Verbotene Früchte im Frühling
sagte Wendell Waring schrill. Waring gehörte zu jenen unglücklichen Männern, deren hohe Stimme nicht zu ihren körperlichen Proportionen passen wollte. Abgesehen davon war Waring sehr distinguiert in Haltung und Auftreten, hatte dichtes, silbergraues Haar mit makellos gestutzten Koteletten und einem dichten weißen Bart.
Mit dem altmodischen Anzug und dem teuren, wenn auch abgetragenen Tweedmantel repräsentierte er ganz das alte Boston, und ihn umgab jene Aura von Selbstsicherheit, die nur in einer Familie mit Generationen von Harvard-Absolventen entstehen konnte. Seine Augen wirkten wie ungeschliffene Quarzsteine – hart, hell und vollkommen ohne Glanz.
Waring ging auf Westcliff zu und hielt ihm eine Handvoll Papiere hin. „Nachweis meiner Autorisierung“, sagte er verächtlich. „Dies ist die Kopie einer diplomatischen Anfrage, in der der amerikanische Staatssekretär um die Inhaftierung bittet. Eine Kopie der Anweisung des britischen Innenministers Sir James Graham an den obersten Richter der Bow Street, den Befehl auszugeben, Matthew Phaelan alias Matthew Swift in Haft zu nehmen. Kopien der eidesstattlichen Erklärungen in Bezug auf …“
„Mr. Waring“, unterbrach ihn Westcliff mit einer Sanftheit, die nicht über den gefährlichen Klang seiner Stimme hinwegtäuschen konnte. „Sie können mich hier an Ort und Stelle begraben unter Kopien von allem Möglichen von Haftbefehlen bis hin zur Gutenbergbibel. Das bedeutet nicht, dass ich Ihnen diesen Mann ausliefere.“
„Ihnen bleibt keine Wahl! Er ist ein verurteilter Krimineller, der in den Vereinigten Staaten gesucht wird, egal, wer etwas dagegen einzuwenden hat.“
„Keine Wahl?“ Westcliff machte große Augen, und sein Gesicht wurde tiefrot. „Himmel, selten wurde meine Geduld bisher im selben Maße strapaziert wie jetzt! Der Boden, auf dem Sie hier stehen, ist seit fünf Jahrhunderten im Besitz meiner Familie, und auf diesem Land, in diesem Haus, habe einzig und allein ich das Sagen. Und jetzt werden Sie mir in so höflichem Tonfall, wie es Ihnen nur möglich ist, sagen, welche Schwierigkeiten Sie mit diesem Mann haben.“
Wenn Marcus, Lord Westcliff, zornig war, bot er einen wirklich einschüchternden Anblick. Matthew bezweifelte, dass selbst Wendeil Waring, zu dessen Freunden Präsidenten und andere einflussreiche Männer zählten, jemals einen Mann mit mehr natürlicher Autorität getroffen hatte. Die beiden Konstabier blickten unbehaglich von einem der beiden zum anderen.
Waring antwortete, ohne Matthew dabei anzusehen, als wäre dessen Anblick zu abscheulich für ihn, als dass er ihn ertragen könnte. „Sie alle kennen den Mann, der hier vor Ihnen sitzt, unter dem Namen Matthew Swift. Er hat jeden betrogen und hintergangen, der ihm bisher begegnet ist. Der Welt würde ein guter Dienst erwiesen, wenn er ausgelöscht wird wie irgendein Ungeziefer. An dem Tag …“
„Pardon, Sir“, wurde er von Daisy mit einer Höflichkeit unterbrochen, die an Hohn grenzte, „aber ich würde die schlichte Version vorziehen. Ihre Meinung über Mr. Swifts Charakter interessiert mich nicht.“
„Sein Nachname lautet Phaelan, nicht Swift“, gab Waring zurück. „Er ist der Sohn eines irischen Trunkenboldes.
Als Säugling wurde er ins Waisenhaus am Charles gebracht, nachdem seine Mutter im Kindbett gestorben war. Ich hatte das Unglück, Bekanntschaft mit Matthew Phaelan zu schließen, als ich ihn im Alter von elf Jahren kaufte, damit er meinem Sohn Harry als Kammerdiener und Kamerad diente.“
„Sie kauften ihn?“, wiederholte Daisy voller Abscheu. „Mir war nicht bewusst, dass Waisenkinder wie Waren gehandelt werden.“
„Dann stellte ich ihn eben ein“, sagte Waring und musterte sie. „Und wer sind Sie, kühne Miss, dass Sie es wagen, Ältere zu unterbrechen?“
Plötzlich mischte sich Thomas Bowman in das Gespräch ein. Sein Schnurrbart zuckte, so wütend war er. „Sie ist meine Tochter!“, brüllte er zornig. „Und sie kann sagen, was sie will!“
Überrascht, dass ihr Vater sie verteidigte, schenkte Daisy ihm ein kurzes Lächeln und wandte ihre Aufmerksamkeit dann wieder Waring zu. „Wie lange stand Mr. Phaelan in Ihren Diensten?“
„Sieben Jahre. Er kümmerte sich in der Schule um meinen Sohn, erledigte seine Pflichten, kümmerte sich um persönliche Dinge und kam mit ihm zusammen während der Ferien nach Hause.“ Er warf einen Blick auf Matthew, und in seinen Augen erschien ein anklagender Ausdruck.
Nun, da jener,
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