Verdammnis
Pistolenmündung an die Tür.
»Hören Sie mich da drinnen?«
»Ja.«
»Wissen Sie, wer ich bin?«
Stille.
Der müsste schon blind sein, um mich nicht wiederzuerkennen.
»Okay. Sie wissen, wer ich bin. Haben Sie Angst vor mir?«
»Ja.«
»Haben Sie keine Angst vor mir, Herr Alba. Ich werde Ihnen nichts tun. Ich bin hier gleich fertig. Ich bitte Sie um Entschuldigung, dass ich Ihnen solche Unannehmlichkeiten bereitet habe.«
»Äh … schon in Ordnung.«
»Bekommen Sie da drinnen auch genügend Luft?«
»Ja … was wollen Sie eigentlich hier?«
»Ich wollte nachsehen, ob eine gewisse Frau vor zwei Jahren ein Auto von Ihnen gemietet hat«, log sie. »Ich habe nicht gefunden, was ich gesucht habe. Aber das ist nicht Ihre Schuld. In ein paar Minuten gehe ich.«
»Okay.«
»Ich werde den Gummikeil unter diese Tür schieben. Die Tür ist dünn genug, um sie aufzubrechen, aber es wird ein Weilchen dauern. Sie brauchen die Polizei nicht anzurufen. Sie werden mich nie wiedersehen, können ganz normal den Laden aufsperren und so tun, als wäre nichts passiert.«
Die Wahrscheinlichkeit, dass er die Polizei nicht anrufen würde, ging zwar gegen null, aber es konnte nicht schaden, wenn er über eine Alternative nachdachte. Sie verließ das Geschäft und ging um die Ecke zu ihrem Toyota Corolla, wo sie sich schnell in Irene Nesser verwandelte.
Sie war ein bisschen verstimmt, weil sie nur die Postfachanschrift des blonden Riesen herausgefunden hatte, aber es war der einzige Anhaltspunkt, den sie hatte. Also auf nach Göteborg.
Sie fuhr auf die E20 und westwärts Richtung Arboga. Als sie das Radio anschaltete, waren die Nachrichten gerade vorbei. David Bowie sang »… putting out fire with gasoline …«. Sie hatte keine Ahnung, wer da sang und wie das Lied hieß, aber den Text empfand sie immerhin als prophetisch.
30.
Kapitel
Donnerstag, 7. April
Mikael betrachtete die Haustür der Fiskargatan 9 in Mosebacke. Dies war der Eingang zu einer der exklusivsten und zugleich diskretesten Adressen in ganz Stockholm. Er steckte den Schlüssel ins Schloss, und er glitt widerstandslos hinein. Die Anschlagtafel im Treppenhaus half ihm nicht sonderlich weiter. Mikael nahm an, dass sich in diesem Haus vornehmlich Firmenwohnungen befanden, aber es schien auch ganz normale Wohnungen zu geben. Dass Lisbeth Salanders Name nirgends zu lesen war, wunderte ihn nicht weiter, aber es kam ihm nicht sonderlich wahrscheinlich vor, dass dies ihr Versteck war.
Er ging von einer Wohnung zur nächsten und las die Türschilder. Bei keinem Namen hatte er eine passende Assoziation. Erst im obersten Geschoss kam er an eine Tür mit dem Schild »V. Kulla«.
Mikael griff sich an die Stirn und musste plötzlich lächeln. Vermutlich hatte sie den Namen nicht ausgesucht, um ihn zu veräppeln - aber wo sonst sollte Kalle Blomkvist Lisbeth Salander suchen?
Er legte den Finger auf den Klingelknopf und wartete eine Minute. Dann zog er die Schlüssel hervor und öffnete das Sicherheitsschloss und das untere Türschloss.
Im selben Moment, als er die Tür aufmachte, wurde der Einbruchsalarm aktiviert.
Lisbeth Salanders Handy begann zu piepsen, als sie gerade auf der E20 bei Glanshammar kurz vor Örebro war. Sie bremste sofort und steuerte eine Parkbucht am Straßenrand an. Dort zückte sie ihren Palm und schloss ihn ans Handy an.
Vor fünfzehn Sekunden hatte irgendjemand die Tür zu ihrer Wohnung geöffnet. Der Alarm wurde an keine Wachgesellschaft weitergeleitet, sondern sollte nur sie warnen, wenn jemand bei ihr einbrach. Nach dreißig Sekunden würde der Alarm losgehen und der ungebetene Besucher eine unangenehme Überraschung erleben: eine Farbbombe, die, als Steckdose getarnt, neben der Tür montiert war. Sie lächelte erwartungsvoll und zählte die Sekunden mit.
Frustriert starrte Mikael das Alarmdisplay neben der Tür an. Aus irgendeinem Grunde hatte er überhaupt nicht darüber nachgedacht, dass die Wohnung alarmgesichert sein könnte. Er sah auf einer Digitalanzeige die Sekunden rückwärts laufen. Bei Millennium wurde der Alarm ausgelöst, wenn nicht innerhalb von dreißig Sekunden der richtige vierstellige Code eingegeben wurde. Und in diesem Fall erschienen wenig später ein paar muskelbepackte Mitarbeiter von der Sicherheitsfirma.
Sein erster Impuls war, die Tür wieder zuzumachen und sich so schnell wie möglich zu entfernen. Aber er blieb stehen, als wäre er am Boden festgefroren.
Vier Ziffern. Es war ein
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