Verbotener Kuss
mein unwiderstehlichstes Lächeln zu, das mich sonst immer rettete.
Aiden blieb unbeeindruckt. » Interessant. Denn ein Erwachsener wüsste, wann er sich einem Kampf entzieht, Alex. Besonders wenn er gewarnt wurde, dass jedes fragwürdige Verhalten den Verweis vom Covenant zur Folge haben könnte. «
Mein Lächeln schwand. » Da hättest du wohl recht, aber ich habe keinen Schimmer, wovon du sprichst. «
Aiden neigte den Kopf zur Seite. » Wirklich nicht? «
» Nööö. «
Ein leises Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Das hätte mich warnen sollen, aber ich stellte fest, dass ich diese Lippen anstarrte, statt auf ihn zu achten. Mit einem Mal hockte er vor mir, auf Augenhöhe.
» Dann sollte ich erleichtert sein, dass das Gerücht falsch ist, das mir vor knapp einer Stunde zu Ohren kam. Dass nicht du es warst, die ein Mädchen aus einem Sessel im Aufenthaltsbereich gerissen hat– an den Haaren. «
Ich öffnete den Mund, um alles abzustreiten, aber mein Protest blieb unausgesprochen. Verdammt. Irgendjemand war immer bereit, mich zu verpfeifen.
» Ist dir klar, in welch misslicher Lage du dich befindest? « Er sah mir unverwandt in die Augen. » Wie dumm kann man nur sein, sich von einfachen Worten zu Gewalttätigkeiten verleiten zu lassen? «
Lea aus dem Sessel zu befördern, war dumm gewesen, aber sie hatte mich bis zur Weißglut gereizt. » Sie hat über meine Mutter geredet. «
» Kommt es darauf an? Denk darüber nach! Es sind nur Worte, und Worte bedeuten nichts. Nur Taten. Hast du vor, jeden zu verprügeln, der etwas über dich oder deine Mutter sagt? Wenn, dann kannst du ebenso gut gleich deine Koffer packen. «
» Aber… «
» Es wird bestimmt geredet werden– alberne Vermutungen darüber, warum deine Mutter fortgegangen ist. Warum du nicht zurückgekommen bist. Du kannst dich nicht mit jedem prügeln, der dich verletzen will. «
Ich legte den Kopf auf die Seite. » Ich könnte mir Mühe geben. «
» Alex, du musst dich auf deine Rückkehr an den Covenant konzentrieren. Momentan bist du hier nur geduldet. Du willst dich doch an den Daimonen rächen, oder? «
» Ja! « Meine Stimme klang heftig, und unwillkürlich ballte ich die Fäuste.
» Du willst in der Lage sein, nach draußen zu gehen und sie zu bekämpfen? Dann musst du dem Training Beachtung schenken und nicht dem Geschwätz, das andere über dich verbreiten. «
» Aber sie hat gesagt, Mom sei meinetwegen gestorben! « Als ich hörte, wie mir dabei die Stimme versagte, musste ich den Blick abwenden. Das war schwach von mir. Die Begriffe schwach und peinlich gehörten nicht zum Wortschatz einer Wächterin.
» Sieh mich an, Alex! «
Erst zögerte ich, doch dann sah ich, dass seine harte Miene weicher wurde. Wie er mich so musterte, schien er tatsächlich zu verstehen, warum ich so reagiert hatte. Vielleicht billigte er mein Verhalten nicht, aber wenigstens konnte er es nachvollziehen.
» Du weißt, dass du das Schicksal deiner Mutter nicht verhindern konntest. « Er betrachtete mich mit forschendem Blick. » Das weißt du doch, oder? «
» Ich hätte etwas unternehmen sollen. Ich hatte so viel Zeit, ich hätte jemanden anrufen können. Vielleicht wäre dann… « Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar und holte tief Luft. » Vielleicht wäre dann alles nicht passiert. «
» Alex, du konntest doch nicht wissen, dass es ein solches Ende nehmen würde. «
» Aber ich habe es gewusst. « Ich schloss die Augen und spürte, wie sich mein Magen verkrampfte. » Wir alle wissen es. So etwas geschieht, wenn man den Schutz der Gemeinschaft verlässt. Ich wusste es, aber ich hatte einfach Angst, man würde sie nicht wieder hereinlassen, nachdem sie weggegangen war. Ich konnte … sie da draußen nicht alleinlassen. «
Aiden schwieg so lange, dass ich schon dachte, er habe das Zimmer verlassen, aber dann spürte ich seine Hand auf der Schulter. Ich öffnete die Augen und wandte den Kopf so, dass ich auf seine Hand hinuntersah. Seine Finger waren lang und wirkten elegant. Und tödlich gefährlich, konnte ich mir vorstellen. Aber jetzt waren sie sanft. Ich sah in seine silbrigen Augen, als hätte ich keinen eigenen Willen, und konnte nicht umhin, mich an unsere Begegnung in der Fabrik zu erinnern.
Unvermittelt ließ Aiden mich los. Er strich sich durchs Haar und wirkte verunsichert. » Hör mal. Ruh dich aus. Es ist nicht mehr lange bis morgen früh um acht. « Er wandte sich zum Gehen, blieb dann aber stehen. » Und verlass dieses Zimmer
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