Verbotene Früchte im Frühling
Kieswegs erreicht hatte, rauschte der Regen in heftigen Strömen herab, und der Wind peitschte gegen die Seiten des Gefährts. Matthew dachte an die Feiernden im Dorf und stellte sich belustigt vor, wie manche amouröse Absicht im Regen ertränkt wurde.
Dann hielt die Kutsche an. Der Regen trommelte lautstark auf das Dach. Normalerweise würde ein Diener mit einem Regenschirm zur Kutschentür kommen, doch bei diesem heftigen Unwetter würde ihm der Schirm aus den Händen gerissen werden.
Matthew zog seinen Überrock aus, legte ihn Daisy um die Schultern und zog ihn hoch bis über ihren Kopf. Es war nicht gerade ein angemessener Schutz, aber auf dem Weg zwischen der Kutsche und der vorderen Tür würde er sie vor dem Schlimmsten bewahren.
„Du wirst nass werden“, widersprach Daisy und warf einen Blick auf ihn, der jetzt nur noch Hemd und Weste trug.
Er lachte. „Ich bin nicht aus Zucker.“
„Ich auch nicht.“
„Doch“, sagte er leise, und sie errötete. Beim Anblick ihres Gesichts, das aus den Falten seines Rockes hervorlugte wie eine kleine Eule im Wald, lächelte er. „Du nimmst den Rock“, sagte er. „Bis zur Tür ist es nicht weit.“
Dann klopfte es hastig, und die Kutschentür wurde von einem Diener geöffnet, der tapfer mit einem Schirm kämpfte, bis der von einer Windböe umgestülpt wurde. Als Matthew aus dem Wagen sprang, hatte ihn der strömende Regen sofort völlig durchnässt. Er klopfte dem Diener auf die Schulter. „Gehen Sie hinein“, rief er ihm gegen den Sturm an zu. „Ich helfe Miss Bowman ins Haus.“
Der Diener nickte und eilte hastig ins Trockene zurück.
Matthew drehte sich wieder zur Kutsche um, streckte beide Arme hinein, hob Daisy heraus und stellte sie behutsam auf den Boden. Dann führte er sie den mit Pfützen übersäten Weg entlang, die Haupttreppe hinauf, und blieb erst stehen, als sie die Schwelle überschritten hatten.
In der Eingangshalle war es warm und hell. Das nasse Hemd klebte an Matthews Schultern, und bei der Vorstellung, an einem warmen Kaminfeuer zu sitzen, überlief ihn ein wohliger Schauer.
„O Liebster“, sagte Daisy und lächelte, während sie sich streckte, um ihm das nasse Haar aus der Stirn zu streichen.
„Du bist völlig durchnässt.“
Ein Hausmädchen eilte mit einem Armvoll frischer Handtücher auf sie zu. Matthew dankte ihr mit einem Nicken, nibbelte sich mit kräftigen Bewegungen das Haar trocken und tupfte sich das Wasser vom Gesicht. Dann beugte er sich vor, damit Daisy ihm das Haar mit den Fingern kämmen konnte, so gut es eben ging.
Als er jemanden herankommen hörte, warf Matthew einen Blick über seine Schulter zurück. Westcliff hatte die Eingangshalle betreten. Seine Miene war ernst, und in seinen Augen lag etwas, ein besorgter Ausdruck, der Matthew ein unbehagliches Gefühl verursachte. Er ahnte nichts Gutes.
„Swift“, sagte der Earl ruhig, „wir haben heute Abend unangemeldeten Besuch bekommen. Die Gäste haben uns bisher noch nicht gesagt, was sie auf dieses Anwesen geführt hat, nur, dass es um etwas geht, das Sie betrifft.“
Matthews Unbehagen steigerte sich, und ihm wurde so kalt, dass er das Gefühl hatte, das Blut in seinen Adern würde gefrieren. „Um wen handelt es sich?“, fragte er.
„Ein Mr. Wendeil Waring, aus Boston – und zwei Konstabler aus der Bow Street.“
Matthew stand reglos da, während er die Neuigkeiten aufnahm. Ein Gefühl grenzenloser Verzweiflung überkam ihn.
Gütiger Himmel, dachte er. Wie hat Waring mich hier in England finden können? Wie … Ach, egal. Es war alles vorbei. All diese Jahre, die er dem Schicksal gestohlen hatte. Jetzt rächte es sich an ihm. Sein Herz begann zu rasen, und er verspürte den dringenden Wunsch davonzulaufen. Doch er konnte nirgendwohin laufen, und selbst wenn er es gekonnt hätte – er hatte es satt, in der Furcht vor diesem Tag zu leben.
Er fühlte, wie Daisy ihre kleine Hand in seine schob, doch er erwiderte den Druck ihrer Finger nicht. Er sah in Westcliffs Gesicht. Was immer in Matthews Augen liegen mochte, es entlockte dem Earl einen tiefen Seufzer.
„Verdammt“, murmelte Westcliff. „Es ist schlimm, oder?“
Matthew brachte nur ein einziges Nicken zustande. Er entzog Daisy seine Hand. Sie versuchte nicht, ihn noch einmal zu berühren. Ihre Verwirrung schien ihm beinahe greifbar zu sein.
Nachdem er eine Weile nachgedacht hatte, straffte Westcliff die Schultern. „Also dann“, sagte er entschieden.
„Gehen wir und finden es
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