Verdammnis der Lust (Band 1)
du mir erzählen möchtest?“
Eigentlich hätte ich Tante Maggie sehr gerne von Derek erzählt, aber ich wollte ihn noch ein wenig für mich behalten. Angesichts meiner glücklichen Miene wusste sie jedoch sehr schnell, dass irgendetwas passiert sein musste. Auch wenn ihre körperliche Kraft weiter abnahm, besaß sie dennoch einen hellen Verstand und eine scharfe Beobachtungsgabe. Bereits als Teenager war ihr nie etwas verborgen geblieben. Wenn ich mit einer schlechten Note nach Hause gekommen war oder mich schlecht gefühlt hatte, weil mich jemand gehänselt hatte, war es ihr aufgefallen, sobald ich durch die Tür gekommen war.
Außerdem wollte ich mich lieber mit ihr über ihr neues Zuhause unterhalten. Sie schien sich wohlzufühlen, was mich ungemein erleichterte. Sie war um einiges unbeschwerter und plauderte sogar über die anderen Patienten, mit denen sie sich gut zu verstehen schien.
Wir saßen in ihrem Zimmer und aßen die frischen Scones, die ich mitgebracht hatte. Tante Maggie liebte Scones und hatte ihr ganzes Leben nach einem perfekten Rezept gesucht, was bedeutet hatte, dass mein Onkel von Jahr zu Jahr dicker geworden war, weil er alle Versuche seiner Frau voller Hingabe und Begeisterung verzerrt hatte. Zu ihrem zwanzigsten Hochzeitstag hatte er ihr sogar eine kleine Reise nach Schottland geschenkt, um mit ihr die angeblich besten Scones in Edinburgh zu essen. Damals hatte er sehr lange gespart, um ihr diese Reise zu schenken, und ich war sehr froh, dass sie die Fahrt nach Schottland unternommen hatten, da es ihr letzter gemeinsamer Urlaub gewesen war.
„Hast du einen netten Jungen kennengelernt?“
Derek St. James als Jungen zu bezeichnen lag mir fern. Ich unterdrückte ein Erröten und schob die Erinnerung an unseren Ausflug zu seinem Landhaus beiseite. Nein, Derek war ein richtiger Mann, der genau wusste, was er tat. Schon in Paris war ich von seiner rauen Männlichkeit betört gewesen, doch der Ausflug aufs Land hatte mich in meinem Herzen berührt. Seither waren zwei Wochen vergangen, in denen wir ständig zusammen gewesen waren. Er verwirrte mich und beanspruchte alle meine Gedanken.
Bei ihm fühlte ich mich wohl, genoss seine Zärtlichkeiten und besitzergreifenden Gesten. Beispielsweise hatte er mich gestern von der Arbeit abgeholt und war mit mir ein Sandwich essen gegangen. Auf der Straße hatte mich ein irischer Tourist angemacht, woraufhin Derek beinahe zum Berserker wurde. Seine Eifersucht hatte mir gut getan, weil ich merkte, dass er mich nicht teilen wollte. Nach dem Erlebnis in Paris hatte eine kleine Stimme in meinem Inneren Zweifel angemeldet. Zwar hatte uns der fremde Mann nur beim Sex zugesehen, aber wer sagte mir, dass Derek nicht irgendwann doch wollte, dass ich vor seinen Augen mit anderen Männern schlief?
Diese Vorstellung schrak mich ab.
Die Begründung war sehr einfach. Ich war in Derek St. James verliebt und wollte, dass auch er diese tiefen Gefühle für mich hegte.
Von Anfang an hatte ich mir Gefühle verboten und unsere Beziehung auf ausgefallenen Sex reduziert. Nun war es doch geschehen, dass ich Schmetterlinge fühlte, wenn ich in seine Nähe kam. Ich sehnte mich nach seinen Berührungen und wünschte mir nichts sehnlicher, als dass er meine Gefühle erwiderte.
Ich wollte ihn nicht teilen und wollte auch nur ihm allein gehören.
Was er dachte, wusste ich nicht. Zwar benahm er sich mir gegenüber sehr liebevoll und zärtlich, er war aufmerksam und rücksichtsvoll, dennoch hatte ich keine Ahnung, ob er sich so benahm, weil er in mich verliebt war.
„Sag schon, Annabelle.“
Seufzend schaute ich meine Tante an. „Ja, ich habe jemanden kennengelernt, Tante Maggie.“
„Oh“, entzückt erwiderte sie meinen Blick. „Ist es etwas Ernstes?“
Ich zuckte mit der Schulter. „Das weiß ich nicht.“
„Wie heißt er denn?
„Derek“, antwortete ich.
Die Neugier meiner Tante kannte keine Grenzen. „Magst du ihn, mein Schatz?“
Wie aufs Stichwort errötete ich. Meine Tante lachte leise auf.
Allein für ihr Lachen wäre ich immer und immer wieder freiwillig errötet.
„Vielleicht bringst du ihn einmal mit, damit ich ihn kennenlernen kann.“
Das würde mir gefallen.
Lächelnd nickte ich und nahm ihre dünne Hand. „Das werde ich, Tante Maggie.“
„Weißt du, wie ich deinen Onkel kennengelernt habe?“
Natürlich wusste ich das! Von klein auf hatte ich die Geschichte gehört, aber ich wusste, dass meine Tante sie gerne erzählte, also schüttelte
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