Verdammnis
Schreibtischschublade gesehen hatte.
»Zalatschenko ist ihr Vater. Bjurman arbeitete Mitte der 70er offiziell bei der Sicherheitspolizei und war unter denen, die als Erstes mit Zalatschenko zu tun hatten, als er ausstieg. Dann wurde Bjurman Rechtsanwalt und verrichtete gewisse Dienste für eine kleine Gruppe innerhalb der Sicherheitspolizei. Ich glaube, da gibt es ein paar alte Herren, die sich ab und zu in der Sauna treffen, um die Welt zu regieren - und dafür zu sorgen, dass das Geheimnis von Zalatschenko gewahrt wird. Ich schätze, ein Großteil der Sicherheitspolizei hat noch nie von diesem Typen gehört. Durch Lisbeth drohte das Geheimnis zu platzen. Also sperrten sie sie in die Kinderpsychiatrie.«
»Das ist nicht wahr.«
»O doch«, widersprach Mikael. »Da spielten wahrhaftig noch einige andere Umstände mit hinein, und Lisbeth war damals sicher ebenso schwierig im Umgang wie heute … aber seit ihrem zwölften Lebensjahr war sie auch noch eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes.«
Er gab ihr eine kurze Zusammenfassung der Geschichte.
»Das muss ich erst mal verdauen«, meinte Erika. »Und Dag und Mia …«
»Wurden umgebracht, weil Dag die Verbindung zwischen Bjurman und Zalatschenko entdeckt hatte.«
»Und was passiert jetzt? Das müssen wir doch wohl alles der Polizei erzählen?«
»Teilweise, aber nicht alles. Ich habe alle wesentlichen Informationen auf dieser CD zusammengestellt, als Back-up für den Fall der Fälle. Lisbeth ist hinter Zalatschenko her, und ich werde jetzt versuchen, sie zu finden. Was auf dieser CD ist, darf auf keinen Fall nach draußen dringen.«
»Mikael … die ganze Sache gefällt mir nicht. Bei Mordermittlungen dürfen wir keine Informationen zurückhalten.«
»Das werden wir auch nicht. Ich habe vor, Bublanski anzurufen. Aber ich vermute, dass Lisbeth bereits auf dem Weg nach Gosseberga ist. Sie wird wegen dreifachen Mordes gesucht, und wenn wir jetzt die Polizei benachrichtigen, dann rücken die mit einem bis an die Zähne bewaffneten Sturmtrupp aus. Da kann weiß Gott was passieren.«
Er hielt inne und lächelte freudlos.
»Wenn schon aus keinem anderen Grund, dann sollten wir die Polizei auch deswegen raushalten, damit ihr Sturmtrupp nicht allzu stark dezimiert wird. Ich muss sie zuerst finden.«
Erika Berger schien ihre Zweifel zu haben.
»Ich habe nicht vor, Lisbeths Geheimnisse zu verraten. Die muss Bublanski selbst herauskriegen. Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust. Dieser Ordner enthält Björcks Ermittlungsbericht von 1991 und einen Teil der Korrespondenz zwischen Björck und Teleborian. Bitte mach eine Kopie davon und gib sie an Bublanski oder Modig weiter. Ich selbst mach mich in zwanzig Minuten auf den Weg nach Göteborg.«
»Mikael …«
»Ich weiß, ich weiß. Aber in diesem Kampf werde ich bis zum letzten Moment auf Lisbeths Seite stehen.«
Erika Berger presste die Lippen zusammen. Dann nickte sie. Mikael ging zur Tür.
»Sei vorsichtig«, bat sie ihn, aber da war er auch schon verschwunden.
Sie dachte, dass sie eigentlich hätte mitfahren müssen. Das wäre das einzig Anständige in diesem Moment gewesen. Doch sie hatte ihm immer noch nicht erzählt, dass sie bei Millennium aufhören wollte und dass alles aus war, egal was jetzt noch passierte. Sie nahm den Ordner und ging zum Kopierer.
Das Postfach gehörte zu einem Postamt in einem Einkaufszentrum. Lisbeth kannte sich in Göteborg nicht aus und wusste nicht genau, wo sie sich gerade befand, aber sie hatte das Postamt gefunden und sich in ein Café gesetzt, von dem aus sie die Postfächer im Auge behalten konnte.
Irene Nesser benutzte ein diskreteres Make-up als Lisbeth Salander. Sie trug ein paar alberne Halsketten und las Schuld und Sühne , das sie in einer nahe gelegenen Buchhandlung gekauft hatte. Sie ließ sich Zeit und blätterte in regelmäßigen Abständen um. Gegen Mittag hatte sie mit der Überwachung begonnen, doch wusste sie nicht, wie oft das Postfach geleert wurde, ob täglich oder am Ende nur alle zwei Wochen, ob es für heute schon geleert worden war oder ob noch jemand kommen würde. Aber da es ihre einzige Spur war, trank sie weiter Caffè Latte und wartete.
Als ihr schon fast die Augen zufielen, sah sie plötzlich, wie das Postfach geöffnet wurde. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Viertel vor zwei. Mehr Glück als Verstand.
Lisbeth beobachtete, wie ein Mann in schwarzer Lederjacke den Raum mit den Postfächern verließ. Eine Straße weiter hatte sie
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