Verbotene Lust
Buch neben die Tastatur gelegt. Ein bisschen als Ansporn und Motivation. Sie hatte das schließlich geschafft, dannwürde ihr auch dieser Roman gelingen, so dachte sie. Außerdem war es ein gutes Gefühl, in dem Roman zu blättern, manche Sätze zu lesen und sich zu wundern, dass man selbst so was mal geschrieben hatte …
Sie gab Marlene das Buch.
»Das bist du?« Marlene starrte auf den weißen Umschlag und blickte dann zu ihr auf. »Aber … ich hab deine ersten beiden Bücher gelesen, und ich hab sie geliebt! So ein Zufall …«
Sonja glaubte nicht an Zufälle.
»Hast du das hier auch schon gelesen?«, fragte sie.
»Nein … Ich hab’s wohl gekauft, aber dann …« Marlene biss sich auf die Lippen. »Und jetzt schreibst du ein neues Buch?«
»Darum bin ich hier.«
»Wow.« Sie legte das Buch zurück auf den Tisch und strich andächtig über den geprägten Schutzumschlag. »Eine echte Schriftstellerin.«
»Ach, so besonders ist das nicht.« Aber ein bisschen erfüllte Marlenes Bewunderung sie dennoch mit Stolz. Sonja schenkte ihnen Kaffee nach. »Aber jetzt sag doch mal, warum du hier in der Einöde herumirrst. Bist du weggelaufen?«
Marlenes Finger strichen über den geprägten Druck. Hin und her, rauf und runter. »Mh«, machte sie. »Ich möchte da eigentlich nicht drüber reden.«
»Und wo willst du hin? Ich meine … hier kannst du nicht bleiben …« Als sie das sagte, kam Sonja sich schäbig vor.
Aber Marlene schüttelte heftig den Kopf. »Nee, ich verschwinde, sobald meine Sachen aus der Waschmaschine sind, keine Sorge.«
»Und dann?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Irgendwas wird sich schon finden.«
Sie stand auf und begann, den Frühstückstisch abzuräumen, fegte die Krümel von der Tischplatte auf ihren Teller und deckte die Butter ab. »So lange kann ich mich ja ein bisschen nützlich machen.« Ihr Lächeln wirkte so traurig und verletzt, dass Sonja ihr beinahe angeboten hätte zu bleiben.
Aber sie blieb misstrauisch. Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass Marlene etwas im Schilde führte.
Sie stand auf. »Also, ich bin dann im Arbeitszimmer. Du kannst ja Bescheid sagen, wenn du gehst.«
Marlene nahm gerade das Buch vom Tisch. »Darf ich ein bisschen lesen, wenn ich in der Küche fertig bin?«, fragte sie leise.
»Klar.« Sonja nahm ihren Kaffeebecher und ging ins Arbeitszimmer. Die Tür schloss sie behutsam hinter sich.
Hoffentlich war Marlene mittags wirklich verschwunden. Sie wollte mit André allein sein. Das Letzte, was sie brauchen konnte, war eine andere Frau, bei der er seinen Schwanz nicht in der Hose lassen konnte.
Aber sie ist so jung und unschuldig, dachte Sonja.
Und genau das, befand sie, war das Problem.
Vier Stunden später wagte Sonja sich wieder aus ihrem Arbeitszimmer. Zwischendurch hatte André zweimal nach ihr geschaut; einmal brachte er ihr einen aufgeschnittenen Apfel und eine Handvoll Studentenfutter,auf einem Teller arrangiert. Beim zweiten Mal brachte er frischen Kaffee und eine Flasche Wasser.
Beide Male blieb er ein paar Minuten, und Sonja lehnte sich im Schreibtischstuhl zurück, während sie redeten.
»Geht es voran?«, fragte er beim zweiten Besuch, und sie wiegte den Kopf. Ihr Finger spielte mit dem Rädchen der Maus.
»Geht so«, erwiderte sie.
»In einer Stunde gibt’s Essen.«
Das erstaunte sie. André war nicht gerade ein begeisterter Koch. »Was gibt’s denn?«
»Keine Ahnung. Marlene kocht.«
»Sind ihre Sachen inzwischen fertig?« Eigentlich wollte sie fragen: Ist sie immer noch nicht weg?
»Schon, aber sie hat den ganzen Morgen im Haus herumgewuselt, hat geputzt, Brot gebacken und gekocht. Und jetzt sitzt sie auf dem Sofa und liest dein Buch.« Er zögerte. »Käme mir ziemlich unfair vor, sie jetzt vor die Tür zu setzen, findest du nicht?«
»Hm.« Sie klickte die Freecell-Partie weg, mit der sie ihr Gehirn zwischen den – viel zu seltenen – Phasen, in denen die Seiten nur so aus ihr herausflossen, beschäftigt hielt. »Ich hab ein ungutes Gefühl«, gab sie zu.
André schloss die Tür. Er setzte sich in den Sessel vor dem Fenster. »Wieso?«, fragte er.
»Ich weiß nicht. Sie macht auf mich den Eindruck, als wäre es kein Zufall, dass sie hier ist. Und dann hat sie so komisch reagiert, als ich ihr erzählt habe, was ich mache. Du weißt ja, wie die Leute sind.«
»Die meisten finden es sehr spannend, dass du schreibst.«
»Ja, aber sie kennt meine Bücher!«
Jetzt lachte André. Er stand auf
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