Verbotene Nacht (German Edition)
heraus.
“Elli?”
“Hm?”
“Dieser Mann… Du kennst ihn?”
Elli erstarrte. Sie brauchte nicht zu fragen, von welchem Mann Lisa sprach.
Sie drehte Lisa den Rücken zu und nahm ein Glas aus dem Schrank.
“Wie kommst du darauf?”, fragte Elli steif.
Hatte Lisa etwa ihre Unterhaltung mit Kyrill in der Küche belauscht? Oder hatte Lisa gar gesehen, wie sie ihn geschlagen hatte? Elli schoss die Hitze ins Gesicht. Schnell goss sie Milch in ihr Glas.
“Ich habe euch in der Küche gesehen. Und… ihr standet ziemlich nah beieinander. Ist er…”, setzte Lisa zögernd an.
Ärgerlich runzelte Elli die Stirn. Sie kippte ihr Glas und leerte es in einem Zug. Dann knallte sie es in die Spüle und wandte sich ab.
“Er ist niemand”, sagte sie ungewohnt brüsk zu ihrer Tante, als sie die Küche verliess.
Sie konnte nicht einschlafen. Kyrill war hier. Er war in der Pension. Obwohl sie ihn am Abend nicht mehr gesehen hatte, wusste Elli instinktiv, dass er noch im Haus war. Er hatte sie aufgespürt. Er hatte ihre Fährte aufgenommen, diese verfolgt und seine Beute nun in Lisas Pension gefunden.
Unruhig wälzte sich Elli im Bett hin und her. Sie hatte sich in Lisas Pension tatsächlich in Sicherheit gewähnt. Sie hatte geglaubt, dass sie hier bis zur Geburt ihres Kindes ein ruhiges Leben führen könnte. Sie hatte sich keine Gedanken über die Zeit nach der Geburt des Babys gemacht, aber da es bis zur Niederkunft noch fünf Monate dauerte, hatten sich solche Gedanken im Moment auch nicht aufgedrängt.
Das zumindest waren ihre Überlegungen gewesen. Kyrill aber hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Elli seufzte schwer. Wie sollte es jetzt weitergehen? Sie wollte gar nicht daran denken!
Spätestens jetzt sah auch sie ein, dass es vor Kyrill kein Entkommen gab. Ganz wie ihre Tante gesagt hatte, sie konnte nicht ein Leben lang vor ihm fliehen. Wenn sie ihm wirklich entkommen wollte, würde sie sich ins Ausland absetzen müssen. Und selbst dann konnte sie sich nicht sicher sein, dass er sie nicht finden würde.
Ihr Beruf hätte es zwar zugelassen, dass sie das Land verliess - schreiben konnte man schliesslich überall- doch ihr Herz sah das anders. Das Land zu verlassen wäre ein zu grosser Schritt, ein Schritt, den sie nicht schaffen würde, nicht einmal für ihr ungeborenes Kind. Sie konnte nicht einfach ihre Familie verlassen, sie konnte ihre Eltern und Lisa nicht einfach so zurücklassen, ganz zu schweigen von ihrer Schwester Janka.
Nein, sie würde nicht über die Grenze fliehen. Entschieden schüttelte Elli den Kopf. Das hiess dann aber auch, dass Kyrill ihr Baby bekommen würde.
Elli stellte sich vor, wie es sein würde, das Kleine nur an den Wochenenden zu sehen. Sie sah sich im Geiste vor sich, wie sie an einem Samstag zum Tannenweg fuhr, um ihr Baby zu besuchen. Sie würde den Tag mit ihm verbringen, mit ihm spielen, es füttern und sich nach wenigen Stunden wieder auf den Rückweg machen.
Eine heisse Träne rann Elli über die Wange.
Am Sonntag würde sie ihr Kind dann erneut besuchen dürfen. Doch dann, von Montag bis Freitag würde sie allein in ihrer Wohnung sitzen, während ihr Kind die Tage mit Kyrill verbrachte. Sie würde ihr Baby während fünf Tagen die Woche nicht sehen, nicht berühren dürfen.
“Oh, Gott”, hauchte Elli.
Der einzelnen heissen Träne folgte nun ein ganzer Sturzbach, als Elli von heftigen Schluchzern geschüttelt wurde. Sie schlug die Hände vors Gesicht und weinte bitterlich.
Sie hielt das nicht mehr aus. Sie konnte den Gedanken, eine Wochenendmutter zu sein einfach nicht ertragen. Was sollte sie tun? Was sollte sie bloss tun?
Es dauerte lange, bis sie keine Tränen mehr übrig hatte und endlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.
Sie hatte erst wenige Stunden geschlafen, als sie von einem Gewitter geweckt wurde. Draussen stürmte es, Blitze zuckten und Donner grollten. Der Regen prasselte wütend gegen die Fensterscheiben.
Elli blinzelte verschlafen. Ein Donner krachte und liess sie zusammenzucken. Sie betrachtete das Naturschauspiel durchs Fenster, folgte gebannt den Blitzen und lauschten dem Donner. Sie hatte Gewitter schon immer gemocht.
Nur in dieser Nacht wünschte sie sich, das Unwetter hätte sie nicht geweckt. Denn während sie in die dunkle Nacht blickte, die regelmässig von zuckenden Blitzen erhellt wurde, machten sich ihre Gedanken selbständig und wanderten sofort zu Kyrill und zu ihrem ungeborenen Kind.
Seit Kyrill in der Pension aufgetaucht war, schien
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