Verbotene Früchte im Frühling
ausging, an der ihre beiden Körper miteinander verbunden waren, und sich von dort aus bis in ihre Finger und Zehenspitzen ausbreitete. Matthew näherte sich seinem Höhepunkt, zitterte in ihren zarten Armen, und als er den Kopf auf ihre Brust legte, sie seine hastigen Atemzüge auf ihrer Haut fühlte, spürte er noch das Entzücken, das sich auf jene Stelle konzentrierte, an der sie ihn noch immer umfangen hielt.
Daisy wusste, dass er sie liebte – sie fühlte es bei jedem Schlag seines Herzens, während er sich an sie presste. Er hatte es Westcliff gegenüber zugegeben und auch Lillian gegenüber, doch aus irgendeinem Grund hatte er es Daisy selbst noch nicht gesagt.
Für Daisy gehörte Liebe nicht zu den Gefühlen, denen man sich in sorgfältig abgemessenen Schritten näherte. Sie wollte sich mit aller Kraft hineinfallen lassen, voller Vertrauen und mit absoluter Ehrlichkeit – lauter Dinge, für die Matthew offensichtlich noch nicht bereit war.
Aber eines Tages, das versprach sie sich selbst, wird es keine Barrieren zwischen uns geben. Eines Tages …
16. KAPITEL
Seit Jahrhunderten schon wurde auf Stony Cross Manor das Maifest gefeiert. Anfangs war es eine heidnische Zeremonie gewesen, mit der das Ende des Winters und die Rückkehr der fruchtbaren Zeit der Erde bejubelt wurde.
Seither hatte es sich zu einer dreitägigen Feierlichkeit entwickelt, zu der Spiele gehörten, Essen, Tanz und jede nur vorstellbare Art von Lustbarkeit.
Während des Festes mischten sich der lokale Adel, Farmer und Leute aus der Stadt ganz zwanglos untereinander, trotz der Proteste des Klerus und anderer konservativ denkender Menschen, die sagten, das Maifest sei nichts als eine Ausrede, um sich der Unzucht hinzugeben und sich öffentlich zu betrinken. Doch wie Lillian ein wenig boshaft zu Daisy bemerkte, schien das Interesse umso mehr zu wachsen, je mehr die Sündhaftigkeit der Vorgänge beim Maifest beklagt wurde.
Der ovale Rasenplatz im Dorf wurde von Fackeln erhellt. Weiter entfernt schickte ein Freudenfeuer riesige Rauchschwaden in den von Wolken verhangenen Himmel. Den ganzen Tag lang schon war der Himmel bedeckt gewesen, Feuchtigkeit hatte in der Luft gelegen und auf einen bevorstehenden Sturm hingedeutet. Zum Glück jedoch schien das Unwetter von den heidnischen Gottheiten noch in Schach gehalten zu werden, und das Fest konnte wie geplant stattfinden.
Mit Matthew an ihrer Seite ging Daisy an den hölzernen Ständen entlang, die an der High Street errichtet worden waren und Stoffe, Spielzeug, Galanteriewaren, Silberschmuck und Glas feilboten. Sie war entschlossen, in kurzer Zeit so viel wie möglich zu sehen und zu tun, denn Westcliff hatte ihnen dringend angeraten, möglichst zeitig vor Mitternacht ins Herrenhaus zurückzukehren.
„Je später die Stunde, desto hemmungsloser wird das Fest verlaufen“, hatte der Earl bedeutungsvoll gesagt. „Unter dem Einfluss von Wein – und verborgen hinter Masken – neigen Menschen dazu, Dinge zu tun, die zu tun sie bei Tageslicht niemals wagen würden.“
„Oh, was macht schon das eine oder andere Fruchtbarkeitsritual hier und da?“, hatte Daisy heiter gescherzt. „Ich bin nicht so unschuldig, dass …“
„Wir werden rechtzeitig wieder zurück sein“, hatte Matthew dem Earl geantwortet.
Nun, da sie sich ihren Weg durch das überfüllte Dorf bahnten, verstand Daisy, was Westcliff gemeint hatte. Noch immer war es früh am Abend, doch schon jetzt zeigte sich, dass der reichlich geflossene Wein die Sitten gelockert hatte. Die Menschen umarmten einander, stritten, lachten und spielten. Manche legten Blumengebinde an die Stämme der ältesten Eichen, gossen Wein auf die Wurzeln oder …
„Gütiger Himmel“, sagte Daisy, als ein irritierender Anblick in der Ferne ihre Aufmerksamkeit erregte. „Was tun sie dort dem armen Baum an?“
Matthew umfasste ihren Kopf und drehte ihn entschlossen in die andere Richtung. „Sieh nicht hin.“
„War das eine Form von Anbetung oder …“
„Gehen wir und sehen den Seiltänzern zu“, sagte er mit plötzlicher Begeisterung und führte sie zu der anderen Seite der Wiese.
Langsam schlenderten sie an Feuerschluckern vorüber, an Zauberkünstlern und Jongleuren und blieben stehen, um neuen Wein zu kaufen. Daisy trank vorsichtig aus dem Weinschlauch, doch ein Tropfen lief ihr über die Lippen.
Matthew lächelte und wollte gerade sein Taschentuch hervorholen, als er sich anders besann. Er beugte sich vor und küsste den Tropfen
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