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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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dass ihre Mutter etwas plante. Mrs Coopers Rückkehr sollte sicher ein Geburtagsgeschenk werden.
    Also wartete Glory gespannt auf ihren achten Geburtstag. Sie zählte die Tage, dann die Stunden und war immer noch so brav, wie sie nur sein konnte.
    An ihrem Geburtstag rannte sie hinunter in den Frühstücksraum, um Mrs Cooper zu begrüßen. Sie freute sich auf das sanfte Lächeln und die freundlichen blauen Augen. Und sie freute sich darauf, nach Danny zu fragen.
    Stattdessen wurde sie von der strengen Mrs Hillcrest begrüßt, ihrer neuen Haushälterin.
    Tief enttäuscht rannte Glory in ihr Schlafzimmer zurück und schloss sich ein. Sie warf sich aufs Bett und weinte. Sie war so sicher gewesen, dass ihre Mutter sie überraschen wollte. Und sie hatte sich doch so bemüht, sich dieser Überraschung würdig zu erweisen.
    Jetzt kenne ich die Wahrheit.
    Ihre Mutter dachte gar nicht daran, Mrs Cooper wieder einzustellen. Gleichgültig, wie sehr sie sich bemühte und wie hart sie daran arbeitete, sie genügte den Ansprüchen ihrer Mutter einfach nicht. Sie würde ihre Mutter nie glücklich oder stolz machen. Sie würde nie die Tochter sein, die ihre Mutter sich wünschte.
    Glory schlang die Arme um sich. Sie verstand nicht, was sie angestellt hatte. Sie verstand nicht, warum sie immer scheiterte. Aber das würde sich nie ändern.
    Und Mama hatte das die ganze Zeit gewusst. Glory wurde plötzlich zornig. Selbst als ihre Mutter auf den Handel eingegangen war, hatte sie gewusst, dass sie mit ihrer Tochter nie zufrieden sein würde. Sie hatte gar nicht die Absicht gehabt, Mrs Cooper wieder einzustellen.
    Glory geriet außer sich vor Wut. Ihre Mutter hatte gelogen und sie auszutricksen versucht.
    Der Zorn ließ Glorys Tränen versiegen, überwand ihren Kummer und ihre Enttäuschung und brachte ihr seltsamerweise ein wenig inneren Frieden.
    Viel später, als sie die flackernden Kerzen auf ihrem Geburtstagskuchen betrachtete und die letzten Noten von Happy Birthday verklangen, dachte sie daran, dass sie sich zu jedem Geburtstag dasselbe gewünscht hatte: Mama sollte sie lieb haben.
    Ab jetzt nicht mehr, entschied sie trotzig, das Herz schwer vor Enttäuschung. Nie wieder würde sie einen Wunsch an ihre Mutter verschwenden.
    Glory holte tief Luft und blies die Kerzen aus.

TEIL 4
    Familie

 
14. KAPITEL
    New Orleans, 1980
    Ich habe es satt. Santos nahm seinen Seesack vom Schlafzimmerschrank. Er hatte genug von der bezahlten Fürsorge und dem falschen Verständnis. Er wollte hier weg.
    Und diesmal würde der Staat ihn nicht finden. Diesmal würden sie ihm keine neue Ersatzfamilie aufzwingen.
    In den fünfzehn Monaten seit der Ermordung seiner Mutter hatte der Staat ihn in vier Pflegefamilien eingewiesen. In jeder hatte er eine Lektion gelernt. Die erste hatte ihn gelehrt, sie keinesfalls als echte Familie, als seine Familie zu betrachten. Für die war er nichts weiter als ein Job, eine Einkommensquelle.
    Die zweite hatte ihn gelehrt, nicht zu weinen, gleichgültig, was ihm gesagt oder getan wurde und wie sehr er litt. Sein Schmerz war seine Privatangelegenheit, etwas, das nur ihn anging. Er lernte rasch, dass er sich der Lächerlichkeit preisgab, sobald er seine wahren Gefühle zeigte.
    Die dritte Familie hatte ihn gelehrt, nichts von anderen zu erwarten, nicht mal grundlegende menschliche Anständigkeit. Von dieser, seiner vierten Familie, hatte er nichts gelernt, weil er einfach keine Schwachstelle mehr hatte, die nicht schon verletzt worden wäre. Er hatte keine Hoffnung, keine Illusionen und keinen geheimen Wunsch, von ihnen geliebt zu werden. Er hatte sich vor seiner Pflegefamilie und seiner Umwelt verschlossen.
    Folgerichtig galt er bei den Familien, bei Sozialarbeitern, Lehrern und der Schulverwaltung als schwierig und unkommunikativ.
    Santos ballte die Hände zu Fäusten. Seit über einem Jahr litt er unter den Folgen der Ermordung seiner Mutter, hatte in vier verschiedenen Familien, in vier verschiedenen Stadtteilen gelebt und vier verschiedene Schulen besucht. Er hatte alle alten Freunde verloren und keine neuen gewonnen. Sein ganzes Leben hatte sich verändert, und trotzdem wurde er als schwierig und verstockt abgestempelt. Es war genau so, wie seine Kumpels immer gesagt hatten: Das System macht dich fertig.
    Diesmal werden sie mich nicht finden.
    Santos leerte seine Schubladen und stopfte seine mageren Besitztümer in den Seesack. Man würde ihn nicht finden, weil er jetzt wusste, was er bei seinen vorherigen

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