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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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sie hin und her zu laufen und aus allen Kräften zu schreien, daß sie hier die Wirtin sei und daß Katerina Iwanowna »augenblicklich die Wohnung räumen solle«; dann stürzte sie zum Tisch und raffte aus irgendeinem Grunde die silbernen Löffel zusammen. Es erhob sich ein Lärm und Geschrei, die Kinder weinten. Ssonja stürzte sich zu Katerina Iwanowna, um sie zurückzuhalten; aber Amalia Iwanowna schrie plötzlich etwas von einem gelben Paß, Katerina Iwanowna stieß Ssonja zurück und eilte auf Amalia Iwanowna zu, um ihre Drohung wegen der Haube zu verwirklichen. In diesem Augenblick ging die Tür auf, und an der Schwelle des Zimmers erschien Pjotr Petrowitsch Luschin. Er stand da und musterte streng und aufmerksam die ganze Gesellschaft. Katerina Iwanowna stürzte auf ihn zu.
     
Fußnoten
     
    1 Unter »Wein« in der Einzahl versteht der Russe oft Branntwein und andere Spirituosen.
    Anm. d.Ü.
     
     
III
    »Pjotr Petrowitsch,« schrie sie, »schützen Sie wenigstens mich! Sagen Sie doch dieser dummen Kreatur, daß sie kein Recht hat, eine adlige Dame, die im Unglück ist, so zu behandeln, daß es Gerichte gibt ... ich gehe auch zum Generalgouverneur ... Sie wird es büßen müssen ... Gedenken Sie der Gastfreundschaft meines Vaters, schützen Sie die Waisen.«
    »Gestatten Sie, meine Dame ... Gestatten Sie«, wehrte Pjotr Petrowitsch ab: »Ihren Herrn Papa hatte ich, wie es auch Ihnen bekannt ist, gar nicht die Ehre, gekannt zu haben ... erlauben Sie, meine Dame! (Jemand lachte laut auf.) Aber in Ihre ewigen Streitigkeiten mit Amalia Iwanowna möchte ich mich gar nicht hineinmischen ... Ich komme in eigener Angelegenheit ... ich möchte mich sofort mit Ihrer Stieftochter Ssofja ... Iwanowna ... sie heißt doch so? – auseinandersetzen. Gestatten Sie, daß ich eintrete ...«
    Und Pjotr Petrowitsch machte einen Bogen um Katerina Iwanowna und begab sich in die entgegengesetzte Ecke, wo sich Ssonja befand.
    Katerina Iwanowna stand auf dem gleichen Fleck wie vom Blitze getroffen da. Sie konnte nicht begreifen, wie Pjotr Petrowitsch die Gastfreundschaft ihres Papas leugnen konnte. Nachdem sie diese Gastfreundschaft einmal erfunden hatte, glaubte sie fest an sie. Der geschäftliche, trockene und sogar verächtliche und drohende Ton Pjotr Petrowitschs überraschte sie. Auch alle anderen waren bei seinem Erscheinen allmählich verstummt. Abgesehen davon, daß dieser »geschäftige und solide« Mensch mit der ganzen Gesellschaft so gar nicht harmonierte, konnte man ihm ansehen, daß er wohl aus einem wichtigen Grunde hergekommen war, daß wohl nur eine ungewöhnliche Ursache ihn bewegen konnte, in eine solche Gesellschaft zu kommen, und daß folglich etwas im Anzuge war. Raskolnikow, der neben Ssonja stand, wich zur Seite, um ihn vorbeizulassen; Pjotr Petrowitsch schien ihn gar nicht bemerkt zu haben. Eine Minute später zeigte sich auf der Schwelle auch Lebesjatnikow; er trat nicht ins Zimmer, blieb aber interessiert, beinahe verblüfft draußen stehen; er hörte zu, schien aber lange nichts zu verstehen.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich vielleicht störe, aber die Angelegenheit ist sehr wichtig«, bemerkte Pjotr Petrowitsch im allgemeinen, ohne sich an jemand bestimmten zu wenden. »Ich freue mich sogar, daß es öffentlich geschieht. Amalia Iwanowna, ich bitte Sie ergebenst, als Wirtin dieser Wohnung, Ihre Aufmerksamkeit meinem folgenden Gespräch mit Ssofja Iwanowna zuzuwenden. Ssofja Iwanowna«, fuhr er fort, sich direkt an die außerordentlich bestürzte und schon im voraus erschrockene Ssonja wendend: »Von meinem Tisch im Zimmer meines Freundes Andrej Ssemjonowitsch Lebesjatnikow ist sofort nach Ihrem Besuche eine mir gehörende Reichsbanknote im Werte von hundert Rubel verschwunden. Wenn Sie es auf irgendeine Weise wissen und uns sagen können, wo sie sich jetzt befindet, so gebe ich Ihnen mein Ehrenwort und rufe alle als Zeugen an, daß die Sache damit erledigt sein wird. Im anderen Falle werde ich gezwungen sein, sehr ernste Maßregeln zu ergreifen, und dann ... können Sie sich die Folgen selbst zuschreiben.«
    Im Zimmer trat vollkommenes Schweigen ein. Selbst die Kinder hörten zu weinen auf. Ssonja stand totenblaß da, sah Luschin an und konnte nichts antworten. Sie schien noch nichts zu verstehen. So vergingen einige Sekunden.
    »Nun, wie ist es?« fragte Luschin, sie durchdringend anblickend.
    »Ich weiß nicht ... Ich weiß von nichts ...« sagte endlich Ssonja mit schwacher Stimme.
    »Nicht? Sie wissen

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