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Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Poole
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wandte Cassie sich sehr bedächtig ab und ging davon.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Cassie, wie Isabella unter ihrem Pult die Tasten auf ihrem Handy drückte. Mal wieder. Madame Lefevre würde sie bald erwischen und dann saß sie in der Tinte. Man konnte Madames Geduld nur bis zu einem gewissen Punkt strapazieren - nicht weiter.
    Trotzdem konnte Cassie verstehen, dass Isabella das Risiko einging. Seit dem Wochenende hatte sie nichts mehr von Jake gehört: kein Anruf, keine SMS. Der Gesichtsausdruck ihrer Freundin wurde mit jedem fehlgeschlagenen Anruf zunehmend verzweifelt.
    »... und so sehen wir, dass Simone de Beauvoir viel über Menschlichkeit und Beziehungen zu sagen hat, selbst über die Welt des 21. Jahrhunderts, was der Grund ist, warum wir ihr noch immer zuhören, warum wir hören, was sie uns erzählt, denn wir werden so viel mehr gewinnen als das, was wir aus halb analphabetischen SMS während unserer Unterrichtsstunde lernen werden.«
    Oh, oh. Cassie schluckte, aber Isabella hatte Madames Warnung nicht einmal mitbekommen. Als die Lehrerin zum Pult ihrer Freundin stolzierte und mit den Fingern schnippte, weil sie das Handy haben wollte, erschrak Isabella beinahe zu Tode.
    »Sie können es sich nach dem Unterricht wieder abholen«, sagte Madame Lefevre knapp. »Diesmal.«
    Unglücklich und mit sichtlichem Widerwillen legte Isabella ihr Handy in Madames wartende Hand und fing dabei Cassies Blick auf. Cassie konnte nichts weiter tun, als sie tröstend anzusehen. Madame war nicht die strengste Lehrerin der Schule; Isabella hatte sich wirklich auffällig benommen.
    Trotzdem, Cassie wusste nicht, warum Madame Lefevre sich die Mühe gemacht hatte, das Handy zu beschlagnahmen; Isabella konzentrierte sich in den letzten zwanzig Minuten der Unterrichtsstunde kein bisschen besser  auf Simone de Beauvoir. Unter ihrem Pult rang sie die Hände, starrte mit leerem Blick auf ihr Lehrbuch und schaute nervös zum Fenster hinaus auf die Skyline von Manhattan. Lernen tat sie jedenfalls nichts.
    Cassie wartete auf Isabella, die nach dem Unterricht noch die Gardinenpredigt der Lehrerin über sich ergehen lassen musste. Ihre Finger zuckten, und als Madame ihr endlich das Handy zurückgab, stürzte sie hektisch wählend aus dem Unterrichtsraum.
    »Der Teilnehmer ist nicht erreichbar. Mal wieder! Warum hat er sein Telefon ausgeschaltet?«
    »Keine Ahnung.« Was hätte sie sonst sagen sollen? Sie konnte Isabella kaum erzählen, dass sie sich keine Sorgen machen solle. Jake war über die Maßen wütend gewesen. »Es tut mir so leid, Isabella.«
    »Es ist nicht deine Schuld.« Isabella tätschelte ihr den Arm. »Es ist meine. Ich habe gesagt, du könntest dich von mir nähren, nicht wahr? Ich war diejenige, die in Panik geraten ist. Und alles, weil...« Tränen schossen ihr in die Augen. »Alles weil ich darauf bestanden habe, es vor Jake  geheim zu halten. Ich wollte nicht, dass du mich belügst, aber dann habe ich ihn belogen. Siehst du? Es ist meine Schuld.«
    Cassie fühlte sich noch mieser. »Isabella, du darfst nicht...«
    »Ich sage es dir, er muss nach Hause gefahren sein, nach Queens.« Der Blick ihrer Freundin war in die Ferne gerichtet. »Ich weiß einfach nicht, warum er nicht einmal mit mir sprechen will. Und ich habe Angst, dass er, wenn ich in seinem Elternhaus aufkreuze, nur noch wütender wird... vielleicht werden sie mich nicht einmal hereinlassen.«
    »Moment mal, Isabella, du willst zu ihm nach Hause fahren? Ich weiß nicht, ob das im Augenblick so eine gute Idee ist.« Leichte Panik hatte von Cassie Besitz ergriffen — sie hatte gehofft, mit Jake sprechen zu können, bevor Isabella ihn erreichte. Ihre Mitbewohnerin hatte noch immer keine Ahnung, dass Jake von Katerinas Anwesenheit in New York wusste, und sie wollte nicht, dass Isabella in diese Angelegenheit mehr als unbedingt notwendig hineingezogen wurde. So viel war sie dem Mädchen schuldig.
    »Vielleicht ist es keine gute Idee. Aber ich muss es versuchen, oder?« Schwer atmend blieb Isabella stehen. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ich mache mir wirklich Sorgen. Seine Eltern waren nicht glücklich darüber, dass er in die Schule zurückgekehrt ist. Natürlich hat er sich deswegen mies gefühlt. Aber er ist trotzdem zurückgekommen, und das hat er zumindest zum Teil für mich getan. Und jetzt die Nahrungsaufnahme - und dass ich ihn belogen habe - das muss ihm den Rest gegeben haben. Ja? Er hat die Schule verlassen und ist nach Hause

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