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Verbotene Nacht (German Edition)

Verbotene Nacht (German Edition)

Titel: Verbotene Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desiree Cavegn
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sie keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Sofort stieg wieder Furcht in ihr auf, eine bittere, kalte und nur allzu vertraute Furcht, als sie an ihre ungewisse Zukunft dachte. Der Gedanke daran, ihr Kind nur samstags und sonntags sehen zu dürfen, schnitt ihr die Luft ab und hinderte sie am Atmen. Plötzlich meinte sie, ersticken zu müssen. Sie rang keuchend nach Luft wie eine Asthmaleidende, presste sich verzweifelt eine Hand auf die Brust und hechelte unkontrolliert. Es fühlte sich an, als würde Sandstaub statt Luft ihre Lungen füllen. Nackte Panik erfasste sie.
Elli warf die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Sie sprintete in den Korridor, raste die Treppe hinunter in den ersten Stock und riss die Doppeltür auf, die in den Garten führte. Sie stolperte ins Freie, taumelte in den Garten und über die nasse Wiese, bis sich ihr Schritt allmählich verlangsamte und sie dann mit einem Stöhnen zum Stehen kam. Still verharrte sie auf dem kühlen Gras und schloss die Augen.
Regen prasselte auf ihren Körper.
Elli konzentrierte sich ganz auf die sanfte Massage der Regenperlen. Sie atmete tief durch, sog den Geruch nach nassem Gras und regengetränkten Blätter in sich auf. Sie spürte, wie sich ihre Atemwege allmählich entspannten und ihre Anspannung von ihr abfiel. Langsam normalisierte sich die Luftzufuhr wieder. Elli wimmerte vor Erleichterung.
In ihrem Zimmer war sie einen Moment lang von einer solchen Panik erfasst worden, wie sie sie nie zuvor gekannt hatte. Die Angst um ihr Kind hatte ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Luft abgeschnitten.
Doch nun, unter der sanften Liebkosung des Regens, lockerte sie sich langsam. Ein Blitz zuckte und erhellte den Himmel. Ein Donner folgte, noch ehe das Lichtspiel erloschen war.
Elli breitete die Arme aus. Sie legte den Kopf in den Nacken und wandte ihr Gesicht dem Himmel zu. Regentropfen fielen auf ihre Stirn und die Wangen. Ihr Mund teilte sich und ihre Zunge fuhr suchend über ihre Lippen, um die erfrischenden Tropfen zu kosten.
Der Regen durchnässte ihr seidiges Negligé und presste es eng an ihren Körper. Es schmiegte sich an Elli wie eine zweite Haut, legte sich über den gerundeten Bauch und auf ihre Oberschenkel. Nur der Saum flatterte im Wind und umspielte ihre Knie, als eine starke Bö übers Land strich. Der Wind zerzauste ihr Haar und liess es tanzen, als wolle er sie neckisch auffordern, mit ihm zu spielen.
Ein Lächeln legte sich über Ellis Lippen. In diesem Moment fühlte sie sich frei, frei und sorglos.
Sie öffnete die Augen und blickte in den dunkeln Himmel.
Da nahm sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Sie sah einen orange-rot glühenden Punkt.
Langsam wandte Elli den Kopf.
Ein Schatten stand neben der Haustür, gab sich ebenso dem Regen hin wie sie selbst. Nur dass Kyrill gegen Hausmauer lehnte. Er hatte ein Bein angewinkelt, den Fuss an die Mauer gestützt.
Elli konnte seine Augen in der Dunkelheit zwar nicht sehen, doch ebenso unzweifelhaft, wie sie den Schatten an der Hauswand als Kyrills erkannte, wusste sie, dass sein Blick auf ihr ruhte.
Einige Sekunden starrten sie sich beide reglos an.
Dann lenkte der glühende Punkt Ellis Aufmerksamkeit wieder auf sich, als Kyrill eine Zigarette an die Lippen hob. Sie hatte nicht gewusst, dass er rauchte. Es überraschte sie.
Elli liess ihre ausgestreckten Arme sinken. Wie Mehlsäcke fielen sie an ihrem Körper herab.
Kyrill. Kyrill war überall. Sie konnte ihm einfach nicht entkommen. Selbst dann, wenn sie sich frei und unbeobachtet fühlte, konnte sie sichergehen, dass sein wachsames Auge sie im Hintergrund beobachtete.
Elli wollte ins Haus zurück, wollte auf ihr Zimmer rennen, doch ihre Füsse liessen sich nicht bewegen. Ihre Beine fühlten sich plötzlich so schwer wie Blei. Es war, als wäre sie auf dem Gras festgewachsen.
Ein Blitz zuckte und tauchte Kyrill sekundenlang in helles Licht. Elli konnte Kyrills Augen erkennen, das grün-grau seiner Pupillen, die sie glitzernd musterten.
Es schien, als hätte der Blitz sie wieder zum Leben erweckt. Bewegung kam in Elli. Sie stürzte über die Wiese und rannte geradewegs auf die Haustür zu. Doch ehe sie ins Hausinnere schlüpfen konnte, versperrte ihr Kyrill den Weg. Er trat so unvermittelt vor die Tür, dass Elli nicht mehr bremsen konnte. Mit ihrem ganzen Gewicht prallte sie gegen ihn.
Er fing ihr Gewicht ab wie ein Fels, stark und unerschütterlich. Seine Arme schlossen sich sofort um ihren Körper. Fest drückte er sie an sich.

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