Verbrechen im Mädchenpensionat
zündete mir eine Zigarette
an und sog den Rauch tief ein. »Leider ist es wirklich geschehen. Sie ist tot.
Andernfalls wird man ihr bei der Leichenschau einen mehr als üblen Streich
spielen.« Ich blies einen Strom schmutzigweißen Rauchs gegen die Decke. »Wissen Sie, ob jemand einen Grund hatte, ihr nach dem
Leben zu trachten?«
»Natürlich nicht«, sagte sie
und biß sich dann auf die Lippe. »Entschuldigung, Lieutenant. Nein, ich kann
mir nicht vorstellen, warum jemand den Wunsch gehegt haben könnte, sie
umzubringen.«
»Was wissen Sie über sie
persönlich?«
»Sie stammt aus Nevada. Ihr
Vater ist ein sehr wohlhabender Ranchbesitzer . Sie
war erst seit etwa sechs Monaten hier.«
»Sonst noch etwas?«
»Nicht daß ich wüßte«, sagte
sie. »Ich weiß, daß das nicht viel nützt. Es tut mir leid, Lieutenant.«
»Vielleicht kann ich von jemand
anderem hier mehr erfahren«, sagte ich.
»Soll das heißen, daß Sie hier
alle ausfragen wollen?«
»Sie ist ermordet worden, Miss
Bannister«, sagte ich geduldig. »Das übliche Verfahren unter diesen Umständen
besteht darin, zu versuchen, den Mörder zu finden. Dies nennt man Ermittlungen.
Die meisten Leute, die Ermittlungen durchführen, stellen Fragen.«
»Ich habe mir nur eben
überlegt, was für eine Wirkung das auf das College haben wird.« Sie schauderte.
»Es ist mir zuwider, auch nur daran zu denken.«
Die Tür wurde heftig
aufgerissen, und Miss Tomlinson kam ins Zimmer gehüpft.
»Die Polypen sind mit dem
Fleischwagen angekommen!« verkündete sie dramatisch.
Miss Bannister schloß die
Augen. »Miss Tomlinson, würden Sie bitte...«
»Ich gehe ihnen am besten
entgegen«, sagte ich und ging auf die Tür zu.
»Schrecklich, die Sache mit der
armen Jean!« sagte Miss Tomlinson mit glänzenden Augen. »Aber wissen Sie, ich
kann einfach nicht anders als aufgeregt sein. Ein echter Mord, direkt vor unseren
Nasen! Aufregender als Federball — ohne mit der Wimper zu zucken. Nicht?«
Draußen im Korridor wurde ich
vom Geräusch schwerfälliger Schritte empfangen.
»Donnerwetter, Lieutenant!«
keuchte der menschliche Elefant. »Gerade habe ich meiner Alten erzählt, wie all
diese jungen Ladies platt sein würden wegen Ihrer Rede, aber ich...«
»Sergeant Polnik «,
unterbrach ich ihn, »Süßholz raspeln bringt Sie nicht weiter.«
Er sah bestürzt drein. »Ich
habe Slade von der Kriminalpolizei und Burns, den
Fotografen, draußen im Wagen sitzen. Doc Murphy ist mit den Jungen von der
Ambulanz gefahren — vielleicht ist da dieser Süßholz drunter, von dem Sie
reden?«
»Schon gut«, sagte ich. » Slade soll den Fotografen hereinbringen — die Leiche liegt
in der Aula am Ende dieses Korridors. Es war ein Zauberkünstler auf der Bühne,
als die Sache passierte. Er nennt sich der >Große Mephisto< ein kleiner
Bursche mit einem Bart und sehr ungewöhnlich wirkend — er würde überall
auffallen, selbst in einem Espresso, in dem es vor Bärten wimmelt. Er
verschwand, als die Lichter angingen und die Leiche gefunden wurde. Sehen Sie
sich um, ob Sie ihn irgendwo finden können. Wenn ja, bringen Sie ihn in die
Aula.«
»Jawohl, Lieutenant«, sagte er.
Ich ging nach vorn in die
Diele. Doc Murphy stand vor der Tür zur Aula und fluchte leise vor sich hin,
als er sie verschlossen fand.
»Augenblick, Doc, ich werde sie
Ihnen aufmachen«, erbot ich mich.
Er trat beiseite und brummte,
während ich den Schlüssel ins Loch steckte und aufschloß .
»Ich habe gerüchteweise gehört,
daß Lavers Sie in einem Anfall von geistiger
Verwirrung auf eine Mädchenschule losgelassen hat, Wheeler. Was konnte da außer
Scherereien herauskommen?«
»Auch Sie sind mir sympathisch,
Doc. Haben Sie neuerdings wieder ein paar gute Patienten umgebracht?«
Er folgte mir den Gang entlang,
bis zu Jean Craigs Leiche, die noch immer über dem vor ihr stehenden Stuhl lag.
Der Knauf des Messers und ein paar Zentimeter glitzernden Stahls ragten grotesk
aus ihrem Rücken.
»Ich brauche keine Patienten
umzubringen. Das besorgen andere für mich.« Murphy beugte sich über die Tote
und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die Wunde. »Vermutlich wollen Sie
die Todesursache wissen.«
»Sie ist wirklich schwierig zu
erkennen«, sagte ich sachlich.
Er richtete sich auf. »Ich
werde Sie es wissen lassen, sobald wir mit der Autopsie fertig sind.« Er drehte
sich um und gab den beiden Männern in weißen Kitteln, die eine Bahre
hereinrollten, ein Zeichen. »Vor morgen wird nicht viel
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