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Verbotene Früchte im Frühling

Titel: Verbotene Früchte im Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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zu verkuppeln.
    Himmel! In all den Jahren waren Matthew in Bezug auf Daisy Bowman alle möglichen Gedanken durch den Kopf gegangen, doch der an eine Heirat war nicht dabei gewesen. Das war ihm immer so unmöglich erschienen, dass es keine Überlegung wert war. Daher hatte Matthew sie nie geküsst und niemals mit ihr getanzt oder war auch nur mit ihr spazieren gegangen, wohl wissend, dass die Folgen katastrophal sein würden.
    Die Geheimnisse seiner Vergangenheit prägten seine Gegenwart und gefährdeten seine Zukunft. Matthew war sich stets bewusst, dass die Identität, die er sich geschaffen hatte, jeden Moment auffliegen konnte. Es musste nur jemand eins und eins zusammenzählen – oder jemand ihn wiedererkennen als der, der er einst gewesen war. Daisy verdiente einen Mann, der ehrlich und vollkommen war, nicht jemanden, der sein Leben auf Lügen aufgebaut hatte.
    Aber das hinderte Matthew nicht daran, sie zu begehren. Das war schon immer so gewesen, und er begehrte sie mit einer Heftigkeit, die jede Faser seines Körpers zu erfassen schien. Daisy war freundlich, liebenswürdig, fantasievoll, außerordentlich vernünftig und doch unglaublich romantisch, und in ihren funkelnden dunklen Augen konnte er von tausend Träumen lesen. Gelegentlich war sie ungeschickt, wenn sie in Gedanken zu sehr mit ihren Geschichten beschäftigt war, um sich auf das zu konzentrieren, was sie gerade tat. Oft kam sie zu spät zum Essen, weil sie in ihr Buch vertieft gewesen war. Gelegentlich verlor sie Fingerhüte, Schuhe und Bleistifte. Und sie liebte es, die Sterne zu beobachten. Der Anblick, wie Daisy eines Nachts auf dem Balkon stand und ihr keckes Profil sich vor dem dunklen Himmel abhob, hatte Matthew mit dem heftigsten Verlangen erfüllt, zu ihr zu gehen und sie zu küssen, bis ihr schwindelig wurde.
    Viel zu oft, als es gut für ihn war, hatte er sich vorgestellt, mit ihr im Bett zu liegen. Falls dieses Ereignis jemals eingetreten wäre, hätte er sie so zärtlich geliebt, wäre so behutsam gewesen – hätte alles getan, um ihr Vergnügen zu bereiten. Er sehnte sich danach, ihr Haar unter seinen Händen zu spüren, ihre weichen Hüften an seiner Haut, ihre glatten Schultern an seinen Lippen. Ihr Gewicht in seinen Armen, wenn sie schlief. All das wünschte er sich und noch viel mehr.
    Es erstaunte Matthew, dass bisher niemand etwas von seinen Gefühlen ahnte. Daisy hätte es erkennen müssen, jedes Mal, wenn er sie ansah. Zu Matthews Glück hatte sie das niemals getan. Sie hatte ihn immer nur als ein weiteres Zahnrad in der Maschinerie der Firma ihres Vaters gesehen, und dafür war Matthew ihr sehr dankbar gewesen.
    Doch etwas hatte sich verändert. Er dachte daran, wie Daisy ihn vorhin angesehen hatte, erinnerte sich an den erstaunten Ausdruck in ihrem Gesicht. Hatte er sich denn wirklich so sehr verändert?
    Gedankenverloren schob Matthew sich die Hände in die Taschen und wanderte durch Stony Cross Manor. Über sein Aussehen hatte er sich bisher nie Gedanken gemacht, solange sein Haar geschnitten war und sein Gesicht sauber. Er hatte in New England eine strenge Erziehung genossen, sodass ihm jede Neigung zur Eitelkeit ausgetrieben worden war. Die Leute in Boston verabscheuten Überheblichkeit und vermieden alles, was neu und modisch wirkte.
    Doch in den letzten Jahren hatte Thomas Bowman darauf bestanden, dass Matthew seinen Schneider in der Park Avenue aufsuchte und zu einem Friseur ging anstatt zu einem Barbier. Außerdem ließ er sich hin und wieder die Nägel maniküren, wie es sich für einen Mann in seiner Position gehörte. Auf Bowmans Anweisung hin hatte Matthew außerdem eine Köchin und eine Haushälterin engagiert, was dazu führte, dass er in der letzten Zeit weitaus besser ernährt war als zuvor. Verbunden mit dem Umstand, dass er etwas älter geworden war, verlieh ihm dies alles ein neues, reiferes Aussehen. Er fragte sich, ob das Daisy wohl gefiel, und ärgerte sich gleichzeitig, weil es ihn interessierte.
    Aber wie sie ihn heute betrachtet hatte – als sehe sie ihn, bemerke sie ihn zum allerersten Mal …
    So hatte sie ihn bisher noch nie angesehen, bei keiner der Gelegenheiten, als er ihre Familie in dem Haus an der Fifth Avenue besucht hatte. Er dachte zurück an jenen Tag, als er Daisy das erste Mal begegnet war, bei einem privaten Essen im engen Familienkreis.
    Der großartige Speisesaal hatte gefunkelt im Licht des kristallenen Lüsters, die Wände waren bedeckt von einer dicken, vergoldeten Tapete

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