Verdammt, wo ist der Braeutigam
Nachspeise. Leider, dachten sich im Nachhinein die Gäste, denn es gab ansonsten nur ein warmes Gericht, das eine Cateringfirma anlieferte: Wienerle mit Kartoffelsalat. Entweder hatten der Caterer oder das Brautpaar die Gäste nicht richtig gezählt: Es war viel zu wenig, sodass es pro Gast entweder ein Wienerle oder einen Löffel Kartoffelsalat gab. Nach dem opulenten Mahl wurden die Gäste zu einer Tombola gebeten. Sie durften nun ausrangierte Haushaltsgegenstände des Paars, das nach der Hochzeit zusammenziehen wollte, ersteigern. Das stieß unter den Gästen mehr auf Verwunderung als Begeisterung, was ihnen jedoch nichts nützte: Die Braut kontrollierte genau, ob alle mitmachten. Wer sich weigerte, wurde von ihr persönlich aufgefordert, nun doch bitte endlich auch mitzusteigern. Bei so viel Hartnäckigkeit dürfte das Paar am Ende noch Gewinn gemacht haben. Anna vermutet, dass das der Grundstock für ihre Eigentumswohnung war, aber sicher ist sie sich nicht, da sie keinen Kontakt mehr zu den beiden hat.
Da ist es schon ehrlicher, Geldgeschenke von den Gästen einzufordern, obwohl auch das einfacher klingt, als es ist, zum Beispiel weil es Gäste gibt, die lieber etwas anderes schenken als einen Geldschein.
Eine elegante Lösung fand mein Kollege Rolf. Sein Trauungstermin fiel auf das Champions-League-Finale. Leider sagten ihm viele Gäste ab, was für seinen Geldbeutel sicherlich nicht das Schlechteste war.
Immerhin kommt man so darum herum, das unschöne Wort »sparen« in den Mund zu nehmen. Es ist wohl das Letzte, woran man bei seiner Hochzeit denken mag. Dennoch fehlt in keinem Ratgeber der tröstende Hinweis, dass es sich auch ganz toll heiraten lässt, wenn man kein Geld dazu hat. Es wird dann eben eine Traumhochzeit light, kostenreduziert, aber trotzdem rund.
»Downsizen« wäre der moderne Begriff dafür – und den würden wohl viele Männer umsetzen, wenn sie denn gefragt würden. Hochzeiten scheinen bei vielen Paaren eher ein Frauen-Ding zu sein. Nicht, dass Männer nicht heiraten oder nicht feiern wollten, aber sie haben oft weder so konkrete Vorstellungen noch so ausgefeilte Ansprüche wie ihre künftigen Ehefrauen. Typisch dürfte die Reaktion meines Friseurs sein, als wir seine Hochzeit Revue passieren ließen und ich ihn fragte, ob er sich das alles auch so vorgestellt hatte: »Meinst du, ich hätte die Farben der Servietten ausgesucht?«, fragte er entsetzt. Eine Pizza-Party im heimischen Garten hätte ihm auch gereicht.
»Muss das wirklich sein?«, ist jedoch definitiv die falsche Frage, wenn Frauen sich anschicken, das Bild, das sie seit Jahren von ihrer Hochzeit im Kopf haben, zu verwirklichen. Sie ist unromantisch und deswegen ebenso fehl am Platz wie die Wörter »sparen« oder »Geld«.
Die Häppchen
WARUM CANAPÉS NUR HUNGRIG MACHEN
Für Gäste gibt es bei Hochzeiten einige neuralgische Momente, die über ihr Wohlbefinden entscheiden – und damit auch darüber, wie sie die Trauung in Erinnerung behalten werden. Eine dieser nicht zu unterschätzenden Situationen ist der Zeitpunkt nach dem Jawort. Egal welche Uhrzeit es ist, das ist der Moment, in dem die Gäste unruhig werden.
Hochzeiten machen hungrig. Es verbraucht überraschend viele Kalorien, dem Jawort zuzuhören. (Das gilt nicht fürs Jawort aussprechen; das macht offenbar eher satt. Zumindest wirken Brautpaare eher gesättigt als hungrig.) Ihren Gästen dagegen knurrt spätestens nach dem Kuss der Magen. Und wie. Oder liegt es an der Vorfreude auf ein opulentes Mahl, das aller Erfahrung nach auf Hochzeiten serviert wird? Leider dauert es in der Regel bis dahin, entweder ist direkt nach der Trauung die falsche Uhrzeit für ein richtiges Essen oder der wunderschöne Gasthof liegt weit entfernt, dafür in herrlichster Umgebung, und alle müssen erst stundenlang im Bus oder Autokonvoi hinfahren.
Die übliche Lösung, den vorzeitigen Hunger zu stillen, lautet: Häppchen. Das ist ein Problem. Die Gäste, vor allem die männlichen, lechzen nach einem Spanferkel, mindestens, nichts ist ihnen ferner als Häppchen.
Was die Situation verschärft, ist, dass es an der Vorstellung fehlt, was ein gutes Häppchen ist. Was hierzulande unter diesem Namen serviert wird, ist entweder so labberig wie aus dem Automaten in der Firmenkantine oder es schmeckt, ist dafür aber so klein, dass es in der Zahnlücke stecken bleibt. Es ist schwierig zu entscheiden, was die größeren Qualen bei einem hungrigen Gast verursacht. Warum gibt es eigentlich
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