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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Eindruck, als habe er immer noch nicht ganz verstanden, weshalb sie so wütend geworden war. Wieder floß der Zorn über sie hinweg. Nie, nie würde er es begreifen.
    Sie machte sich los und ging zur Tür. Der Sturm blies sie fast zurück, als sie hinaustreten wollte. John versuchte nicht mehr, sie zum Bleiben zu bewegen. Aber er hatte sich maßlos getäuscht, wenn er sich etwa einbildete, daß sie alles vergäße und morgen wiederkäme. Glücklicherweise konnte er von hinten nicht sehen, daß sie weinte. Ohne sich noch einmal umzudrehen, stapfte sie durch den ersten Schnee davon.

Auf Messers Schneide
1805—1806

1
    Am späten Vormittag eines Septembertags im Jahre 1805 kehrte Joanna von einem Ausritt nach Foamcrest Manor zurück. Sie war müde, denn sie hatte sich stundenlang am Strand von Hunstanton herumgetrieben, dicht an der Brandung entlangtrabend oder, das Pferd am Zügel führend, durch die Dünen wandernd. Als sie in den Park des Schlosses ritt, sehnte sie sich nach erholsamem Schlaf unter einem schattigen Baum. Vor dem Portal aber sah sie einige Kutschen stehen und seufzte. Es war Sonntag, und da kamen häufig Gäste. Natürlich konnte sie sich unter diesen Umständen nicht einfach zurückziehen. Etwas verärgert betrat sie das Haus und ging in das Wohnzimmer, aus dem sie Stimmen hörte.
    »Oh, Joanna, wie gut, daß Sie kommen!« rief Lady Cecily Gallimore, ihre Schwiegermutter, ihr entgegen. »Sie müssen Edward und Lord Darking zur Vernunft bringen!«
    Joanna sah sich um. In dem Raum befanden sich ungefähr zehn Menschen, darunter Edward, Lord Darking und Belinda, außerdem einige Freunde Edwards aus der Nachbarschaft. Sie standen in der Mitte des Zimmers im Kreis und wirkten alle etwas betreten. »Ist etwas geschehen?« fragte Joanna ohne besonderes Interesse. Sie trat auf Edward zu und küßte ihn leicht auf die Wange. »Hast du Ärger?«
    »Joanna, wir haben zwei Helden unter uns«, warf Belinda ein. Sie stand, wunderschön angezogen und herrlich frisiert, neben dem Fenster, durch welches das Sonnenlicht hell glänzend auf ihr Haar fiel. Seit drei Monaten war sie Mutter eines Sohnes,
weshalb sie sich endgültig wie eine strahlende Siegerin benahm. Sie lachte hell und schwenkte ihre langen Locken.
    »Kannst du dir Edward und Arthur als Soldaten vorstellen?« fragte sie. Joanna sah die beiden Männer erschrocken an.
    »Warum Soldaten?«
    »Admiral Nelson verlangt dringend nach ihnen«, spottete Belinda. »Seit Jahren jagt er nun schon hinter Villeneuve her, und nichts geschieht. Dazu fehlen ihm entschieden Arthur und Edward! «
    »Oder Lady Hamilton lenkt ihn zu sehr ab«, meinte ein älterer Herr, doch Cecily sah ihn scharf an.
    »Kein böses Wort über den Admiral«, befahl sie. »Wenn einer mit den Franzosen fertig werden kann, dann er!«
    »Belinda, ich finde dich nicht sehr lustig«, bemerkte Arthur finster, »Lord Gallimore und mir ist es sehr ernst!«
    Belinda kicherte.
    »Ich nehme an, Joanna stimmt mir zu«, sagte sie. »Nicht wahr, du möchtest auch nicht, daß Arthur und Edward nach Portsmouth reisen und mit Nelson auf der Victory segeln?«
    »Warum sollten sie das tun?«
    »Wir sind Engländer«, sagte Edward, »es ist unsere Pflicht.«
    Joanna musterte ihn. Er war früher schon recht rundlich gewesen, aber jetzt stand er geradezu behäbig im Zimmer, und es fiel schwer, ihn sich inmitten einer Seeschlacht vorzustellen. Er zählte dreißig Jahre, sah aus wie vierzig, und es schien weit mehr als zehn Jahre zurückzuliegen, daß er als junger Kadett zur See fuhr und es bis zum Leutnant gebracht hatte.
    »Du hast deinen Abschied von der Navy genommen«, erinnerte sie ihn.
    Edward schüttelte den Kopf.
    »Heute möchte ich zurückkehren.«
    »Das wird eine große Sache, Mylady«, warf ein Herr ein, »Villeneuve und Gravina sitzen in Cadiz und hungern. Früher oder später müssen sie heraus, dann braucht die britische Flotte nur bereitzustehen, um sie abzuschlachten!«
    »Aber wenn sie nicht herauskommen?«

    »Was sollten sie sonst tun? Lange kann ein Hafen wie Cadiz zwei Flotten nicht ernähren. Villeneuve muß sich stellen!«
    Der französische Admiral Villeneuve, der Nachfolger des 1803 verstorbenen Admirals Latouche, hatte die englische Flotte unter Nelson seit Beginn dieses Jahres in Atem gehalten, indem er sie zu einer aufsehenerregenden Jagd über den Atlantik zwang, von Sardinien nach Toulon und dann Tausende von Seemeilen hinüber zu den Westindischen Inseln. Ohne eingeholt worden zu

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