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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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sich. „Warum hast du es mir nicht erzählt? Hast du mir nicht genügend vertraut?“
    „Das war es nicht“, erwiderte sie leise mit tränenerstickter Stimme. „Ich würde dir mein Leben anvertrauen, Victor. Aber ich konnte es dir nicht sagen, weil ich versprochen hatte zu schweigen. Sie wollte nicht, dass irgendjemand erfuhr …“
    „Dass du ihre Mutter bist“, beendete Santos den Satz, voller Abscheu gegen Lilys Tochter. „Und das findest du richtig, Lily? Es macht dich nicht wütend?“
    „Du verstehst das nicht.“ Sie legte eine Hand an den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. Nach einem Moment fuhr sie gefasst fort: „Sie hat sich ein eigenes Leben geschaffen, ein gutes, ein sauberes. Sie hat das Pierron-Erbe der Sünde hinter sich gelassen. Dieses Erbe hing wie eine dunkle Wolke über meinem Leben. Sie hat sich davon befreit.“
    „Glory weiß von dir, von meinem rettenden Engel.“ Er streichelte ihr lächelnd die Hand. „Das ist deine Chance, deine Enkelin kennen zu lernen. Du hast dir immer gewünscht, an ihrem Leben teilzunehmen, das kannst du jetzt.“ Lily schloss zitternd die Finger um seine. „Sie hält dich jetzt schon für wunderbar. Wenn sie dich erst kennen lernt, wird sie dich lieben wie ich.“
    „Nein.“ Lily zog ihre Hand zurück. „Niemals. Ich kann sie nicht kennen lernen.“
    „Aber warum nicht? Sie ist nicht wie deine Tochter. Sie ist warmherzig und liebevoll … sie ist wie du.“
    Lily wurde noch bleicher und schwankte, als würde sie ohnmächtig werden. „Sag das nicht. Sag das nie mehr, Santos.“
    Er mochte seinen Ohren nicht trauen. Ihre Reaktion war frustrierend und machte ihn zornig. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie tief die Scham in ihr saß. Und ihm dämmerte, dass Hopes Hass auf ihre Mutter in gewisser Weise Lilys Selbsthass widerspiegelte. „Aber das ist doch verrückt, Lily. Du sehnst dich nach deiner Enkelin, und jetzt hast du die Chance, mit ihr zusammenzukommen.“
    Sie schüttelte den Kopf und wich zurück wie abgestoßen. „Ich will nicht, dass sie erfährt, was ihre Großmutter war. Sie soll nicht erfahren, von wem sie abstammt. Niemals.“
    Santos kannte Lily gut genug, um zu wissen, dass ihre Entscheidung endgültig war. Dennoch versuchte er es noch einmal. „Das war in der Vergangenheit. Heute bist du anders. Dein gutes Herz zählt.“ Er stand auf und kniete sich vor sie. „Lily, ich kann Gut von Böse und Recht von Unrecht unterscheiden.“ Er nahm wieder ihre Hände und zwang Lily, ihn anzusehen. „Du bist ein guter Mensch. Du hast mich aufgenommen, du hast für mich gesorgt und mir ein Heim gegeben. Du hast mir Liebe gegeben. Das hast du getan, obwohl ich ein Niemand für dich war.“
    Tief durchatmend, fuhr er fort: „Was deine Tochter getan hat, wie sie dich behandelt, ist falsch. Deine Selbsteinschätzung ist falsch. Dich zu kennen würde Glorys Leben bereichern. Mit dir zusammen zu sein, würde auch das Leben deiner Tochter bereichern. Die beiden sind die Verlierer.“
    Lilys Augen füllten sich mit Tränen, ihre Lippen bebten. Als sie schließlich sprach, flüsterte sie nur: „Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie mich … auch zurückweisen würde. Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie mich … mit Geringschätzung behandelte. Ich will nicht, dass sie es erfährt. Das musst du mir versprechen.“
    „Das kann ich nicht, Lily. Ich gebe keine Versprechen, die ich nicht halten kann.“
    Eine Träne rollte ihr über die Wange. „Nutze deine Chance auf Liebe, Santos. Aber dann musst du mich verlassen. Vielleicht nicht heute oder morgen, doch du kannst nicht zu Glory gehören und zu mir. Du wirst wählen müssen.“

 
36. KAPITEL
    Glory saß lange auf der Treppe vor Liz’ Wohnung, starr vor Entsetzen und in der erstickenden Gewissheit, dass Unheil drohte. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, und konnte sich nicht genügend konzentrieren, um ihre nächsten Schritte zu bedenken.
    Von draußen hörte sie Donnergrollen, in Liz’ Wohnung war es still.
    Glory ließ den Kopf in die Hände sinken. Sie hätte schreien mögen, weil ihre Mutter alles wusste. Wenn sie doch nur auf Santos und Liz gehört hätte. Doch das hatte sie nicht, und nun verlor sie die beiden Menschen, die ihr am wichtigsten waren.
    Wie sollte sie ohne Santos und Liz weiterleben? Allein wie zuvor, schrecklich allein?
    Es war unmöglich. Sie musste diese Sache aus der Welt schaffen. Es musste jemand geben, der ihr half, der auf ihrer und Santos’ Seite

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