Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
Villeneuve nicht daran zu denken, den Hafen zu verlassen.
Und wenn er es täte, wenn es zum Kampf käme, dachte Joanna oft, bis wir es wüßten, könnte so viel geschehen sein!
An einem kalten Oktoberabend kam Belinda bei Dunkelheit und strömendem Regen hinüber nach Foamcrest Manor geritten,
verfroren und durchnäßt und in Tränen aufgelöst. Harriet, Cecily und Joanna kamen ganz aufgeregt jede aus einer anderen Ecke des Hauses herbeigestürzt, als ein Diener die Ankunft Lady Darkings meldete. Es sah Belinda überhaupt nicht ähnlich, sich um diese Zeit und bei solchem Wetter aus den trockenen Mauern ihres Schlosses hervorzuwagen.
Triefend naß und verweint stand sie in der Halle, sah verwirrt von einem zum anderen und flüchtete schließlich in Harriets Arme, da diese ihr am nächsten war. Natürlich vermuteten alle sofort das Schlimmste.
»Hast du Nachricht von der Victory?« rief Joanna schrill. »Um Himmels willen, hat der Kampf bereits stattgefunden?«
»Lord Darking ist doch nicht...?« fragte Lady Cecily angstvoll.
Belind hob den Kopf.
»Wie? Nein, nichts mit der Victory. Es ist nur... ich halte es nicht mehr aus in diesem dunklen und einsamen Schloß! Ich will fort!« Sie weinte erneut. Joanna gab einen Laut des Ärgers von sich.
»Du bist wohl verrückt geworden«, sagte sie zornig, »uns alle deshalb so zu erschrecken!«
»Sprich nicht so«, jammerte Belinda, »du weißt ja nicht, was ich mitmache!«
»Ach nein, natürlich nicht! Edward ist genauso in Gefahr wie dein Arthur, falls du es vergessen haben solltest!«
»Aber du hast deine Familie!«
Ja, und ohne sie wäre ich besser dran, dachte Joanna erschöpft. Gott weiß, wie sie mir alle die Nerven rauben!
»Du hast Laurence«, meinte sie.
»Ein Kind, ein Baby, was soll ich damit? O Joanna, ich muß unbedingt fort von hier. Norfolk im Herbst macht mich krank! Kein Laub an den Bäumen, das Meer grau und kalt, Sturm den ganzen Tag...«
»Ich finde das schön.«
»Ich will nach London! Bitte, Joanna, nach London!«
Harriet sah sie entsetzt an.
»Kind! In diesen Zeiten!«
»Du brauchst dafür nicht meine Erlaubnis«, sagte Joanna.
»Aber ich will, daß du mitkommst. Ich kann das nicht alleine, Joanna, du mußt mitkommen! Ich muß nach London, und du mußt mit!« verlangte Belinda wild. Joanna lächelte verächtlich. Belinda schreckte vor gar nichts zurück. Nur weil sie niemanden sonst hatte, flehte sie ihre Gegnerin aus frühester Kindheit an, mit ihr fortzugehen. Natürlich lag das an ihrer Feigheit. Sie wußte, daß man sich überall den Mund zerreißen würde über sie, wenn sie sich trotz des ungewissen Schicksals ihres Mannes in die lärmende, bunte Wintersaison Londons stürzte. Um dies zu überstehen, brauchte sie dringend eine Gefährtin in derselben Lage.
»Das ist ganz ausgeschlossen«, sagte Lady Cecily, »in eurer jetzigen Lage könnt ihr beide nicht fort!«
»Das finde ich auch«, stimmte Harriet zu. Joanna sah von einer zur anderen. Wie sie dort standen, ältlich, faltig im Gesicht, jede ganz anders und doch gleich in ihrer Anspruchslosigkeit dem Leben gegenüber, machten sie sie plötzlich ganz wild und elend vor Überdruß.
Seit jenem verregneten Novembertag vor sieben Jahren, als sie London den Rücken gekehrt hatten, lebte sie gemeinsam mit Harriet, und sie wußte, daß sie oft gedacht hatte, es sei diese alte, arme Frau, die sie so krank machte.
»Joanna«, drängte Belinda, »denk doch nur, was jetzt alles los ist in London! Wir könnten in Arthurs Haus wohnen und...«
»Nein, nicht zusammen wohnen. Ich gehe in Edwards Haus!«
»Das kannst du nicht tun!« rief Harriet. »Du kannst nicht...«
»Ich kann alles«, unterbrach Joanna, »im übrigen gehe ich nicht nach London, um mich zu amüsieren. Aber ich muß einmal wieder unter andere Menschen kommen.«
Lady Cecily sah sie nachdenklich an, sagte aber nichts.
»Es hätte noch einen Vorteil«, meinte Joanna, »in London erfahren wir jede Nachricht aus Cadiz viel schneller als hier!«
»Ach Gott!« jammerte Harriet.
»Ja, das stimmt«, pflichtete Belinda gleichzeitig bei, den Sieg bereits witternd, »wir müssen nicht so lange im ungewissen bleiben wie hier!«
»Ich komme mit«, sagte Joanna entschlossen, »aber versuche nicht, mich von einem Fest zum anderen zu schleppen, Belinda. Das geht wirklich nicht!«
Genau das hatte Belinda zwar vor, aber davon sagte sie jetzt nichts. In London hätte sie genügend Zeit für ihre Überredungskünste.
Harriet
Weitere Kostenlose Bücher