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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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sag dir, der wird mit dreißig ein Fell auf dem Rücken haben. Spätestens in fünf Jahren fängt es an zu sprießen. Und irgendwann gucken die Haare vorne aus dem Kragen heraus … puh …«
    »Was interessiert mich Seppos Rücken?«, entgegnete ich kühl. In Wahrheit interessierte mich Seppos Rücken sehr wohl. Alles an Seppo interessierte mich. Das war ja das Schlimme.
    Leander sprang vom Baum und rieb sich seine nackten Arme. Als Leander seinen Körper bekam, konnte er selbst entscheiden, wie er aussehen und beschaffen sein würde. Bei seiner Hauttemperatur hatte er sich allerdings vertan. Sie war zu hoch geraten. Er hatte sozusagen Dauerfieber, was ihn jedoch nicht sonderlich störte. Jetzt aber schien ihm tatsächlich etwas kalt zu werden. Außerdem sah es reichlich albern aus, mitten im Winter mit einem Rippenunterhemd und einer Lederweste im Park zu stehen.
    »Du bist auch nicht gerade die modische Erfüllung«, sagte ich und äugte kritisch an ihm herunter. Seine Jeans war inzwischen an etlichen Stellen zerrissen, weil Leander manchmal immer noch Probleme hatte, seinen Körper richtig zu benutzen und gegen Wände und Regale rannte. Und er machte gerne Breakdance, was der Hose ebenfalls nicht gutgetan hatte. Breakdance wiederum beherrschte er verblüffend gut. Wenn Musik lief, stolperte er nie. Sein Unterhemd sah etwas schmuddelig aus. Und die Boots – es wunderte mich, dass er sie überhaupt noch zuschnüren konnte.
    »Dann lass uns endlich shoppen gehen«, zischte Leander. »Ich hab dir x-mal gesagt, dass ich shoppen gehen will. Ich brauche etwas Langärmliges.«
    »Das hättest du dir ein bisschen früher überlegen können. Außerdem hasse ich Shoppen. Das weißt du genau«, gab ich zurück und machte mich auf den Weg in den Hemshof. Leander klebte wie immer dicht an mir dran, sodass ich den Duschgelhauch seiner Haut riechen und seine Wärme spüren konnte. Leander liebte es zu duschen. Ich musste jedes Mal dabeisitzen, damit meinen Eltern nichts Ungewöhnliches auffiel, und gab mittlerweile einen Großteil meines Taschengeldes für Duschgel und Shampoo aus. Jetzt sollte ich ihm auch noch Klamotten kaufen – nein, keine Lust.
    »Bitte, Luzie«, quengelte er. »Ich friere. Wenn ich friere, kann ich dich nicht gut beschützen.«
    »Hast du das denn jemals getan?« Leander warf mir einen giftigen Blick zu und wie jedes Mal schaute ich etwas länger in seine Augen, als er es verdient hatte. Das lag daran, dass er Augen wie ein Husky hatte. Das eine grün, das andere blau. Extrem blau. Winterblau.
    »Wir können nicht shoppen gehen. Da sind doch überall Jugendliche und Kinder …«
    »Nicht morgens«, widersprach Leander. »Es sind Ferien und morgens pennen alle Schulkinder. Wenn wir früh aufstehen, sind nur irgendwelche Omas drin. Mensch, ich friere!« Er fror tatsächlich. Seine Zähne schlugen aufeinander und seine Haut war mit einer bläulich schimmernden Gänsehaut überzogen. Sofort musste ich daran denken, wie er sich mir das erste Mal gezeigt hatte: völlig nackt und blautransparent. Nur weil ich ihn inständig darum gebeten hatte, hatte er sich überhaupt Kleider zugelegt. Anscheinend war er der Meinung gewesen, er bräuchte keine. Und jetzt – Extrawünsche. Doch ich kannte Leander. Er würde mich so lange nerven, bis ich nachgab.
    »Ich denk drüber nach«, sagte ich widerwillig, als wir die Haltestelle erreicht hatten. Die S-Bahn war bereits übervoll und fast alle Fahrgäste hatten dicke Tüten auf dem Schoß. Ich fand keinen Sitzplatz mehr, sodass ich mich an einer der Lederschlaufen festhalten musste. Leander hatte sich blitzschnell an die Decke gehievt und auf der Gepäckablage zusammengerollt. Sie knarrte bedrohlich, als die Bahn anfuhr. Doch woanders war kein Platz mehr für ihn – die Gefahr war zu groß, dass er jemanden berührte. Angespannt sah er sich um.
    »Ich komm klar«, sagte ich leise und bemühte mich, meinen Mund beim Sprechen so wenig wie möglich zu öffnen. »Steig an der nächsten Haltestelle aus und flieg nach Hause!«
    Leander hatte sehr gute Ohren. Er hatte mich sicherlich gehört. Leider hatte auch der Mann neben mir gute Ohren. Fragend drehte er sich um. Ich blickte durch ihn hindurch und tat so, als wäre nichts gewesen. Seitdem Leander seinen Körper hatte, gehörte es zu meinem Leben, dass ich hin und wieder angeschaut wurde, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Auch den Jungs war aufgefallen, dass ich ab und zu irgendwohin starrte, wo nichts war. Und

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