Verdammnis
immer … sie ist der tüchtigste Mensch, den ich je kennengelernt habe .
»Gch.«
»Das hab ich nicht verstanden.«
»Grchcht.«
»Gericht? Was meinen Sie?«
»Mssn Ihe B… Btrr… Betrrn…«
Holger Palmgren wurde ganz rot im Gesicht, und seine Züge verkrampften sich, als ihm die Worte nicht über die Zunge wollten. Lisbeth legte ihm eine Hand auf den Arm und drückte ihn behutsam.
»Holger … machen Sie sich keine Sorgen um mich. Ich habe vor, in nächster Zeit die Klärung meines Betreuungsbedarfs in Angriff zu nehmen. Es ist nicht mehr Ihre Aufgabe, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, aber höchstwahrscheinlich werde ich Ihre Hilfe brauchen. Wäre das in Ordnung? Können Sie mein Anwalt sein, wenn ich Sie brauche?«
Er schüttelte den Kopf.
»Zaalt.« Er klopfte mit den Fingerknöcheln gegen den Tisch. »Dmm aalt Mn.«
»Ja, allerdings sind Sie ein dummer alter Mann, wenn Sie so eine Einstellung an den Tag legen. Ich brauche einen Anwalt. Und ich will Sie. Sie können vielleicht kein Schlussplädoyer im Gerichtssaal halten, aber Sie können mich beraten, wenn es nötig wird. Einverstanden?«
Er schüttelte erneut den Kopf.
»Rbt?«
»Ich versteh Sie nicht.«
»Wrrbtn Sie? Nch Rmmski?« Wo arbeiten Sie? Nicht bei Armanskij?
Lisbeth zögerte kurz und überlegte, wie sie ihre Lebenssituation erklären sollte.
»Ich arbeite nicht mehr bei Armanskij, Holger. Ich brauche nicht mehr bei ihm zu arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich habe mein eigenes Geld, und es geht mir gut.«
Palmgrens Augenbrauen zogen sich wieder zusammen.
»Ich werde Sie ab jetzt ganz oft besuchen. Ich werde Ihnen alles erzählen … aber wir wollen uns doch keinen Stress machen. Im Moment habe ich auf etwas anderes Lust.«
Sie bückte sich, hob eine Tasche auf den Tisch und zog ein Schachbrett heraus.
»Ich habe Sie seit zwei Jahren nicht mehr in Grund und Boden gespielt.«
Er resignierte. Sie hatte da irgendwas im Kopf, was sie ihm nicht erzählen wollte. Er war überzeugt, dass ihm das Ganze nicht gefallen würde, aber er vertraute ihr genug, um zu wissen, dass sie vielleicht juristisch fragwürdige Dinge tat, aber keine Verbrechen gegen Gottes Gesetze beging. Im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen war Holger Palmgren nämlich davon überzeugt, dass Lisbeth Salander im Grunde ein wirklich moralischer Mensch war. Das Problem war nur, dass ihre Moral nicht immer mit dem übereinstimmte, was das Gesetz vorschrieb.
Als sie die Schachfiguren vor ihm aufstellte, stellte er erschrocken fest, dass es sich um sein eigenes Brett handelte. Sie muss es aus meiner Wohnung gestohlen haben, als ich krank war. Als Erinnerung? Sie gab ihm Weiß. Mit einem Mal war er glücklich wie ein kleines Kind.
Lisbeth Salander blieb zwei Stunden bei Holger Palmgren. Sie hatte ihn dreimal vernichtend geschlagen, als eine Krankenschwester ihr Gekabbel am Schachbrett unterbrach und verkündete, es sei Zeit für die nachmittägliche Krankengymnastik. Lisbeth sammelte die Schachfiguren ein und klappte das Brett zusammen.
»Können Sie mir sagen, wie die Krankengymnastik funktioniert?«, bat sie die Krankenschwester.
»Sie besteht aus Krafttraining und Konditionstraining. Und wir machen Fortschritte, nicht wahr?«
Die letzte Frage war an Holger Palmgren gerichtet. Er nickte.
»Jetzt können Sie schon ein paar Meter zurücklegen. Bis zum Sommer können Sie alleine im Park spazieren gehen. Ist das Ihre Tochter?«
Lisbeth und Holger Palmgren tauschten einen Blick.
»Pffltchta.« Pflegetochter .
»Wie schön, dass Sie ihn mal besuchen kommen.« Übersetzung: Wo zum Teufel waren Sie die ganze Zeit? Lisbeth überhörte die unterschwellige Kritik. Sie beugte sich vor und küsste Palmgren auf die Wange.
Er hievte sich mühsam aus seinem Rollstuhl und begleitete sie noch bis zum Fahrstuhl. Lisbeth begab sich sofort zur Rezeption und bat, den verantwortlichen Arzt sprechen zu dürfen. Man verwies sie an Dr. A. Sivarnandan, den sie in einem Büro am Ende des Korridors fand. Sie stellte sich als Holger Palmgrens Pflegetochter vor.
»Ich hätte gern gewusst, wie es ihm geht und was weiter mit ihm passieren wird.«
Dr. A. Sivarnandan schlug Palmgrens Krankenakte auf und überflog die ersten Seiten. Er hatte ein pockennarbiges Gesicht und einen dünnen Schnurrbart, den Lisbeth irritierend fand. Schließlich blickte er auf. Zu ihrer Überraschung sprach er mit stark finnischem Akzent.
»Hier ist nichts darüber verzeichnet, dass
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