Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
alte Erinnerungen, was?“
„Ja. Schöne Erinnerungen.“
Glory schob die Hände tiefer in die Taschen ihrer Shorts. „Für mich auch, obwohl ich hier nie gelebt habe.“
„Dich verbindet mehr Geschichte mit diesem Haus als mich, aber auf andere Art.“
Sie dachte bewegt an Lily und die Tagebücher und musste sich räuspern. „Möchtest du einen Eistee oder eine Limo oder sonst etwas?“
„Nein danke.“
Nein, er will nichts von mir. Sie senkte den Blick und sah Santos wieder an, als sie fragte: „Woher wusstest du, dass ich hier bin?“
„Eine Ahnung. Zusammen mit einem Tipp von deinem stellvertretenden Geschäftsführer. Seltsam, wie einem eine Polizeimarke die Türen öffnet.“
„Vincent ist nicht mein bedachtsamster Angestellter, aber seine Tüchtigkeit macht einiges wett. Und was brachte dich auf deine Ahnung?“
„Dein Mienenspiel, als du erfuhrst, dass du das Haus erbst.“
„Tut mir Leid, Santos. Ich weiß, du wolltest …“
„Keine Entschuldigungen. Ich wollte es nicht.“
„Lügner“, widersprach sie leise, aber ohne Bosheit. „Ich kann die Wahrheit in deinen Augen lesen.“
Er neigte nur bestätigend den Kopf, ging zum Verandageländer und blickte die Eichenallee hinunter zum Flussdamm. „Ich fühle mich nicht schlecht dabei, Glory.“
„Nur irgendwie traurig.“
„Ja, irgendwie traurig.“ Er blickte lächelnd über die Schulter zurück. „Da es dir gehört, wie findest du es?“
„Ich liebe es, und ich gehöre hierher.“ Sie stellte sich neben ihn und sah zum Horizont. „Ich weiß gar nicht, warum dieses Haus so eine Wirkung auf mich hat. Es verwirrt mich und macht mir ein bisschen Angst.“
Er wandte sich ihr zu, und eine Zeit lang sahen sie sich nur schweigend in die Augen. Dann richtete Santos den Blick wieder zum Fluss.
Sie verlor den Blickkontakt nur ungern. Auch Santos hatte Einfluss auf sie und ihr Leben. Selbst nach all den Jahren noch. Vor langer Zeit hatte sie Liz einmal gesagt, er sei ihr Schicksal. Das klang heute nach dem naiven Geschwätz einer Halbwüchsigen, doch irgendwie stimmte es. Sie konnte sich nicht von ihm lösen. Sie konnte ihn nicht vergessen, und irgendwie kam sie ohne ihn nicht weiter. Seit sie wieder zusammen gewesen waren, plagte sie eine quälende Sehnsucht nach ihm.
Santos wandte sich ihr plötzlich zu und betrachtete sie forschend. Sie wusste, dass er ihr die Gedanken vom Gesicht ablas, und bemühte sich nicht, sie zu verbergen. Sie wollte, dass er ihre Sehnsucht bemerkte.
Sie fühlte sich kühn, frei und Schwindel erregend lebendig. Fast hätte sie aufgelacht. Vielleicht war sie durch die Tagebücher beeinflusst worden, durch die Berichte von Frauen, die sich hemmungslos hingegeben hatten.
Vielleicht war sie auch nur endlich so weit, ihre eigenen Bedürfnisse anzuerkennen.
Sie legte Santos eine Hand an die Wange und strich ihm mit dem Daumen über die Lippen. „Ich will mit dir schlafen.“
Er legte seine Hand auf ihre. „Glory, ich …“
„Nein.“ Sie führte seine Finger an ihre Lippen, küsste sie, berührte sie mit der Zunge, sog daran. Sie war so ehrlich wie seit Jahren nicht, seit mehr als zehn, als sie das erste Mal einen Mann wirklich gewollt hatte. Doch damals war sie unerfahren gewesen. Heute wusste sie, was sie wollte und was sie geben konnte. „Du willst mich auch“, raunte sie, „ich weiß es.“
„Ja“, bestätigte er mit rauer Stimme. „Ja, ich will dich wirklich, aber …“
„Kein Aber. Komm.“ Sie führte ihn ins Haus, die Treppe hinauf, zu einem der großen, weichen Betten. Die Fenster standen offen, die Brise vom Mississippi bewegte die Gardinen. Flecken von Sonnenlicht sprenkelten Boden und Wände.
Gemeinsam sanken sie aufs Bett. Minuten wurden zur Ewigkeit, die Zeit stand still und entglitt ihnen in zärtlicher Umarmung.
Glory verriet Santos ihre Wünsche, und er erfüllte sie, wie sie seine erfüllte. Ihr Liebesspiel war exquisit, im Wechsel zärtlich und rau, fiebrig und genießerisch.
Hinterher lagen sie eng umschlungen zusammen, schweißnass und atemlos und doch völlig entspannt. Santos zog sich nicht von ihr zurück, und sie war froh darüber, obwohl sie sich keine Illusionen machte, was soeben zwischen ihnen geschehen war.
Sie ließ einen Finger über seine Brust gleiten. Es war ihr angenehm, das feste, muskulöse Fleisch zu spüren. „Bedauerst du es?“ fragte sie leise.
„Nein.“ Er wandte ihr das Gesicht zu. „Und du?“
„Wie könnte ich? Es war absolut …
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