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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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wächst. Wenn sie ganz ehrlich ist, ist es ihr aber egal. Sie macht mit, weil sie sich rächen will für die vier Wochen Gefängnis und für die Verhaftung ihres Vaters.
    Beim Gedanken daran wird sie vor Wut ganz verrückt. Diese Schufte! Drei Gewehre hatten sie mitgebracht und behauptet, sie seien im Keller des Buchladens gefunden worden! Deutsche Militärgewehre! Vaters Beteuerungen hatten nichts geholfen, seine Aussage stand gegen die von zwölf Polizisten. Und wie die Presse am Tag danach gehetzt hatte: Buchhändler als deutscher Meisterspion entlarvt! Von Haß getrieben! Scotland Yard entdeckt schockierende Beweise!
    Daraufhin hatten gleich am anderen Morgen irgendwelche Idioten die Scheiben des Buchladens eingeworfen und Bücher aus dem Schaufenster auf die Straße geworfen. Constable Bob war dazwischengegangen und hatte die Burschen verjagt. Bob ist ein braver Mann, aber Scotland Yard haßt sie seither. Diese Leute sind kein Haar besser als die Kriminellen, die sie jagen.
    Vivian fröstelt. Gruslig ist es hier. Knorrige Eichen stehen düster zu beiden Seiten, ihre kahlen Äste und Zweige tasten wie Krallen ins graue Nichts. Es ist totenstill, nur ihre eigenen Schritte knirschen viel zu laut auf dem Kies. Hoffentlich hört das niemand. Aber um diese Zeit dürften hier noch keine Gärtner unterwegs sein. Es wird jetzt bald sieben sein, richtig hell wird es gegen acht, und Kew Gardens öffnet nicht vor zehn Uhr für das Publikum.
    Der Pfad mündet in einen Sandweg, der ziemlich breit zu sein scheint. Olive geht ein paar Schritte voraus, sie schaut über die Schulter und sagt leise: » Das ist Cedar Vista, so heißt der Weg. Wenn wir gleich an den See kommen, sind wir richtig.«
    Vivian folgt ihnen bis zum anderen Wegrand und sieht einen Streifen Gras, beperlt vom Nebelniederschlag. Dahinter taucht Schilf auf, dann eine stumpf schimmernde Wasserfläche.
    » Allright, dann müssen wir dorthin.« Lillie zeigt die Richtung und sagt: » Wenn der Nebel nicht wäre, könnten wir die chinesische Pagode sehen, ganz am anderen Ende.«
    Schweigend machen sie sich auf den Weg. Zu sehen ist nichts außer den Schemen der Zedern zu beiden Seiten. Ein Kaninchen hoppelt vor ihnen über den Weg.
    Endlos lange dauert es, bis ein vager grauer Umriß vor ihnen auftaucht, ein hoher Turm, dessen Spitze der Nebel verbirgt.
    » Die Pagode«, flüstert Lillie, » hier nach links jetzt. Ist nicht mehr weit.« Es ist ein wenig heller geworden. Ein grüner Laternenpfahl, ein Schild daran: Pagoda Vista. Sie laufen an einer Reihe kleiner Bäumchen entlang, Obstbäume vermutlich, dann tauchen auf einmal Tische und Gartenstühle auf einer Wiese auf.
    Und dahinter ist der Pavillon, eher ein niedriges Haus mit mehreren kleinen Anbauten und einem verwinkelten Dach mit vielen Giebeln. Weinlaub bedeckt die Wände und läßt nur die Fenster frei, die mit Läden verschlossen sind. Nirgends ein Lichtschimmer. Olive und Lillie gehen auf eine offene Vorhalle zu, Vivian folgt ihnen zögernd. Es ist fast dunkel darin, sie erkennt eine lange Theke, die Umrisse von Klappstühlen, aufgestapelte Getränkekisten. Die beiden Frauen holen Flaschen aus ihren Tragtaschen und stellen sie auf die Theke. Dann reichen sie die leeren Taschen an Vivian weiter, und Olive sagt: » Geh schon mal raus, und paß auf, daß niemand kommt.«
    Vivian nickt, nimmt die Beutel und stellt sich auf den breiten Pagodaweg. Der Nebel ist deutlich dünner geworden, schräg gegenüber sieht sie bereits den Umriß des Temperate House, in dem Pflanzen aus wärmeren Gegenden überwintern.
    Frühestens übermorgen wird Adrian meinen Brief bekommen, denkt sie. Das heißt, falls er überhaupt in Berlin ist und nicht auf See oder so was. Und dann wird noch eine Woche vergehen, bis ich eine Antwort von ihm erhalte. Falls er mir zurückschreibt. Sie merkt, wie ihr Tränen in die Augen treten, und schnieft. Wenn er mir schreibt, wenn alles gut wird, dann will ich mit ihm nach Deutschland. Ich hab genug von London. Am liebsten möchte ich die ganze Stadt anzünden.
    Aus der Vorhalle des Pavillons hört sie gedämpfte Stimmen, leises Poltern, dann ein Gluckern. Das Petroleum, denkt sie, jetzt leeren sie die Flaschen aus, gleich geht es los.
    Sie hat es kaum gedacht, als ein orangefarbener Schein aufleuchtet, zugleich kommen die Frauen herausgerannt. Hinter ihnen lodern Flammen in der Vorhalle, schwärzlicher Rauch quillt heraus.
    » Weg!«, ruft ihr Olive zu. » Los, schnell! Zurück, so wie wir

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