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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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eher nach zufälligen Notizen aussah, die während der Arbeit hingeworfen worden waren. Mikael stellte fest, dass Zala (wenn er denn tatsächlich existierte) fast wie ein Phantom in der kriminellen Szene wirkte. Irgendwie schien alles unrealistisch, und Quellenhinweise gab es auch nirgends.
    Er schloss das Dokument wieder und kratzte sich am Kopf. Im Mord an Dag und Mia zu ermitteln war eine wesentlich kompliziertere Aufgabe, als er gedacht hatte. Und manchmal wurde er einfach von Zweifeln befallen. Das Problem war, dass Lisbeths Unschuld nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Er konnte nur nach seinem eigenen Gefühl gehen, und das sagte ihm, dass es nicht zu Lisbeth passte, nach Enskede zu fahren und zwei seiner Freunde zu ermorden.
    Er wusste, dass sie kein Geld brauchte, denn sie hatte ihre Talente als Hacker dazu benutzt, einen Fantasiebetrag von mehreren Milliarden Kronen zu stehlen. Nicht einmal Lisbeth ahnte, dass er davon wusste. Abgesehen davon, dass er Erika Berger (mit Lisbeths Einwilligung) von ihren Talenten im Computerbereich erzählt hatte, hatte er ihre Geheimnisse niemals an einen Außenstehenden verraten.
    Er wollte einfach nicht glauben, dass Lisbeth Salander die Morde auf dem Gewissen hatte. Er stand so tief in ihrer Schuld, dass er es nie wiedergutmachen konnte. Sie hatte ihm nicht nur das Leben gerettet, als Martin Vanger ihn umbringen wollte, sondern auch seine berufliche Karriere und wahrscheinlich sogar die Zeitschrift Millennium , indem sie ihm den Kopf des Finanzmoguls Hans Wennerström auf dem Silbertablett serviert hatte.
    So etwas verpflichtete. Er empfand große Loyalität gegenüber Lisbeth. Ob sie nun schuldig war oder nicht, er hatte sich vorgenommen, alles zu tun, was er konnte, um ihr zu helfen, wenn sie früher oder später festgenommen wurde.
    Andererseits musste er zugeben, dass er so gut wie gar nichts über sie wusste. Die psychiatrischen Gutachten, die Tatsache, dass man sie in eine psychiatrische Klinik zwangseingewiesen und für nicht geschäftsfähig erklärt hatte, waren zusammengenommen doch gravierende Indizien dafür, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Dem Chefarzt Peter Teleborian von der psychiatrischen Klinik St. Stefans in Uppsala hatte man in den Medien ein großes Forum geboten. Aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht hatte er nicht speziell über Lisbeth Salander gesprochen, aber den Zusammenbruch des Gesundheitswesens im Hinblick auf die Behandlung psychisch kranker Menschen diskutiert. Er war nicht nur eine angesehene Autorität in Schweden, sondern auch ein international anerkannter Experte für psychische Krankheiten. Teleborian hatte sehr überzeugend gesprochen, hatte sein Mitgefühl für die Opfer und ihre Familien zum Ausdruck gebracht, aber zugleich deutlich gemacht, dass ihm Lisbeths Wohlergehen am Herzen lag.
    Mikael überlegte, ob er mit Teleborian Kontakt aufnehmen sollte und ob dieser ihm vielleicht irgendwie helfen könnte. Doch dann ließ er es bleiben. Er nahm an, dass der Arzt Lisbeth noch früh genug helfen konnte, wenn sie gefasst worden war.
    Schließlich holte er sich eine Tasse Kaffee und ging zu Erika Berger.
    »Ich habe eine lange Liste mit Freiern und Zuhältern, die ich interviewen muss«, begann er.
    Sie nickte kummervoll.
    »Es wird wohl ein bis zwei Wochen dauern, bis ich alle auf der Liste durchhabe. Die wohnen im ganzen Land verteilt, von Strängnäs bis Norrköping. Ich brauche ein Auto.«
    Sie machte ihre Handtasche auf und holte die Schlüssel ihres BMW heraus.
    »Geht das auch wirklich in Ordnung, Erika?«
    »Natürlich geht das in Ordnung. Ich komme ja sonst auch oft mit der Bahn aus Saltsjö. Und wenn es eng wird, kann ich immer noch Gregers Auto benutzen.«
    »Danke.«
    »Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Hm?«
    »Wenn du losziehst, um Zuhälter des Mordes an Dag und Mia zu beschuldigen, dann möchte ich, dass du das hier mitnimmst und immer in der Jackentasche hast.«
    Sie legte eine Tränengaspatrone auf den Schreibtisch.
    »Wo hast du die denn her?«
    »Hab ich letztes Jahr in den USA gekauft. Ich bin doch nicht blöd und laufe hier als Frau nachts alleine ohne eine Waffe durch die Gegend.«
    »Wenn ich das Ding benutze und wegen illegalen Waffenbesitzes ins Gefängnis wandere, gibt es einen Riesenwirbel.«
    »Immer noch besser, als einen Nachruf auf dich zu schreiben. Mikael … ich weiß nicht, ob dir das klar ist, aber manchmal mache ich mir Sorgen um dich.«
    »Aha.«
    »Du gehst unnötige Risiken ein und

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