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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Arbeitszimmer. In der ganzen Wohnung fand sich keine einzige Pflanze. Es hingen keine Bilder oder Poster an den Wänden. In der ganzen Wohnung war kein einziges dekoratives Schälchen, kein Kerzenleuchter, keinerlei Krimskrams - nichts, was Gemütlichkeit ausgestrahlt hätte.
    Mikael fühlte sich, als würde eine Hand sein Herz zusammenpressen. Am liebsten hätte er Lisbeth Salander sofort in den Arm genommen.
    Wahrscheinlich würde sie ihn beißen, sobald er es versuchte. Verfluchter Zalatschenko.
    Dann setzte er sich an ihren Schreibtisch und schlug Björcks Ermittlungsbericht von 1991 auf. Er las nicht das komplette Material, sondern versuchte sich durch Überfliegen einen Gesamteindruck zu verschaffen.
    Er machte ihr PowerBook mit dem 17-Zoll-Bildschirm, 200 GB Festplatte und 1 GB RAM auf. Es war leer. Sie hatte alles gelöscht. Das verhieß nichts Gutes.
    Als er ihre Schreibtischschublade aufzog, stieß er sofort auf einen 9-Millimeter Colt 1911 Government Single Action mit einem vollen Magazin, in dem sieben Patronen steckten. Was er nicht wusste, war, dass sie diese Pistole vom Journalisten Per-Åke Sandström übernommen hatte. Beim Buchstaben S war er auf seiner Freierliste nämlich noch nicht angekommen.
     
    Dann fand er noch eine CD, die mit »Bjurman« beschriftet war.
    Er steckte sie in sein iBook und verfolgte mit Grauen den Inhalt. Reglos saß er vor dem Bildschirm, während er zusah, wie Lisbeth Salander misshandelt, vergewaltigt und beinahe ermordet wurde. Offensichtlich war dieser Film mit einer versteckten Kamera aufgenommen worden. Er sah sich nicht den ganzen Film an, sondern sprang von Abschnitt zu Abschnitt - einer schlimmer als der andere.
    Bjurman .
    Ihr Betreuer hatte sie vergewaltigt, und sie hatte die Ereignisse bis ins kleinste Detail dokumentiert. Laut der digitalen Datumsanzeige war der Film vor zwei Jahren aufgenommen worden. Das war gewesen, bevor sie sich kennengelernt hatten. Nun wurde ihm einiges klar.
    Björck, Bjurman und Zalatschenko in den 70ern.
    Zalatschenko, Lisbeth Salander und ein Molotowcocktail in einer Milchtüte Anfang der 90er.
    Dann wieder Bjurman, nunmehr als ihr Betreuer, der den erkrankten Holger Palmgren ersetzte. Der Kreis hatte sich geschlossen. Bjurman hatte sich an seiner Schutzbefohlenen vergriffen, im Glauben, sie sei ein psychisch krankes und wehrloses Mädchen. Doch Lisbeth Salander war nicht wehrlos. Im Alter von zwölf Jahren hatte sie den Kampf mit einem ehemaligen Auftragskiller des GRU aufgenommen und ihn für den Rest seines Lebens zum Behinderten gemacht.
    Lisbeth Salander war eine Frau, die Männer hasst, die Frauen hassen.
    Mikael dachte an die Zeit zurück, als er sie in Hedestad kennengelernt hatte. Das musste ein paar Monate nach dieser Vergewaltigung gewesen sein. Er konnte sich nicht erinnern, dass sie auch nur mit einem einzigen Wort angedeutet hätte, was ihr widerfahren war. Sie hatte ihm überhaupt nicht viel über sich verraten. Mikael konnte sich nicht vorstellen, was sie mit Bjurman gemacht hatte - aber getötet hatte sie ihn nicht. Einigermaßen verwunderlich . Dann wäre Bjurman nämlich schon vor zwei Jahren gestorben. Sie musste ihn irgendwie unter Kontrolle bekommen haben, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, wie und wozu. Doch im nächsten Moment begriff er, dass das Instrument, mit dem sie den Anwalt kontrolliert hatte, vor ihm auf dem Tisch lag. Die CD. Solange sie die besaß, war Bjurman ihr ohnmächtiger Sklave gewesen. Und Bjurman hatte sich an den Mann gewandt, den er für seinen Verbündeten hielt. Zalatschenko. Ihren schlimmsten Feind. Ihren Vater.
    Dann folgte ein Ereignis auf das nächste. Bjurman war erschossen worden, danach Dag Svensson und Mia Bergman.
    Aber wie …? Was hatte Dag Svensson zu einer Bedrohung werden lassen?
    Und auf einmal war Mikael klar, was in Enskede geschehen sein musste .
     
    In diesem Augenblick entdeckte Mikael einen Zettel auf dem Boden vorm Fenster. Lisbeth hatte eine Seite ausgedruckt, sie zusammengeknüllt und weggeworfen. Mikael hob sie auf und glättete sie - es war ein Ausdruck von der Internetausgabe des Aftonbladet über die Entführung von Miriam Wu.
    Mikael wusste nicht, was für eine Rolle Miriam in diesem Drama spielte - wenn sie denn überhaupt eine gespielt hatte -, aber sie war eine von Lisbeths wenigen Freundinnen gewesen. Vielleicht ihre einzige. Lisbeth hatte ihr ihre alte Wohnung geschenkt, und nun lag sie zusammengeschlagen im Krankenhaus.
    Niedermann und

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