Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
gleichgültig, wie oft sie es befriedigte.
Das lag nur an ihm , an Santos.
Ein Stück vor ihr sickerte an den Rändern geschwärzter Fenster und rings um die schweren, von innen verriegelten Metalltüren Licht heraus. Das Gute kämpfte darum, das Böse zu erobern. Hope zog den leichten Umhang fester um sich. Das Gute würde triumphieren, daran glaubte sie, sie musste einfach. Andernfalls wäre sie verloren.
Sie näherte sich dem Licht. Nur noch wenige Meter, und sie konnte diesen gottverdammten Ort verlassen. Vielleicht gab das Biest dann Ruhe. Sie zählte die Stufen, erreichte die Tür, drückte sie auf und eilte hinaus.
Die frische Luft klärte ihr den Kopf, doch sie konnte nicht aufhören zu zittern. Tief durchatmend eilte sie zu ihrem Wagen und betete, von niemandem gesehen zu werden. Es war ihr unmöglich gewesen, auf die Deckung der Nacht zu warten. Das Biest in ihr hatte sich keine Stunde länger unterdrücken lassen.
Sie stieg in ihren Wagen und gestattete sich einen Moment der Sammlung. Wie erwartet, drängte das Sonnenlicht das Böse zurück, und sie empfand inneren Frieden. Sie umklammerte das Lenkrad, legte den Kopf auf die Lehne und schloss die Augen.
Die Tage und Wochen seit dem Besuch von Victor Santos waren ein Albtraum gewesen. Nach Rücksprache mit ihrem Anwalt war sie jedoch auf Santos’ Plan eingegangen und hatte ihn bis ins Detail ausgeführt, obwohl es sie krankgemacht hatte. Sie hatte für ihre Umgebung das tragische Opfer gespielt, die liebende Tochter, die zum Schutz des eigenen Lebens die geliebte Mutter verlassen musste.
Erstaunlicherweise hatten Freunde und Geschäftspartner zu ihr gestanden. Obwohl sie sich keine Illusionen machte, wie in der feinen Gesellschaft von New Orleans über sie geredet wurde. Vordergründig applaudierte man ihrem Mut, hatte Mitgefühl und verstand sie.
Wenn sich die Leute unbeobachtet fühlten, zeigten sie jedoch ihren Ekel und ihren Abscheu. Kein Bereich ihres Lebens blieb davon unberührt. Sogar Pater Rapier betrachtete sie neuerdings mit anderen Augen.
Sie war das Fleisch von Huren, schmutzig und gewöhnlich. Sie war gezeichnet von Sünde. Das Böse lachte herausfordernd. Indem ihr der Schleier der Reinheit genommen war, verdoppelte das Biest in ihr seine Kraft. Es forderte ununterbrochen sein Recht und gab keinen Moment Ruhe.
Die Beherrschung, auf die sie einst stolz gewesen war und die sie schützte, versagte mehr und mehr. Sie war gezeichnet von Sünde, das konnten nun alle sehen.
Hope öffnete die Augen. Das Sonnenlicht stach hinein, doch sie hieß den Schmerz willkommen. Sie nahm die rechte Hand vom Lenkrad und betrachtete die Innenfläche. Sie war rot und blutunterlaufen von der Peitsche. Sie wünschte, sie hätte Victor Santos’ Schmerzensschreie gehört, hätte ihn strafen können. Ihr Hass auf ihn kannte keine Grenzen und loderte, dass ihr heiß wurde.
Er glaubte, er hätte gewonnen. Sie konnte sich sein amüsiertes Lachen vorstellen. Er traf sich mit Glory, dass hatte sie ihr geradezu trotzig mitgeteilt. Glory verstand nichts, sie erkannte das Böse nicht hinter der schönen Fassade. So war es immer gewesen. Sie musste Glory die Wahrheit zeigen und sie retten.
Hope fröstelte. Sie würde es Victor Santos heimzahlen. Sie hatte Freunde, Menschen, die ihr für einen gewissen Preis immer geholfen hatten.
O ja, es würde Victor Santos noch Leid tun, dass er es gewagt hatte, Hope St. Germaine in die Ecke zu drängen.
TEIL 7
Paradies
57. KAPITEL
New Orleans, Louisiana, 1996
Chop Robichaux war eines der Wahrzeichen des French Quarter, das Touristen nicht zu Gesicht bekamen. Vor allem denen bekannt, die zum sündigen, abartig veranlagten Unterleib der Stadt gehörten und deren sexuelle Neigungen den Gesetzen Gottes und der Menschen zuwiderliefen. Dann allerdings kannten sie Chop als trickreichen, instinktsicheren Geschäftsmann, der den Ruf genoss, ständig auf den Füßen zu landen und für einen gewissen Preis jede Perversion zu liefern.
Chop hatte Informationen über den Schneewittchen-Killer.
Santos legte den Hörer auf die Gabel und schürzte nachdenklich die Lippen. Wenn er den Schneewittchen-Killer fassen wolle, solle er sofort in Chops Club in der Bourbon Street kommen.
Santos rieb sich mit dem Zeigefinger den Nasenflügel. Er traute Chop Robichaux nicht. Aber wenn einer im Quarter Informationen darüber haben konnte, wer junge Prostituierte niedermetzelte, dann Chop. Schließlich waren junge Prostituierte sein
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