Verborgene Sehnsucht
einspielte, griff sie nach ihrer Handtasche und zog sie auf den Schoß. Das riesige Ding beanspruchte jeden Zentimeter und sackte über die Außenseiten ihrer Oberschenkel, während sie darin herumkramte. Als sie auf eine Schachtel Aspirin stieß, nahm sie zwei heraus und schluckte sie in der Hoffnung, sie würden ihr wenigstens die Schmerzen nehmen, wenn sie schon keine Antworten bekam.
Warum … warum … warum?
Andauernd kreiste ihr diese Frage im Kopf herum, jagte ihren eigenen Schwanz und erinnerte sie bei jeder Runde daran, wie sehr sie die Welt doch hasste. Und sie hatte allen Grund dazu. Ihr Leben war nichts als eine endlose Aneinanderreihung von Warums . Die letzte Schreckensnachricht betraf Myst. Ihre beste Freundin war verschwunden. Entführt. Ermordet. Himmel, sie wusste nicht, was passiert war. Und, was für eine Überraschung, sonst wusste es auch niemand … einschließlich der Polizei.
Sie spürte einen Kloß im Hals, als sie an ihre beste Freundin dachte. Die ganze Angelegenheit war nicht mehr länger nur seltsam, sondern regelrecht furchteinflößend. Irgendetwas Schreckliches war im Haus von Caroline van Owen passiert.
Tania kaute auf der Innenseite ihrer Unterlippe, starrte aus dem Fenster und erdrosselte ihre Handtasche, während ihre Fantasie sich überschlug. Vielleicht war der gewalttätige Freund des Mädchens nach Hause gekommen. Vielleicht war Myst im Sperrfeuer gelandet. Vielleicht hatte ein platter Reifen sie dazu gebracht, irgendwo auf dem Heimweg abzubiegen, und ein Serienmörder hatte …
»Hör auf«, flüsterte sie und sah ihr Spiegelbild im Fenster an. »Reiß dich zusammen, du Angsthase.«
Sie versuchte es. Wirklich, aber … Herrgott. Sie machte sich selbst verrückt, indem sie sich alle möglichen entsetzlichen Szenarien vorstellte. Alle voller Kettensägen und Holzschreddermaschinen. Und die Cops, die mit der Sache betraut waren? Alles Arschlöcher. Okay, das war nicht fair. Detective Keen war cool. Tough, klar, aber mit mehr Mitgefühl als die meisten Polizisten. Aber ihr Partner?
Dieser verdammte Detective MacCord.
Der Kerl regte sie auf. Gleich aus mehreren Gründen. Keiner davon gefiel ihr. Und noch weniger wollte sie sie sich eingestehen. Er machte sie auf eine Art und Weise an, die fast gefährlich war, und das lag nicht nur daran, wie der Kerl seine Jeans trug. Okay, sie genoss es, ihn anzusehen, mit seinen eng sitzenden Hosen und allem drum und dran. Dieser Typ war der Wahnsinn, und man konnte keiner Frau vorwerfen, wenn sie das bemerkte. Schließlich war nichts passiert, oder?
Tania nickte. Das war alles. Nichts als ein gesundes Mädchen, das einen schönen Mann entdeckt hat – kein Problem.
Aber seine Wirkung auf sie war weitaus mehr als körperlich. Irgendetwas an ihm zog sie an. Vielleicht seine Ausstrahlung. Unberührbar. Verwirrend. Anders. Wie auch immer man es nannte, das gewisse Etwas hatte er jedenfalls im Überfluss. Und naiv oder nicht, sie hatte ihm glauben wollen, als er ihr sagte, sie solle sich keine Sorgen machen … dass er das ganze Durcheinander auflösen und Myst nach Hause bringen würde.
Und das ärgerte sie über alle Maßen.
Frauen aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert verließen sich nicht auf starke Männer mit aquamarinblauen Augen und durchtrainiertem Körperbau. Sie lösten ihre Probleme selbst. Es war fast schade. Ihr gefiel die Vorstellung, sich an ihn zu lehnen, seine starken Arme um sich zu spüren. Wie gut es sich anfühlen würde, wenn …
Heilige Scheiße. Diese Schwärmerei für MacCord würde aufhören müssen, und zwar schnell. Genauso wie ihre Tagträume. Himmel. Ihre Fantasie war so angeheizt, sie hätte schwören können, dass sie ihn schmeckte. Sein weiches Haar zwischen ihren Fingern spürte. Seinen Duft auf ihrer Haut roch. Seine Stimme hörte, wie sie ihren Namen flüsterte und ihr Verlangen in unbändige Gier verwandelte.
Feurig und heiß. Schlicht und einfach.
Oh Mann, sie musste sich zusammenreißen. Vor allem, da sie für den Nachmittag einen spontanen Überfall geplant hatte. Dem Detective musste mal jemand Feuer unterm Hintern machen, und sie war genau die Richtige dafür. Aber zuerst brauchte sie eine Dusche. Oder eine Runde im Schwimmbad. Der Gedanke an MacCord brachte sie zum Schwitzen, wobei sie bemerkte, dass sie nicht nur keine Uhr hatte, sondern auch am ganzen Körper klebte: das Baumwollshirt haftete an ihrem Rücken, die Haarsträhnen im Nacken feucht.
Tania kämmte mit den Händen durch das
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