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Verbotene Früchte im Frühling

Titel: Verbotene Früchte im Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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unterdrückte einen klagenden Aufschrei, als er sie ansah.
    Daisys Gesicht war bleich, doch sie wirkte bemerkenswert ruhig. Vor Sorge hatten sich rote Flecken auf ihren Wangen gebildet, die sich grell von ihrer bleichen Haut abhoben. Sie kniete auf dem Teppich neben seinem Stuhl nieder und untersuchte die Handschellen. Um seine Gelenke lagen eiserne Ringe, die mit einem Schloss an einen anderen, größeren Ring gefügt waren, an dem einer der Konstabier ihn später vermutlich führen würde.
    Als Matthew den Kopf hob, bemerkte er die Anwesenheit zweier hochgewachsener Polizisten, die die typische Sommeruniform trugen: weiße Hosen, schwarze Fräcke mit hohen Kragen und feste Zylinder. Sie standen mit finsteren Mienen daneben, während Wendell Waring, Westcliff und Thomas Bowman hitzig miteinander stritten.
    Daisy fingerte an dem Schloss der Handschellen herum. Matthew versetzte es einen schmerzhaften Stich, als er sah, wie sie sich mit einer Haarnadel daran zu schaffen machte. Die Fähigkeit der Bowman-Schwestern, Schlösser zu knacken, war berüchtigt, mühsam erworben mit den Jahren als Folge der vergeblichen Versuche ihrer Eltern, sie mit Strafen zu erziehen. Aber Daisys Hände zitterten zu sehr, um mit dem fremden Schloss fertig zu werden – und jeder Versuch, ihn zu befreien, war offensichtlich völlig sinnlos. Himmel, wenn er sie doch nur wegzaubern könnte von all diesem Hässlichen, von seiner Vergangenheit – von ihm selbst. „Nein“, sagte Matthew leise. „Es lohnt sich nicht, Daisy, bitte …“
    „Das genügt“, sagte einer der Polizisten, als er Daisys Bemühungen bemerkte. „Gehen Sie weg von dem Gefangenen, Miss.“ Als er bemerkte, dass sie ihn nicht beachtete, trat der Mann mit halb erhobenen Händen auf sie zu. „Miss, ich sagte, Sie sollen …“
    „Wagen Sie es ja nicht, Sie anzufassen“, fuhr Lillian ihn an. Ihre Stimme klang so bedrohlich, dass einen Moment lang vollkommene Stille im Zimmer herrschte. Selbst Westcliff und Waring verstummten für einen Moment überrascht.
    Lillian warf noch einen Blick auf den verblüfften Konstabler, ging dann zu Daisy und schob sie zur Seite.
    Verächtlich sagte sie zu den Konstablern: „Ehe Sie auch nur einen Schritt in meine Richtung machen, rate ich Ihnen zu bedenken, was es für Ihre Karrieren bedeuten würde, wenn bekannt wird, dass Sie die Countess of Westcliff in ihrem eigenen Haus misshandelt haben.“ Sie zog eine Nadel aus ihrem Haar und kniete an Daisys Stelle neben Matthew nieder. Es dauerte nur Sekunden, bis das Schloss klickte und die Handschellen herunterfielen.
    Ehe Matthew ihr danken konnte, stand Lillian wieder auf und setzte ihre Tirade gegen die Konstabier fort. „Ein schönes Paar sind Sie, nehmen Befehle von einem schlecht erzogenen Yankee entgegen, damit Sie die Gastfreundschaft eines Haushalts missbrauchen, der Ihnen Schutz vor dem Unwetter bot. Offensichtlich sind Sie nicht klug genug, um zu wissen, welche finanzielle und politische Unterstützung mein Gemahl der New Police hat zukommen lassen. Er muss nur einen Finger rühren, um den britischen Innenminister und den obersten Richter der Bow Street innerhalb weniger Tage ihres Amtes entheben und durch jemand anders ersetzen zu können. Wenn ich also an Ihrer Stelle wäre …“
    „Verzeihung, aber wir hatten keine Wahl, Mylady“, widersprach einer der beiden Konstabier. „Wir haben den Befehl, Mr. Phaelan zur Bow Street zu bringen.“
    „Wer zum Teufel ist Mr. Phaelan?“, wollte Lillian wissen.
    Offensichtlich verblüfft von diesem wie selbstverständlich über ihren Lippen kommenden Fluch der Countess, sagte der Konstabier: „Der da.“ Er deutete auf Matthew.
    Wohl wissend, dass die Blicke aller auf ihn gerichtet waren, setzte Matthew eine ausdruckslose Miene auf.
    Als Erste im Raum rührte sich Daisy. Sie nahm die klirrenden Handschellen von Matthews Schoß und ging zur Tür, wo sich eine kleine Gruppe neugieriger Dienstboten versammelt hatte. Nach einem kurzen geflüsterten Wortwechsel kehrte sie zurück und setzte sich auf einen Stuhl gleich neben Matthew.
    „Und ich dachte vorhin noch, das würde ein langweiliger Abend zu Hause werden“, sagte Lillian und nahm auf dem Stuhl an Matthews anderer Seite Platz, als wolle sie helfen, ihn zu verteidigen.
    Sanft sagte Daisy zu Matthew: „Ist das dein Name? Matthew Phaelan?“
    Er konnte nicht antworten. All seine Muskeln waren angespannt, so sehr wehrte er sich gegen den Klang dieses Namens.
    „Das ist er“,

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