Verbotene Früchte im Frühling
immer tun, wenn nichts anderes mehr half – sie saßen schweigend mit Lillian zusammen und ließen sie wissen, dass das alles ihnen nicht egal war.
Ein heißes Bad beruhigte Daisys Körper und entspannte ihre vibrierenden Nerven. Sie blieb in dem dampfenden Wasser, bis sie sich matt und müde fühlte und der Kopfschmerz nachgelassen hatte. Dann spürte sie frische Kräfte, zog ein rüschenbesetztes weißes Nachthemd an und begann, sich das Haar zu bürsten, während zwei Mädchen den Badezuber hinaustrugen.
Sie bürstete sich das Haar, bis die taillenlangen Locken wie Ebenholz glänzten. Dann starrte sie durch das offene Fenster, das zum Balkon hinausführte, in die feuchte Frühlingsnacht hinaus. Der sternenlose Himmel war von derselben Farbe wie dunkle Pflaumen.
Daisy lächelte gedankenverloren, dann hörte sie die Zimmertür hinter sich klicken.
Sie vermutete, eines der Mädchen sei zurückgekommen, um ein Stück Seife oder ein Handtuch zu holen, und blickte weiterhin in die Nacht hinaus.
Plötzlich fühlte sie auf ihrer Schulter eine warme Berührung, und dann eine Hand, die quer über ihre Brust glitt.
Erschrocken stand sie auf und wurde langsam rückwärts gegen eine harte, männliche Brust gezogen.
Matthews tiefe Stimme kitzelte sie am Ohr. „Woran hast du gedacht?“
„An dich natürlich.“ Daisy lehnte sich an ihn und streichelte mit den Fingern seinen behaarten Unterarm bis hinauf zu den hochgerollten Ärmeln. Dabei richtete sie ihren Blick wieder nach draußen. „Dieser Raum gehörte einer der Schwestern des Earls“, sagte sie. „Man hat mir erzählt, dass ihr Geliebter – ein Stalljunge – den Balkon hinaufkletterte, wenn er sie besuchen wollte. Genau wie Romeo.“
„Ich hoffe, das Risiko hat sich gelohnt“, sagte er.
„Würdest du denn um meinetwillen solche Risiken auf dich nehmen?“
„Wenn das die einzige Möglichkeit wäre, um mit dir zusammen zu sein. Aber es ist sinnlos, zwei Stockwerke hoch zu einem Balkon hinaufzuklettern, wenn es eine ganz hervorragende Tür gibt.“
„Die Tür zu benutzen ist aber nicht halb so romantisch.“
„Ein gebrochener Hals auch nicht.“
„Wie pragmatisch“, sagte Daisy und drehte sich lachend in seinen Armen herum. Matthews Kleider rochen nach frischer Luft und ein wenig auch nach Tabak. Nach dem Dinner musste er mit einigen der Gentlemen hinaus auf die rückwärtige Terrasse gegangen sein.
Sie schmiegte sich enger an ihn, roch die Stärke in seinem Hemd und den sauberen, vertrauten Duft seiner Haut.
„Ich mag die Art, wie du riechst“, sagte sie. „Ich könnte mit verbundenen Augen in einen Raum mit hundert Männern gehen und würde dich dort finden.“
„Noch ein Salonspiel“, sagte er, und sie mussten beide lachen.
Daisy nahm seine Hand und zog ihn zum Bett. „Komm, leg dich zu mir.“
Matthew schüttelte den Kopf und blieb stehen. „Ich kann nur ein paar Minuten bleiben. Bei Tagesanbruch reisen Westcliff und ich ab.“ Er ließ den Blick verlangend über ihr braves Rüschennachthemd gleiten. „Und wenn wir auch nur in die Nähe dieses Bettes gehen, dann werde ich nicht anders können, als dich zu lieben.“
„Es würde mir nichts ausmachen“, erwiderte Daisy scheu.
Er nahm sie in die Arme und drückte sie behutsam an sich. „Nicht so bald nach dem ersten Mal. Du musst dich ausruhen.“
„Warum bist du dann hier?“
Daisy fühlte, wie er seine Wange an ihrem Kopf rieb. Sogar nach allem, was zwischen ihnen geschehen war, schien es ihr kaum glaubhaft, dass Matthew Swift sie so liebevoll festhielt. „Ich wollte nur Gute Nacht sagen“, murmelte er. „Und dir sagen …“
Fragend blickte Daisy zu ihm auf, und er gab ihr rasch einen Kuss, als könne er nicht anders. „… du wirst niemals einen Grund haben, dich zu sorgen, dass ich jemals meine Meinung über eine Ehe mit dir ändern könnte“, sagte er.
„Tatsächlich wird es dir jetzt verdammt schwerfallen, mich loszuwerden.“
„Ja“, sagte Daisy und lächelte ihm zu. „Ich weiß, dass du verlässlich bist.“
Matthew zwang sich, sie loszulassen, und ging widerstrebend zur Tür. Vorsichtig öffnete er sie einen Spaltbreit und spähte hinaus, um sicherzugehen, dass der Gang leer war.
„Matthew“, flüsterte sie.
Über die Schulter hinweg sah er sie an. „Ja?“
„Komm bald zurück zu mir.“
Was immer er in ihrem Gesicht sah, seine Augen schienen aufzuleuchten dabei. Dann nickte er kurz und ging, solange er dazu noch in der Lage war.
13.
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