Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
sein, erreichte Villeneuve Martinique, kehrte um und segelte zurück, kämpfte im Juli vor Finisterre eine Schlacht mit dem Engländer Sir Calden, die er verlor, ohne wirklich geschlagen zu sein, und zog sich in den Hafen von Cadiz im Mittelmeer zurück, wo sich seine Flotte mit der der Spanier unter Admiral Gravina vereinigte. In England, wo der vielgeliebte William Pitt den glücklosen Premier Addington in der Staatsführung abgelöst hatte, machte sich Krisenstimmung breit. Spanier und Franzosen in schönster Eintracht, dreißig gutgerüstete Linienschiffe bereitgestellt, das konnte nur mit einer Attacke auf England enden, und sie würde wütender und zielsicherer sein als je zuvor. Napoleon Bonaparte, seit dem Dezember des vergangenen Jahres zum Kaiser der Franzosen gekrönt, würde sich nicht mit einer Eroberung des Kontinents zufriedengeben. Er wollte die Weltherrschaft, und die hing einzig von der Macht über die Meere ab. England, der gefährlichste Gegenspieler, mußte endlich ausgeschaltet werden.
Aber England hatte Admiral Nelson, den Helden von Abukir, den stärksten Trumpf. Niemals in der Geschichte des Landes hatte ein Offizier sich größerer Beliebtheit bei der Bevölkerung erfreuen können. Seine Liebenswürdigkeit, sein Mut und seine Großherzigkeit verzauberten jeden Briten, vom untersten Matrosen über die Bauern und Bürger bis in den Adel hinein und zur Regierung. Man litt mit ihm, wenn von der schwindenden Sehkraft seiner Augen gesprochen wurde, und man nahm innigsten Anteil an seiner großen Liebe zu Lady Emma Hamilton, jener Frau, mit der ihn nun schon seit Jahren ein festes Verhältnis verband. Das Vertrauen des ganzen Landes ruhte auf ihm, und
als nun beschlossen werden mußte, wer den entscheidenden Schlag gegen Franzosen und Spanier führen sollte, da zögerte Premierminister Pitt keinen Moment lang, Admiral Nelson zum Befehlshaber der Flotte zu ernennen.
»Nelson will Mitte September mit der Victory Portsmouth verlassen«, erklärte Arthur, »Edward und ich müßten daher in den nächsten Tagen aufbrechen.«
»Ich finde das alles etwas überstürzt«, meinte Lady Cecily unbehaglich, »ausgerechnet wenn es zur entscheidenden Schlacht kommt...«
»Ja gerade deshalb«, unterbrach Edward, »und wir sind nicht mehr davon abzubringen!« Er sah Joanna an, aber sie wich seinem Blick aus. Sie wußte, warum er ging, und sie wußte auch, weshalb Arthur es tat. So verschieden diese Männer waren, was sie zu Freunden machte und was sie in die Ferne trieb, waren ihrer beider unglückliche Ehen. Sie liefen ihren Frauen davon, Arthur der zänkischen Belinda, Edward der unnahbaren Joanna. Sie fühlten sich beide unglücklich, und der einzige Unterschied bestand darin, daß es von Arthur jeder wußte, wohingegen die Ehe der Gallimores als harmonisch galt. Natürlich sahen es die Leute als tragisch an, daß Joanna zwei Jahre nach der Hochzeit immer noch nicht in anderen Umständen war. Wo sie auch hinkam, wurde darüber geflüstert.
Am schlimmsten hatte Harriet täglich darum gejammert, bis Joanna einmal die Beherrschung verloren und sie angefahren hatte:
»Hören Sie endlich auf damit! Frauen, die es für ihr Ansehen nötig haben, sich wie die Kaninchen zu vermehren, sollen das tun, ich jedenfalls denke nicht daran!«
Die arme Harriet wurde totenblaß vor Schreck, verkroch sich für einige Tage in ihrem Zimmer und sprach zu ihrer Tochter nie wieder von Kindern.
Belinda zeigte sich weniger taktvoll. Es hatte sie maßlos geärgert, daß Joanna einen Mann heiratete, der etwas reicher war als der ihre, und den Trumpf, als erste ein Baby bekommen zu haben, spielte sie bis zum äußersten aus. Auch heute, während sich
alle Männer zusammenscharten, um über den vergötterten Admiral Nelson zu sprechen, trat sie lächelnd zu Joanna.
»Du mußt mich bald wieder einmal besuchen kommen«, sagte sie, »mein kleiner Laurence verändert sich mit jedem Tag. In diesem Alter sind Kinder so besonders entzückend!«
Joanna hätte gern erwidert, sie könne sich mitsamt ihrem kleinen Laurence zum Teufel scheren, aber leider war sie nicht mehr fünfzehn Jahre alt, sondern eine erwachsene Frau, die höflich bleiben mußte. So meinte sie nur:
»Danke, Belinda. Wenn ich Zeit habe, komme ich einmal vorbei. «
Belinda schlug die Augen nieder und senkte die Stimme.
»Bei dir... immer noch nichts?«
»Nein.«
»Oh... es tut mir so leid für dich. Glaub mir, es würde mich aufrichtig freuen, wenn...«
»Entschuldige
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