Verbotener Kuss

wegen heute Abend nicht so einfach davon. Ich erwarte dich morgen früh um acht in der Trainingshalle. «
    » Was? « Ich war davon ausgegangen, dass ich das Wochenende für mich hätte.
    Er zog nur die Augenbrauen hoch. » Muss ich die Regeln auflisten, gegen die du verstoßen hast? «
    Am liebsten hätte ich darauf hingewiesen, dass ich nicht die Einzige war, die an diesem Abend Regeln gebrochen hatte– und dass andere immer noch zugange waren–, aber ich schaffte es, den Mund zu halten. Sogar ich sah ein, dass meine Strafe viel schlimmer hätte ausfallen können. Ich nickte und schlug den Weg zum Wohnheim ein.
    » Alex? « Ich wandte mich um. Vermutlich hatte er es sich anders überlegt und würde mir befehlen, am nächsten Morgen Marcus aufzusuchen und mein Fehlverhalten einzugestehen. » Ja? «
    Er strich sich eine dunkle Locke aus der Stirn, und sein schiefes Grinsen blitzte auf. » Ich erinnere mich auch an dich. «
    Ich verzog das Gesicht. » Wie meinst du das? «
    Das Grinsen wuchs sich zu einem richtigen Lächeln aus. Und… oh, Mann. Er hatte Grübchen. Die Luft in meinen Lungen schien zu erstarren. » Ich erinnere mich auch noch an dich. «

8. Kapitel

    I ch erhielt meine Strafe.
    Anscheinend war ein Teil des Gesprächs vom Abend zuvor doch nicht so leicht abzutun gewesen– als es um das Verbot ging, die vom Covenant kontrollierte Insel zu verlassen. Okay, das leuchtete mir ein. Aber ehrlich, war das wirklich eine so große Sache?
    Für Aiden war es das ganz eindeutig.
    Am Morgen schleppte er mich zuerst in den Kraftraum, und wir verbrachten den größten Teil des Tages dort. Er zeigte mir Übungen, die ich nachmachen sollte, trug mir ein paar Wiederholungen mit Gewichten auf und drückte mir dann eine ganze Menge Ausdauertraining aufs Auge.
    Ich hasste Ausdauertraining.
    Während ich von einer Maschine zur nächsten rannte, setzte sich Aiden hin, streckte die langen Beine aus und schlug ein Buch auf, das wahrscheinlich genauso viel wog wie ich.
    Ich starrte die Beinpresse an. » Was liest du da? «
    Er blickte nicht auf. » Wenn du beim Training reden kannst, dann trainierst du nicht hart genug. «
    Ich schnitt seinem vorgebeugten Kopf eine Grimasse und kletterte in die Maschine. Nachdem ich meine Wiederholungen erledigt hatte, wurde mir klar, dass es keine elegante Möglichkeit gab, dem Gerät zu entsteigen. Ich befürchtete, wie ein Mehlsack auszusehen, und warf Aiden einen verstohlenen Blick zu. Dann wälzte ich mich aus der Maschine.
    Er wollte noch, dass ich an anderen Maschinen arbeitete, und während der nächsten fünf Minuten schwieg ich. » Wer liest denn so ein dickes Buch zum Spaß? « , fragte ich, als ich fertig war.
    Aiden hob den Kopf und musterte mich gelangweilt. » Und wer spricht, um sich selbst reden zu hören? «
    Ich schüttelte den Kopf. » Du hast ja heute tolle Laune. «
    Er balancierte das abartig riesige Buch auf einem Knie und schlug eine Seite um. » Du musst an deiner Oberkörperkraft arbeiten, Alex. Nicht an deiner Sprachmotorik. «
    Ich betrachtete die Kurzhantel in meiner Hand und stellte mir vor, wie sie durch den Raum flog– geradewegs in sein Gesicht. Aber es war ein so schönes Gesicht und ich wollte es nicht verunstalten. Stundenlang ging das so weiter. Er las in seinem Buch und ich ärgerte ihn. Er schrie mich an und dann hüpfte ich auf eine andere Maschine.
    So traurig es war, ich hatte trotzdem meinen Spaß, mich mit ihm anzulegen, und vermutlich ging es ihm genauso. Immer wieder verzog er die Lippen zu einem unmerklichen– und ich meine wirklich fast unmerklichen– Lächeln, wenn ich ihn etwas fragte, was ihn ärgerte. Ich war mir nicht einmal sicher, wie viel Aufmerksamkeit er diesem Buch überhaupt…
    » Hör auf, mich anzustarren, Alex, und zieh dein Ausdauertraining durch! « Er blätterte wieder um.
    Ich blinzelte. » Ich hoffe, das Buch handelt von Charme und Sozialkompetenz. «
    Aha! Da war wieder diese Andeutung eines Lächelns. » Ausdauer– trainier deine Ausdauer, Alex! Du bist schnell, aber Daimonen sind auch schnell, und hungrige Daimonen am allerschnellsten. «
    Mein Kopf fiel nach hinten, und ich schleppte mich stöhnend zum Laufband, auf das er gerade gedeutet hatte. » Wie lange? «
    » Sechzig Minuten. «
    Beim Hades! War er verrückt geworden? Aber als ich ihm diese Frage stellte, fand er sie nicht komisch. Ich brauchte mehrere Versuche, um das Laufband auf ein Tempo einzustellen, bei dem ich joggen konnte.
    Fünf Minuten später