Verbotene Früchte im Frühling
versucht, dich aus England wegzubringen, werde ich ihn zum Teufel schicken.“
Daisy, die noch immer auf dem Boden saß, streckte einen Arm aus und tätschelte der Schwester beruhigend das Knie. Sie zwang sich zu einem aufmunternden Lächeln, während sie in Lillians angespannte Miene sah.
„Alles wird wieder gut“, sagte sie. „Wir werden uns etwas ausdenken. Wir müssen es einfach schaffen.“ Zu viele Jahre waren sie einander so nahe gewesen. In Ermangelung elterlicher Zuneigung waren Lillian und Daisy sich gegenseitig ein Halt und eine liebevolle Stütze gewesen, solange sie beide denken konnten.
Evie, die schweigsamste der vier Freundinnen, sprach mit einem leichten Stottern, das immer auftrat, wenn sie aufgeregt war oder sehr bewegt. Als sie einander vor zwei Jahren zum ersten Mal begegnet waren, war Evies Stottern so schwerwiegend gewesen, dass jedes Gespräch für sie zur Qual wurde. Doch seit sie ihre Familie verlassen hatte, bei der sie schlecht behandelt worden war, und mit Lord St. Vincent verheiratet war, hatte sie sehr viel an Selbstvertrauen gewonnen.
„W…wäre Mr. Swift wirklich damit einverstanden, jemanden zu heiraten, den er nicht selbst gewählt hat?“ Evie strich sich eine ihrer schimmernden roten Locken zurück, die ihr in die Stirn gefallen war. „Wenn es stimmt, was er sagt – dass seine finanzielle Situation gesichert ist –, dann gibt es für ihn keinen Grund, Daisy zu heiraten.“
„Hier geht es nicht nur um Geld“, erwiderte Lillian und rückte in ihrem Stuhl hin und her, um eine bequemere Haltung zu finden. Dabei ließ sie eine Hand auf ihrem Bauch ruhen. „Vater hat in Swift eine Art Sohnersatz gefunden, da keiner unserer Brüder sich so entwickelt hat, wie er es sich wünschte.“
„Wie er es sich wünschte?“, fragte Annabelle erstaunt. Sie beugte sich vor und küsste die winzigen Zehen ihres Babys, was der Kleinen ein entzücktes Kichern entlockte.
„Einer, der nur für die Firma lebt“, erläuterte Daisy. „Pragmatisch, gefühllos und ohne Skrupel. Ein Mann, der seine Geschäftsinteressen über alles andere in seinem Leben stellt. Vater und Mr. Swift sprechen dieselbe Sprache.
Unser Bruder Ransom hat versucht, sich einen Platz in der Firma zu erobern, aber Vater hat ihn immer gegen Mr. Swift ausgespielt.“
„Und Mr. Swift gewinnt immer“, fügte Daisy hinzu. „Armer Ransom.“
„Unsere beiden anderen Brüder haben es nicht einmal versucht“, meinte Lillian.
„A…aber was ist mit Mr. Swifts eigenem Vater?“, fragte Evie. „Hat er nichts dagegen, dass sein Sohn sozusagen der Sohn eines anderen wird?“
„Nun, das war schon immer ein wenig merkwürdig“, erwiderte Daisy. „Mr. Swift entstammt einer bekannten Familie aus New England. Sie haben sich in Plymouth niedergelassen, und einige von ihnen sind Anfang des 18.
Jahrhunderts nach Boston gezogen. Die Swifts sind bekannt für ihre vornehme Abstammung, aber nur wenigen von ihnen ist es gelungen, ihr Geld zu behalten. Vater sagt immer, die eine Generation erwirbt das Geld, die andere gibt es aus, und der dritten bleibt nur noch der Name. Natürlich reden wir hier über das alte Boston, da braucht es nicht drei Generationen, sondern zehn. Sie sind bei allem so viel langsamer …“
„Du schweifst ab, meine Liebe“, wurde sie von Lillian unterbrochen. „Komm zurück zum Thema.“
„Tut mir leid.“ Daisy lächelte, dann sprach sie weiter. „Nun, wir vermuten, dass es eine Art Streit zwischen Mr. Swift und seiner Familie gegeben haben muss, da er kaum jemals von ihnen spricht. Und er fährt auch nur selten nach Massachusetts, um sie zu besuchen. Selbst wenn also Mr. Swifts Vater etwas dagegen haben sollte, dass sein Sohn Teil einer anderen Familie wird, würden wir es nicht erfahren.“
Während sie über die Situation nachdachten, schwiegen die vier jungen Frauen einen Moment lang.
„Wir werden jemanden für Daisy finden“, erklärte Evie. „Nun, da wir auch außerhalb des Adels suchen können, wird es einfacher werden. Es gibt viele annehmbare Herren aus guter Familie, die keinen Titel besitzen.“
„Mr. Hunt hat viele unverheiratete Bekannte“, sagte Annabelle. „Er könnte dir jede Menge vorstellen.“
„Das würde ich zu schätzen wissen“, erwiderte Daisy. „Aber die Vorstellung, einen Geschäftsmann zu heiraten, gefällt mir nicht. Mit einem herzlosen Industriellen könnte ich niemals glücklich werden.“ Nach einer Pause fügte sie entschuldigend hinzu:
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