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Verbotene Nacht (German Edition)

Verbotene Nacht (German Edition)

Titel: Verbotene Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desiree Cavegn
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“Deine Kindheit kann nicht leicht gewesen sein.”
“Meine Kindheit ist es nicht wert, darüber zu sprechen.”
“Aber…”
“Ich war auf dem besten Weg, dem Vorbild meiner Mutter zu folgen. Dann hat Shanna, meine Schwester, einen Job im Dices gefunden, dem Vorläufer von Cleopatra. Shanna ist von zu Hause ausgezogen. Wenige Wochen später hat sie mich zu sich geholt, doch ich habe kaum eine Woche bei ihr gewohnt, als sie mich auch schon in eine Entzugsklinik eingewiesen hat. Damals war ich siebzehn. Ein Jahr lang ging ich durch die Hölle, projizierte all meine Wut und meinen Hass auf Shanna.”
Kyrill wanderte in Gedanken zurück an den Ort, an dem er vor zwanzig Jahren den Drogen den Rücken gekehrt hatte.
Im Zimmer herrschte absolute Stille. Elli griff zögernd nach Kyrills Hand, drückte sie sanft, eine Berührung, die ihn in die Gegenwart zurückbrachte. Er atmete tief durch.
“Das war meine Rettung.”
“Oh, Kyrill.” Aus einem inneren Impuls heraus schlang Elli die Arme um seinen Hals, vergrub ihren Kopf in seiner Halsbeuge. Kyrill streichelte ihren Rücken.
“Ich bin sicher, die Kindheit in einer Pfarrersfamilie hat anders ausgesehen.”
Elli spielte schon mit dem Gedanken, Kyrill erneut für seine Spionage zu rügen, doch als sie seinen nachdenklichen, leicht gequälten Gesichtsausdruck sah, schluckte sie ihren Tadel hinunter. Stattdessen schmiegte sie sich noch dichter an Kyrill.
“Für mich schon”, murmelte sie sanft.
“Was meinst du damit?”
“Meine Schwester Janka…” Ellis Stimme brach.
“Ich weiss. Mein Informant hat mir darüber erzählt.”
“Du hast auch Informationen über meine Schwester eingeholt?”
Ungläubig blickte Elli zu Kyrill auf.
“Über alle und jedes, was mit dir in Verbindung steht.”
Elli seufzte resigniert auf. Doch statt sich über Kyrill aufzuregen, wanderten ihre Gedanken zu ihrer Schwester. Ellis Augen begannen gefährlich zu glänzen, als sie an Janka dachte. So viel Mühe ihre Eltern sich auch gegeben hatten, sie hatten Janka nicht vor dem Bösen beschützen können, das mitten unter ihnen gelauert hatte. Niemals, nicht in ihren kühnsten Träumen wären ihre Eltern auf die Idee gekommen, dass zwei Schüler aus Jankas Klasse das Böse verkörperten. Jankas Schulkameraden hatten Janka missbraucht, sie mit Todesdrohungen daran gehindert, jemanden von den Vorfällen zu erzählen. Erst nach Monaten hatte Jankas Freundin per Zufall gemerkt, was vor sich ging. Erst danach war an den Tag gekommen, zu was für Handlungen Jankas Mitschüler ihre Schwester gezwungen hatten.
Erst im Nachhinein, als es schon zu spät gewesen war, war Ellis Eltern aufgefallen, wie mager ihre jüngste Tochter geworden war, wie zurückgezogen sie sich während der vergangenen Monate verhalten hatte. Nachdem der Missbrauch ans Licht gekommen war, war ihre Familie vor Gericht gegangen. Nach dem Prozess gegen ihre Peiniger hatte Janka geglaubt, es keine Sekunde länger in Lanzingen auszuhalten. Sie hatte die Stadt verlassen wollen, sie verlassen müssen, um den neugierigen Blicken zu entgehen und das Grauen verarbeiten zu können. Ihre Eltern hatte ein Internat in den Bergen mit guter psychologischer Betreuung gefunden, das jedoch entsprechend teuer war. Das Schulgeld konnte gerade mal für ein Jahr bezahlt werden, bis zu diesem Sommer. Im Herbst hätte Janka also wieder in ihre Heimatstadt zurückkehren und auf die öffentliche Schule gehen müssen. Doch Janka hatte den Gedanken daran, in die Stadt des Grauens zurückzukehren, nicht ertragen. In der Folge hatte sich Janka an sie, Elli, gewandt, sie um finanzielle Hilfe gebeten und dann, als das Schulgeld für ein weiteres Semester nicht umgehend eingetroffen war, unter Tränen gedroht, sich das Leben zu nehmen. Elli hatte diese Drohung sehr ernst genommen, nicht zuletzt weil Janka bereits einen Suizidversuch hinter sich hatte. Elli war fest entschlossen gewesen, das Schulgeld aufzutreiben, koste es, was es wolle. Sie hatte ihr Bestes gegeben, um eine Stelle in einer Oben-ohne-Bar zu erhalten. Für Janka hätte sie tatsächlich versucht, barbusig zu kellnern. Doch wegen einem gewissen Mann, in dessen Armen sie nun gerade lag, war alles ganz anders gekommen als geplant.
Als Elli zurückdachte an jene Nacht vor zweieinhalb Monaten, röteten sich ihre Wangen verräterisch.
“Tut mir Leid, wegen deiner Schwester”, vernahm sie Kyrills Stimme.
Erst jetzt bemerkte Elli, dass ihr vereinzelte Tränen über die Wagen rannen. Schnell wischte sie

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