Verdammnis
Jedenfalls liegt der Tabakladen hier an der Ecke«, Jerker Holmberg zeigte auf eine Karte, »ungefähr hundertneunzig Meter vom Tatort entfernt. Sie kam, kurz bevor er zumachen wollte, um 22 Uhr. Er konnte eine perfekte Beschreibung von ihr geben.«
»Das Tattoo auf ihrem Hals?«, fragte Curt Svensson.
»Da war er ein wenig unsicher. Er glaubt, eine Tätowierung gesehen zu haben. Aber er hat definitiv gesehen, dass sie eine Augenbraue gepierct hatte.«
»Was noch?«
»Von der kriminaltechnischen Seite gibt es nicht viel mehr.«
»Faste - die Wohnung in der Lundagatan?«
»Wir haben ihre Fingerabdrücke sichergestellt, aber ich glaube nicht, dass sie dort wohnt. Wir haben alles genauestens überprüft, die Wohnung scheint Miriam Wu zu gehören. Sie wurde erst im Februar dieses Jahres in den Vertrag mit eingetragen.«
»Was wissen wir über sie?«
»Sie ist nicht vorbestraft. Stadtbekannte Lesbe. Tritt regelmäßig in Shows und auf dem Gay-Pride-Festival auf. Tut so, als würde sie Soziologie studieren, und ist Teilhaberin eines Pornoladens in der Tegnérgatan. ›Domino Fashion‹.«
»Pornoladen?«, echote Sonja Modig mit hochgezogenen Augenbrauen.
Zur großen Begeisterung ihres Mannes hatte sie einmal sexy Unterwäsche bei »Domino Fashion« gekauft. Was sie den Jungs im Konferenzraum aber keinesfalls auf die Nase binden wollte.
»Na ja, die verkaufen da Handschellen und Nuttenoutfits und all so was. Brauchst du vielleicht noch eine Peitsche?«
»Das ist kein Pornoladen, sondern eine Modeboutique für Leute, die sexy Unterwäsche mögen«, protestierte sie.
»Ist doch auch scheißegal.«
»Mach weiter«, sagte Bublanski gereizt. »Wir haben also keine Spur von Miriam Wu.«
»Keinen Pieps.«
»Sie könnte über die Feiertage verreist sein«, meinte Sonja Modig.
»Oder vielleicht hat Salander sie ja auch erschossen«, schlug Faste vor. »Vielleicht will sie mal so richtig aufräumen in ihrem Bekanntenkreis.«
»Miriam Wu ist also lesbisch. Können wir daraus folgern, dass Salander und sie ein Paar sind?«
»Ich glaube, wir können ganz sicher folgern, dass da eine sexuelle Beziehung bestand«, erklärte Curt Svensson. »Diese Behauptung stütze ich auf mehrere Fakten. Zuerst einmal haben wir Salanders Fingerabdrücke im und rund ums Bett gefunden. Außerdem haben wir ihre Fingerabdrücke auf einem Paar Handschellen sichergestellt, die offenbar als Sexspielzeug benutzt wurden.«
»Dann gefallen ihr vielleicht auch die Handschellen, die ich für sie habe«, bemerkte Hans Faste.
Sonja Modig stöhnte.
»Weiter!«, befahl Bublanski.
»Wir haben einen Hinweis bekommen, dass Miriam Wu mit einem Mädchen, auf das Salanders Beschreibung passt, in der ›Mühle‹ stand und wild herumknutschte. Das war vor knapp zwei Wochen. Der Anrufer behauptete, Salander schon oft in der ›Mühle‹ gesehen zu haben, obwohl sie letztes Jahr überhaupt nicht mehr dort aufgetaucht ist. Ich konnte das noch nicht überprüfen, das mach ich heute Nachmittag.«
»In ihrer Akte beim Sozialamt steht nichts davon, dass sie lesbisch ist. Als Teenager ist sie oft von ihren Pflegeeltern abgehauen und hat in der Kneipe Typen aufgerissen. Und sie wurde mehrere Male in Gesellschaft deutlich älterer Männer aufgegriffen.«
»Was nicht das Geringste zu bedeuten hat, wenn sie anschaffen ging«, warf Hans Faste ein.
»Was wissen wir über ihren Bekanntenkreis? Curt?«
»So gut wie nichts. Seit ihrem 18. Geburtstag gab es keine Festnahmen mehr. Sie kennt Dragan Armanskij und Mikael Blomkvist, so viel wissen wir. Sie kennt natürlich auch Miriam Wu. Dieselbe Quelle, die Salander und Wu zusammen in der ›Mühle‹ gesehen hat, behauptet, dass sie dort früher immer mit einer Gruppe von Mädchen war. Sie nannten sich die Evil Fingers .«
» Evil Fingers? Was ist das denn?«, fragte Bublanski.
»Irgendwas Okkultes. Sie trafen sich und machten Krach.«
»Sag jetzt bitte nicht, dass Salander auch noch Satanistin ist«, bat Bublanski. »Die Medien drehen ja total durch.«
»Eine lesbische Satanistin«, ergänzte Faste hilfsbereit.
»Hasse, dein Frauenbild stammt aus dem Mittelalter«, schnappte Sonja Modig. »Sogar ich hab schon von den Evil Fingers gehört.«
»Ach ja?«, sagte Bublanski überrascht.
»Das war eine Mädchen-Rockband Ende der 90er-Jahre. Keine Superstars, aber eine Weile waren sie halbwegs bekannt.«
»Also eine Hardrock spielende lesbische Satanistin«, korrigierte sich Hans Faste.
»Schluss jetzt mit dem
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