Verbotene Lust
paar Einkäufe, das sollte sich doch jeder leisten können, oder nicht? Vielleicht unterschätzte sie Marlene einfach, weil sie vor einer Woche abgerissen und verstört wie eine Ausreißerin bei ihnen aufgetaucht war.
Trotzdem: Zu viele Rätsel und Geheimnisse umgaben Marlene.
Während sie die dritte Traube aß, die Marlene ihr darbot, beschloss sie, endlich dem Geheimnis ihrer Dauerbesucherin auf die Spur zu kommen.
Aber sie wollte nichts überstürzen. Erst wollte sienoch ein paar Trauben und das Abendessen genießen …
Und wer wusste schon so genau, was sich danach ergab?
Während die Frauen nach dem Essen abspülten, machte André es ihnen im Wohnraum gemütlich. Er entzündete Aromakerzen, die einen milden Vanilleduft verströmten, und er versuchte sich auch am Kamin, der aber vor allem rußte, weil das Holz zu feucht war. Erst nachdem er den Abzug richtig eingestellt hatte, ergab sich immerhin ein leicht flackerndes Feuer.
Sonja saß schließlich zwischen Marlene und André auf dem Sofa. Sie sprachen zunächst nicht viel, und fast hätte Sonja geglaubt, dieser Abend werde ein Reinfall, als Marlene endlich etwas sagte.
»Als ich achtzehn war, habe ich das erste Mal eine Frau geküsst.« Ihr Blick huschte misstrauisch zu ihnen herüber. »Das erste Mal mit einem Mann hatte ich mit neunzehn. Aber es war nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte.«
Sonja atmete tief durch. Sie hatte zwar mehr über Marlene erfahren wollen, aber dass sie sofort Bettgeschichten erzählte, hatte sie nicht erwartet.
»Dann magst du gar keine Männer?«, fragte André.
Sonja warf ihm einen wütenden Blick zu. Lass sie doch erst mal erzählen!, hätte sie am liebsten gezischt, aber er verstand ihren Blick und lächelte entschuldigend.
Marlene lachte auf. »Mein Gott, nein. Ich liebe Männer. Und Frauen. Bei mir war es nur so, dass ich zuerst mit Frauen geschlafen habe. Es ergab sich einfachso, und ich habe irgendwie nie das Bedürfnis verspürt, etwas anderes auszuprobieren.«
»Wie alt bist du eigentlich?« Sonja versuchte, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu geben, nicht zu neugierig zu wirken.
Marlene schaute sie nicht an. »Dreiundzwanzig.«
Sie war älter, als Sonja gedacht hätte. Was war es, das sie so jung wirken ließ? War es diese kaum kaschierte Verletzlichkeit?
»Habt ihr geredet?«, fragte Marlene. Sie blickte nacheinander beide an. »Über das, was gestern früh passiert ist?«
André räusperte sich, und Sonja verschränkte die Arme vor der Brust. Weil sie merkte, wie abwehrend das wirkte, zwang sie sich, die Hände locker auf ihre Oberschenkel zu legen.
»Ja, ein wenig.« André zögerte. »Wir mögen dich, Marlene. Und … eigentlich führen wir eine offene Ehe, in der es kein Problem ist, wenn einer von uns beiden sich darüber hinaus andere Sexualpartner sucht.«
»Aber wir hatten zuletzt … also, wir hatten uns überlegt, dass wir ein halbes Jahr darauf verzichten, solange wir es nicht gemeinsam machen. Und gegen diese Regel habe ich verstoßen«, fügte Sonja hinzu.
André hob die Hand, als wollte er Sonja zum Schweigen bringen. Sie atmete tief durch. Mussten sie sich Marlene überhaupt erklären?
Ja. Weil sie sich darin einig waren, dass sie beide Marlene wollten. Gemeinsam.
»Was wir damit sagen wollen, ist doch nur, dass … es kam etwas überraschend. Aber es ist okay, jederzeit. Wenn du es möchtest.«
Marlene lächelte. Sie schwieg, und dann nahm sie einfach Sonjas Hand. Sie stand auf, zog Sonja auf die Füße und ging Richtung Treppe.
»Ist das Antwort genug?«, fragte sie André über die Schulter. »Kommst du mit?«
Er folgte ihnen.
* * *
Sie überlegte kurz, ob sie die beiden in ihr eigenes Schlafzimmer führen sollte. Aber Sonja nahm ihr diese Entscheidung ab. Sie strebte das große Schlafzimmer an, ging jetzt voran. Marlene spürte André direkt hinter sich. Seine Hände lagen auf ihren Hüften. Sie war hin- und hergerissen zwischen den beiden, wollte zugleich Sonja folgen und sich an André drücken.
In den nächsten Stunden gab es keinen Platz für den Hass auf ihn. Sie durfte sich ganz von der Lust regieren lassen.
Sie blinzelte, weil das Deckenlicht so hell war. Sonja stand am Fußende des Betts. Sie zog Marlene an sich. Sie küssten sich, während André lautlos im Zimmer umherging. Er schloss die Vorhänge und schaltete die dekorative Lampe in der Zimmerecke ein, die nur gedämpftes Licht verbreitete. Nachdem er das Deckenlicht gelöscht hatte, kam er zu ihnen.
Marlene
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