Isabella. Aber vergiss nicht - vergiss niemals -, was sie meiner Schwester angetan haben.«
Mit diesen Worten drehte er ihnen den Rücken zu und stürmte aus dem Raum.
KAPITEL 17
Wenn sie sich vorher schon miserabel gefühlt hatte, war sie jetzt abgrundtief unglücklich. Cassie hatte das schreckliche Gefühl, dass sie Jake niemals wiedersehen würde. Sie sehnte sich danach, dass er das Klassenzimmer betrat, und gleichzeitig fürchtete sie sich davor. Er würde ihr niemals verzeihen. Niemals.
Selbst Ranjit konnte sie kaum anlächeln, als er sich neben sie setzte. Sie spürte seine Verwirrung, doch sie konnte den Blick nicht von der Tür lösen. Jedes Mal wenn sie aufging, setzte ihr Herz für einen Schlag aus. Doch als die Mathestunde begann, war immer noch keine Spur von Jake zu sehen. Worte und Zahlen gingen ihr unbeachtet zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder heraus. Als der Unterricht vorüber war, war sie so geistesabwesend, dass sie ihre Bücher zusammensammelte und ohne nachzudenken hinausging.
»Cassie!« Ranjit eilte hinter ihr her. »Hey. Was ist los? Habe ich etwas falsch gemacht?«
Sie zögerte. »Du? Nein, natürlich nicht.«
»Also, was ist los?«
Sie drehte sich um und sah ihn direkt an. Sein gut aussehendes Gesicht wirkte tatsächlich besorgt. »Tut mir leid. Ranjit, es tut mir leid. Es geht um Jake.«
Ranjits Gesicht nahm einen wachsamen Ausdruck an. »Was ist mit ihm?«
»Er hat mich am Freitag dabei erwischt, wie ich mich von Isabella genährt habe. Seither haben wir ihn nicht mehr gesehen. Er war weder im Unterricht noch in seinem Zimmer.«
Cassie biss sich auf die Unterlippe. Jetzt, da sie es laut ausgesprochen hatte, begriff sie erst richtig, wie schrecklich die Situation war.
»Oh, verdammt.«
»Ganz recht.« Unglücklich trat sie von einem Fuß auf den anderen. »Zuerst taucht Katerina wieder auf, dann das...«
»Hey, hör zu, vielleicht ist es das Beste, wenn er für ein Weilchen aus der Akademie verschwindet, bis er den Kopf frei bekommt. Er muss doch geahnt haben, was zwischen dir und Isabella läuft. Es kann kein allzu großer Schock gewesen sein. Er braucht einfach Zeit, um sich daran zu gewöhnen.«
Cassie spürte, wie die feinen Härchen in ihrem Nacken sich aufstellten. »Daran zu gewöhnen? Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass das passieren wird. Hat er sich an den Gedanken gewöhnt, dass man seiner Schwester das Leben ausgesaugt hat?« Irgendetwas brannte in ihren Augen, eine Hitze wie feine Nadelstiche, die sich bereits ausbreitete. Ranjit rieb sich mit der Faust die Stirn. »Tut mir leid. Tut mir leid, das war taktlos. Ich wollte nicht...«
»Es war eine dumme Bemerkung«, fuhr sie ihn an.
»Okay. Cassie, er wird sich schon fangen. Er muss.«
»Ach ja? Du weißt rein gar nichts über Jake.« Wütend blinzelte sie, um den rötlichen Schleier vor ihren Augen loszuwerden, dann drehte sie sich um und ging mit schnellen Schritten davon.
Kaum hatte sie sich von Ranjit entfernt, verebbte die Hitze in ihren Augen, und sie konnte wieder klar denken. Einen Moment lang glaubte sie,
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