Verdammnis
aufbaut - Respekt und Vertrauen. Auch wenn Du mich nicht mehr magst, kannst Du mir trotzdem noch vertrauen und Dich auf mich verlassen. Ich habe Deine Geheimnisse niemals verraten. Nicht mal, was mit Wennerströms Milliarden passiert ist. Vertrau mir. Ich bin nicht Dein Feind. M.
Die Antwort ließ so lange auf sich warten, dass Mikael fast schon die Hoffnung aufgegeben hatte. Aber fast fünfzig Minuten später materialisierte sich plötzlich »Kryptisch 4« auf dem Bildschirm.
Ich werde drüber nachdenken.
Mikael atmete auf. Mit einem Mal sah er einen kleinen Hoffnungsschimmer. Die Antwort bedeutete mehr, als da stand. Sie würde darüber nachdenken. Zum ersten Mal, seit sie so plötzlich aus seinem Leben verschwunden war, hatte sie überhaupt wieder mit ihm kommuniziert. Er schrieb »Kryptisch 5«.
OK. Ich warte auf Dich. Aber lass Dir nicht zu lange Zeit.
Kriminalinspektor Hans Fastes Handy meldete sich am Freitagmorgen auf seinem Weg zur Arbeit, als er gerade auf der Långholmsgatan an der Västerbron war. Die Polizei verfügte nicht über die Kapazitäten, die Wohnung in der Lundagatan Tag und Nacht überwachen zu lassen, und hatte daher einen Nachbarn, einen pensionierten Polizisten, gebeten, ein wachsames Auge auf die Wohnung zu haben.
»Das Chinesenmädchen ist gerade zur Haustür hereingekommen.«
Glücklicherweise befand sich Hans Faste ganz in der Nähe. Er drehte verbotenerweise in der Heleneborgsgatan um und fuhr über die Högalidsgatan in die Lundagatan. Weniger als zwei Minuten nach dem Anruf lief er schon über die Straße und durch die offene Haustür.
Miriam Wu stand immer noch vor ihrer Wohnungstür und starrte auf das aufgebohrte Schloss und die Klebestreifen an der Tür, da hörte sie plötzlich Schritte auf der Treppe. Als sie sich umdrehte, sah sie einen durchtrainierten, kräftig gebauten Mann mit intensivem, starrem Blick. Sie fasste ihn als feindselig auf, ließ ihre Tasche auf den Boden fallen und machte sich zu einer Thaiboxing-Demonstration bereit.
»Miriam Wu?«, erkundigte er sich.
Zu ihrer Überraschung zeigte er ihr einen Polizeiausweis.
»Ja«, antwortete Mimmi. »Worum geht’s?«
»Wo sind Sie während der letzten Woche gewesen?«
»Ich war weg. Was ist passiert? Ist jemand eingebrochen?«
Faste starrte sie an.
»Ich muss Sie bitten, mich nach Kungsholmen zu begleiten«, sagte er und legte Miriam Wu eine Hand auf die Schulter.
Bublanski und Modig sahen eine ziemlich gereizte Miriam Wu, die von Faste in das Verhörzimmer geführt wurde.
»Bitte setzen Sie sich. Mein Name ist Kriminalinspektor Jan Bublanski, und das ist meine Kollegin Sonja Modig. Es tut mir leid, dass wir Sie auf diese Art hierherbringen ließen, aber wir haben mehrere Fragen, auf die wir eine Antwort brauchen.«
»Aha. Und warum? Der hier ist ja nicht besonders gesprächig.«
Mimmi zeigte mit dem Daumen auf Faste.
»Wir suchen Sie schon seit einer Woche. Können Sie uns erklären, wo Sie sich aufgehalten haben?«
»Ja, das kann ich. Aber ich habe keine Lust dazu, und soviel ich weiß, geht Sie das auch nichts an.«
Bublanski zog die Brauen hoch.
»Ich komme nach Hause, meine Tür ist aufgebrochen, und am Türrahmen finde ich Absperrband von der Kriminalpolizei. Und dann schleift mich dieses anabolikastrotzende Männchen hierher. Kann ich bitte eine Erklärung bekommen?«
»Mögen Sie keine Männchen?«, fragte Hans Faste.
Miriam Wu starrte ihn verblüfft an. Bublanski und Modig warfen ihm einen warnenden Blick zu.
»Soll ich das so verstehen, dass Sie während der letzten Woche keine Zeitung gelesen haben? Waren Sie im Ausland?«
Miriam Wu war verwirrt und etwas verunsichert.
»Nein, ich habe keine Zeitung gelesen. Ich war zwei Wochen in Paris und habe meine Eltern besucht. Ich komme gerade vom Hauptbahnhof.«
»Sie sind mit dem Zug gefahren?«
»Ich fliege nicht gern.«
»Und auch heute haben Sie noch keine schwedischen Zeitungen gesehen?«
»Ich bin gerade aus dem Nachtzug gestiegen und hab direkt die U-Bahn nach Hause genommen.«
Bublanski dachte nach. Heute Morgen war Lisbeth Salander nicht in den Schlagzeilen aufgetaucht. Er stand auf, ging aus dem Zimmer und kam nach einer Minute mit dem Aftonbladet vom Osterwochenende zurück, das Lisbeth Salanders Passfoto auf der ersten Seite abgedruckt hatte.
Miriam Wu fiel aus allen Wolken.
Mikael Blomkvist folgte der Wegbeschreibung zum Ferienhäuschen in Smådalarö, die Gunnar Björck, 62 Jahre, ihm gegeben
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