Verdammnis
Globen vorbei. Den ganzen Nachmittag und Abend hatte er damit verbracht, drei weitere Namen von der Liste der Freier abzuhaken. Dabei war jedoch überhaupt nichts herausgekommen. Er hatte nur von Panik geschüttelte Figuren angetroffen, die bereits von Dag Svensson zur Rede gestellt worden waren und jetzt darauf warteten, dass der Himmel über ihnen einstürzte. Sie hatten ihn angebettelt und angefleht. Von seiner privaten Liste der Verdächtigen hatte er sie samt und sonders gestrichen.
Als er an der Skanstullbron vorbeikam, rief er Erika Berger an. Sie ging nicht ans Telefon. Er versuchte, Malin Eriksson zu erreichen, doch sie antwortete auch nicht. Verdammt. Es war schon spät. Er wollte sich mit jemandem besprechen.
Dann überlegte er, ob Paolo Roberto wohl bei Miriam Wu Erfolg gehabt hatte, und wählte seine Nummer. Nach dem fünften Klingeln meldete er sich.
»Paolo.«
»Hallo. Hier ist Blomkvist. Ich wollte nur wissen, wie es gelaufen ist …«
»Blomkvist, ich bin hinter … Auto mit Miriam … «
»Ich kann Sie nicht hören.«
Rauschen »Ich kann Sie nicht hören.«
Die Verbindung wurde unterbrochen.
Paolo Roberto fluchte, als die Batterie seines Handys ihren Geist aufgab. Er drückte auf den ON-Knopf, und das Telefon ging noch einmal an. Er wählte die Notrufzentrale, aber als jemand abnahm, ging das Handy prompt wieder aus.
Verflucht.
Er hatte ein Ladegerät, das er am Zigarettenanzünder anschließen konnte. Aber das lag natürlich zu Hause in der Flurkommode. Er warf das Handy auf den Beifahrersitz und konzentrierte sich darauf, die Rücklichter des Lieferwagens im Auge zu behalten. Sein BMW war vollgetankt, der Wagen vor ihm hatte nicht die geringste Chance, ihn abzuschütteln. Aber er wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen und ließ den Abstand auf mehrere hundert Meter anwachsen.
Ein verdammtes Steroidmonster schlägt vor meinen Augen ein Mädchen zusammen. Den Wichser knöpf ich mir vor.
Wäre Erika Berger da gewesen, hätte sie ihn einen Machocowboy genannt. Doch Paolo Roberto war einfach nur wütend.
Mikael Blomkvist fuhr durch die Lundagatan, stellte aber fest, dass bei Miriam Wu alles dunkel war. Paolo Roberto war auf dem Handy nicht mehr zu erreichen. Er fuhr nach Hause und machte sich Kaffee und ein paar Brote.
Die Autofahrt dauerte länger, als Paolo Roberto erwartet hatte. Die Reise ging nach Södertälje und danach über die E20 nach Strängnäs. Kurz hinter Nykvarn bog der Lieferwagen nach links auf die kleineren Straßen ab, die in die ländlichen Gegenden von Sörmland führten.
Damit stieg freilich auch das Risiko, dass Paolo Aufmerksamkeit erregte und entdeckt wurde. Er nahm den Fuß vom Gaspedal und ließ den Abstand zwischen sich und seinem Vordermann noch ein wenig größer werden.
Als er den Lieferwagen aus den Augen verlor, erhöhte er seine Geschwindigkeit wieder. Er kam auf eine lange, gerade Straße und bremste.
Der Lieferwagen war verschwunden. Und in dieser Gegend gab es jede Menge kleiner Abzweigungen. Er hatte sie aus den Augen verloren.
Miriam Wu hatte Schmerzen im Genick und im Gesicht, aber immerhin hatte sie die Panik und die Angst angesichts ihrer Hilflosigkeit wieder in den Griff bekommen. Sie durfte sich aufsetzen und lehnte sich gegen die Rückseite des Fahrersitzes. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, und über dem Mund war ein breites Stück Klebeband. Da eines ihrer Nasenlöcher voller Blut war, fiel ihr das Atmen schwer.
Sie betrachtete den blonden Riesen. Seit er ihr den Klebestreifen auf den Mund gedrückt hatte, ignorierte er sie vollkommen. Sie betrachtete die Stelle, wo sie ihn getreten hatte. Dieser Tritt hätte eigentlich massive Verletzungen hinterlassen müssen, aber er schien ihn kaum gespürt zu haben. Er war anomal.
Er war groß und wahnsinnig gut gebaut. Seinen Muskeln nach zu urteilen, musste er jede Woche mehrere Stunden im Fitnessstudio zubringen. Aber er war kein Bodybuilder, seine Muskeln sahen ganz natürlich aus. Seine Hände wirkten wie wuchtige Bratpfannen. Ihr wurde klar, warum sich seine Ohrfeige wie ein Keulenschlag angefühlt hatte.
Der Lieferwagen holperte über einen Weg voller Schlaglöcher.
Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden, aber sie glaubte ungefähr mitbekommen zu haben, dass sie eine geraume Weile die E4 entlanggefahren waren, bevor sie auf kleinere Straßen abgebogen waren.
Sie wusste, dass sie auch mit freien Händen keine Chance gegen den blonden Riesen hatte. Sie
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